Letzte Aktualisierung: um 13:29 Uhr

Neue Gepäcksortieranlage in Zürich

Wie der Koffer zum Flugzeug kommt

Während Tausende Koffer auf Förderbändern unterwegs waren, wechselte der Flughafen Zürich zu einer neuen Gepäcksortieranlage. Jetzt läuft sie - und kämpft noch mit Kinderkrankheiten.

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Wer sich hier unten umschaut und nicht vom Fach ist, bemerkt zuerst drei Dinge. Es ist warm. Es ist laut. Und es gibt keinen Handyempfang. Denn die neue Gepäcksortieranlage des Flughafens Zürich liegt unterirdisch. Ein beengtes Gefühl kommt dennoch nicht auf. Denn die Hallen, durch die die Koffer von 29 Millionen Passagieren jährlich rauschen, sind riesig. So riesig, dass das Personal sechs Monate gelernt hat, sich im Irrgarten zurechtzufinden, wie Tom Calame, Chef der Betriebsanlagen am Flughafen Zürich erzählt.

Kein Wunder, denn die neue Sortieranlage beherbergt rund 25 Kilometer Laufbänder, 5500 Motoren und 5600 Sensoren. An Spitzentagen, etwa in den Sommerferien, fahren hier 50.000 Gepäckstücke am Tag durch. Im Schnitt sind es 30.000. Und weil es eben nie null Gepäckstücke sind, war der Bau der neuen Anlage, welche die alt, rund 30-jährige ersetzen soll, auch eine große Herausforderung.

Swiss meldet mehr Gepäckverlust

Denn: Das Ganze musste bei laufendem Betrieb geschehen. Und das lief offenbar nicht immer nur reibungslos. Wie Swiss-Operativchef Oliver Buchhofer dieser Tage bei einem Pressegespräch verriet, gibt es bei der Anlage noch kleinere Probleme. «Wir sind noch nicht da, wo wir gerne wären», so der Manager. Daher gebe es im Vergleich zum Vorjahr etwas mehr verlorenes oder verspätetes Gepäck.

Interimschefin Heike Birlenbach spezifiziert bei den Zahlen: «Die fehlgeleiteten und verspäteten Gepäckstücke kosteten Swiss im laufenden Jahr bisher einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag», so die Swiss-Managerin. Grundsätzlich unzufrieden ist man bei der Hauptkundin aber nicht. Der Flughafen habe die Umstellung gut gelöst, heißt es. «Es fehlen aber noch Redundanzen.»

800 Meter langer Tunnel

Beim Flughafen Zürich weist man darauf hin, dass es für zurückgebliebenes Gepäck verschiedene Gründe geben kann. «Die Gepäcksortieranlage befördert ausschließlich abfliegendes Gepäck ab Zürich, nicht aber das Gepäck aller ankommenden Flüge», so eine Sprecherin.

Die Koffer und Taschen müssen dafür einen 800 Meter langen Tunnel entlang, der vom Check-in zur Anlage führt. Auf der Tunnelstrecke beschleunigen sie auf bis zu sechs Meter pro Sekunde, also etwa 20 Kilometer pro Stunde – um dann gegen Ende wieder langsamer zu werden und mit fünf Kilometern pro Stunde weiterzufahren.

«Wir gehen davon aus, dass die neue Anlage stabil läuft»

Auch hier zeigte sich, was für eine Herausforderung der Umbau war, erklärt Betriebsanlagenchef Calame. Denn man konnte die Förderbänder nicht einfach anhalten, sondern musste schrittweise vorgehen, während die Koffer nebenher weiter unterwegs waren. Dabei kann es auch mal zu Problemen kommen.

Es stimme denn auch, dass aufgrund der Umstellung bei laufendem Betrieb in den ersten Monaten des Jahres etwas mehr Gepäckstücke zurückgeblieben seien, als gewohnt. «Nun sind die Hauptarbeiten abgeschlossen und die neue Anlage ist größtenteils in Betrieb. Wir gehen davon aus, dass die neue Anlage stabil läuft.»

Neue Scanner im Einsatz

Auch wenn es beim Übergang zwischenzeitlich eine höhere Quote von verlorenem Gepäck gab – mittelfristig soll genau das Gegenteil der Fall sein. Modernere Technik und Prozesse sollen die Fehlerquoten reduzieren – und die neuesten Sicherheitsvorschriften des Schengenraums erfüllen. Daher mussten auch 18 CT-Scanner in die Halle gebaut werden.

Zuvor war das Gepäck mit Röntgentechnik gescannt worden. Diese sind aber eher darauf ausgerichtet, bestimmte Formen zu identifizieren. Die neuen Scanner können auch unterschiedliche Arten von Flüssigkeit erkennen – und damit auch Sprengstoff. Sollte das Gerät etwas Verdächtiges erkennen, werden die Koffer an die Kantonspolizei weitergeleitet, die sie eingehend untersucht. Passiert das, sehen die Reisenden nach dem Auspacken einen entsprechenden Hinweis in ihrem Koffer.

Rosarot heißt: Es gibt ein Problem

Die Scanner stehen in der Mitte einer riesigen Halle, in der sich Bänder verschiedener Farben umeinander schlängeln. Jede Farbe hat dabei eine Bedeutung. Am rosaroten Band etwa landen die sogenannten Gepäckstücke, die als «no read» identifiziert werden. Das heißt: Der Code, der zeigen sollte, wohin es geht, ist aus irgendeinem Grund nicht lesbar. Die Gepäckstücke drehen dann eine Ehrenrunde und landen in einem Raum, in dem sie manuell überprüft und im Zweifel mit einem neuen Code ausgestattet werden.

Klare Zahlen, wie lange ein Gepäckstück nun unterwegs ist, gibt es laut Calame nicht. Es müsse einfach schneller beim Flugzeug sein als die Besitzerin oder der Besitzer. Und: Umsteigezeiten von 40 Minuten müssen für Fluggesellschaften in Zürich machbar sein, was grundsätzlich auch der Fall sei – zu Problemen kommt es meistens, wenn sich der erste Flug verspätet, da kann aber die Anlage nichts dafür. Zwar gebe es hier und da noch die ein oder andere Kinderkrankheit, gibt auch der Betriebsanlagenchef zu – doch auch er ist optimistisch, dass man das in den Griff bekomme.

Abschluss 2027

Doch die Arbeiten am lebenden Objekt gehen weiter. Erst 2027 wird die ganze Erneuerung abgeschlossen sein. So steht etwa noch die Erneuerung der Förderbänder aus, welche die Anlage mit dem Dock E verbinden, von dem aus die meisten Langstreckenflüge abheben. Das soll ab Herbst 2024 passieren. Ab Herbst 2025 beginnen dann die Arbeiten an der Sortieranlage im Dock E – ebenfalls am lebenden Objekt.

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