Boeing produziert auf Halde
Wer wird Deutschlands erster 737-Max-Betreiber?
Bis zum weltweiten Grounding hätte Tuifly als erste Fluglinie in Deutschland eine Boeing 737 Max erhalten. Inzwischen wurde die Lieferreihenfolge durcheinandergewirbelt.
Boeing 737 Max von Tui: Der deutsche Ableger hat noch keine.
Boeing 737 Max von Tui: Der deutsche Ableger hat noch keine.
Eigentlich wollte Tuifly am 13. März von Boeing ihre erste 737 Max übernehmen und nach Deutschland überführen. Der Flieger sollte die Kennung D-AMAX erhalten die erste 737 Max einer deutschen Airline sein. Noch am 11. März hielt Tui an dem Plan fest. Einen Tag später wurde das Flugzeugmodell weltweit mit einem Flugverbot belegt. Bis heute darf es nicht abheben.
Die Untersuchungen zu den Abstürzen in Indonesien und Äthiopien dauern ebenso an wie Prüfungen zur ursprünglichen Zulassung der 737 Max in den USA und Boeings Bemühungen um eine Rezertifizierung. Derweil baut der Hersteller die Jets auf Halde. «Dadurch kann es gut sein, dass die ursprüngliche Reihenfolge der Auslieferungen über den Haufen geworfen wird», sagt ein Tuifly-Sprecher zu aeroTELEGRAPH. Wahrscheinlich würden alle 737 Max etwa zur gleichen Zeit nach Deutschland kommen. «Und da wir noch etwas Zeit brauchen, die Flugzeuge vorzubereiten, ist es möglich, dass andere Airlines eher den Betrieb mit dem Modell in Deutschland aufnehmen», so der Sprecher. Wird Tuifly also gar nicht Erstbetreiber in Deutschland?
Sun Express, Corendon, Smartwings
Ebenfalls infrage käme Sun Express. Der Ferienflieger hatte für den Sommerflugplan mit seiner deutschen Sparte drei 737 Max 9 eingeplant, mit der türkischen fünf 737 Max 8. Als Ersatz least die Airline nun insgesamt neun Maschinen, darunter Boeing 737-800. Was die Lieferungen der 737 Max angeht, habe man bisher keine Informationen von Boeing über den Auslieferungsplan, erklärte Marketing-Chefin Kerstin Lomb. Das werde wohl auch erst der Fall sein, wenn alle Behörden wieder grünes Licht für die Lufttüchtigkeit des Flugzeug gegeben hätten. Dieser Prozess könne sich jedoch «bis weit in unsere Sommersaison oder sogar darüber hinaus erstrecken», so Lomb.
Erstbetreiber in Deutschland könnte auch die türkische Corendon Airlines werden. Sie hatte geplant, im Sommer eine 737 Max am Flughafen Köln/Bonn zu stationieren. Auch die tschechische Smartwings will im November mit einem deutschen Ableger starten. Dieser könnte wie der Mutterkonzern ebenfalls auf Boeing 737 Max setzen. Wer auch immer es wird: Die Vorzeichen für den Erstbetreiber haben sich geändert. Vor den Abstürzen und dem Grounding der 737 Max war es durchaus attraktiv und werbeträchtig als erste Airline in Deutschland mit dem modernisierten Klassiker 737 zu fliegen.
Vertrauen muss wiederhergestellt werden
Nun sind viele Passagiere verunsichert, wenn es um das Flugzeug geht, wie gerade eine Umfrage des Finanzhauses Barclays gezeigt hat. Alle Betreiber werden daran arbeiten müssen, das Vertrauen in die Boeing 737 Max wieder herzustellen. Besonders wichtig dafür sei transparente Information, so der Tuifly-Sprecher, vor allen von Seiten Boeings, aber auch von den Fluglinien, etwa was den Ausbildungsstand der Piloten angehe.
Der zeitliche Rahmen von all dem ist schwer abzuschätzen. Tui-Chef Fritz Joussen hatte Ende März erklärt: «Wir halten es für unrealistisch, dass wir die 737 Max vor Mitte Juli wieder in die Luft bekommen.» Daran habe sich nichts geändert, so der Sprecher. «Wir sind aber auf weitere Anpassungen vorbereitet.» Informationen erhoffe man sich vom Treffen der FAA mit Vertretern anderer Luftfahrtbehörden, das für den 23. Mai angesetzt ist. In den USA rechnen viele Airlines mit einem Einsatz nicht vor August.
Wechsel auf größeres Modell
Tuifly hatte Anfang März, und damit kurz vor dem weltweiten Grounding des Fliegers, auch Interesse an vier der größeren 737 Max 10 gezeigt. «Entschieden ist noch nichts, aber der Plan sieht gut aus», sagte Operativchef Stefan Baumert damals zu aeroTELEGRAPH mit Blick auf eine mögliche Umschichtung der Order. Konkreter geworden ist der Plan während der aktuellen Wartezeit nicht. «Derzeit gibt es da keine Anpassungen», so der Sprecher.