Frangibility
Warum Zerbrechlichkeit bei Flughäfen etwas Gutes ist
Eine feste Mauer spielte bei der Katastrophe von Jeju Air eine bedeutende Rolle. Eigentlich gibt es klare Empfehlungen, wie solche Bauwerke gebaut sein müssten - zerbrechlich. Das gilt auch für Masten, Antennen und anderes.
Glasfaser-Pfosten der Anflugbefeuerung: Zerbrechen bei einem starken Aufprall.
Glasfaser-Pfosten der Anflugbefeuerung: Zerbrechen bei einem starken Aufprall.
Nach Vogelschlag und einem Durchstartmanöver sandten die beiden Piloten einen Notruf ab und landeten aus der Gegenrichtung kommend. Doch die Boeing 737-800 setzte ohne Fahrwerk auf und schlitterte danach ohne linke Schubumkehr und Bremsklappen auf dem Bauch die Landebahn 19 des Muan International Airport entlang. Der Jet zerschellte schließlich an einer Mauer und fing Feuer. 179 Menschen starben beim Unglück von Jeju Air, dem schlimmsten, das sich je in Südkorea ereignet hat.
Viele Dinge liefen an jenem 29. Dezember schief, so viel steht fest. Wie genau sie sich zur Katastrophe addierten, das müssen die Ermittlungsbehörden noch eruieren. Ein Detail hat jedoch seit dem Unglück bereits viele beschäftigt – die an einem kleinen Hügel stehende Mauer hinter dem Pistenende am Flughafen Muan, auf der die Antennen des Instrumentenlandesystems ILS standen. Fachleute sind sich einig, dass sie eine der Ursachen für die hohe Zahl der Todesopfer ist.
Antennen oder Geräte können gefährlich werden
Denn jene Mauer sollte es an jener Stelle so eigentlich nicht geben. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation Icao empfiehlt für Bauwerke, die sich näher als 300 Meter von der Landebahnschwelle entfernt befinden, explizit ganz bestimmte Eigenschaften. In Muan beträgt der Abstand aber nur etwas mehr als 270 Meter. Eingehalten wurden die Ratschläge trotzdem nicht.
Die Mauer hinter dem Ende von Piste 19 des Flughafens Muan ist gut sichtbar. Bild: Google Maps
In den Empfehlungen geht es nicht nur um Mauern. An Flughäfen befinden in der Nähe von Start- und Landebahnen, Rollwegen und Vorfeldern verschiedene visuelle und nicht-visuelle Hilfsmittel. Dazu gehören etwa die Anflugbefeuerung, Gleitwegsysteme, Wetteraufzeichnungsgeräte, Windmesser oder Radarsysteme. Sie können bei einem unbeabsichtigten Zusammenstoß «während der Landung, des Starts oder des Manövrierens am Boden eine Gefahr für die Flugzeuge darstellen», warnt die Icao.
Das Zauberwort heißt Frangibility
In der Gefahrenzone rät die Icao zu einer ganz bestimmten Bauweise. Alle «Einrichtungen und ihre Halterungen müssen zerbrechlich und so niedrig wie möglich angebracht sein, um sicherzustellen, dass ein Aufprall nicht zum Verlust der Kontrolle über das Luftfahrzeug führt», schreibt sie in ihrem Handbuch zur Flugplatzgestaltung. Im Branchenjargon spricht man dabei von Frangibility.
Diese Zerbrechlichkeit wird erreicht, indem man leichtere Materialien verwendet. Zudem werden Versagensmechanismen eingebaut – eine Art Sollbruchstellen. Sie ermöglichen es dem Objekt, bei einem Aufprall zu brechen, sich zu verformen oder nachzugeben. Dazu werden etwa Netzstrukturen oder Glasfaserstoffe verwendet. Das ermögliche «im Gegensatz zu schweren Masten eine vollständig zerbrechliche Struktur mit geringer Masse. Das bedeutet, dass beim Aufprall des Flugzeugs auf einen Mast dieser zwar bricht, aber keine großen, schweren Teile um das Flugzeug herumfliegen, die schwere Schäden verursachen könnten», erklärte Pertti Kainu, Chef des Herstellers Exel Composites einmal dem Portal Airport Technology.