Antonov An-26: Dieses Flugzeugmodell erlebte dieses Jahr schon vier tödliche Zwischenfälle, zwei davon in Russland.

Antonov An-26: Dieses Flugzeugmodell erlebte dieses Jahr schon vier tödliche Zwischenfälle, zwei davon in Russland.

Nikita Zhuravlev/Flickr/CC-BY 2.0 (bearbeitet)

Beunruhigende Zahlen

Die traurige Häufung von Flugzeugunfällen in Russland

Seit Ende der Neunzigerjahre wurde die Luftfahrt in Russland immer sicherer. 2021 kam es zu ungewöhnlich vielen tödlichen Abstürzen. Was sind die Gründe?

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Es ist kein gutes Jahr für die russische Luftfahrt. In den letzten 44 Wochen kamen bei sieben Flugzeugunfällen Menschen zu Tode. Insgesamt sind 71 Todesopfer zu beklagen. Seit dem Ende der Sowjetunion gab es nur vier Jahre, in denen gleich viele oder mehr tödliche Katastrophen gab, wie Statistiken von Aviation Safety Net zeigen.

Vergangene Woche kam es erneut zu einem Absturz. Diesmal traf es eine Antonov An-12 mit neun Insassen, die bei dem Unglück alle getötet wurden. Vor einigen Jahren hatte Russland den Turboprop-Vierstrahler aus dem zivilen Verkehr genommen. Doch dieses Flugzeug blieb in Betrieb, weil es in Weißrussland registriert war.

Antonov, Ilyushin und Let L-410

Es war bereits der dritte fatale Unfall einer Antonov in Russland dieses Jahr. Im September verunglückte eine An-26 in der Nähe von Khabarovsk, im Juli stürzte eine in der Region Kamtschatka ab. Im August verunglückte auch eine brandneue eine Ilyushin Il-112 auf einem Testflug.

Auch die Let L-410 fällt in den Statistiken auf. Drei tödliche Unfälle sind 2021 bisher mit dem tschechischen Turbopropflugzeug in Russland passiert. Im Juni in der Region Kemerovo, im September in Kazachinsk und im Oktober in Tatarstan.

Unterscheide und Gemeinsamkeiten

«Man muss jeden Unfall zunächst einmal einzeln betrachten», so Luftfahrt-Sicherheitsexperte Jan Richter vom Flugunfallbüro Jacdec. Aber es gebe dennoch Gemeinsamkeiten: Bei fünf der sieben tödlichen Unfälle in Russland habe es sich um mindestens 30 Jahre alte Flugzeuge aus Zeiten der Sowjetunion gehandelt, beziehungsweise im Falle der Let-410 aus der damaligen CSSR. Das zeigen die von Jacdec zusammenstellten Daten. «Inwiefern diese Unfälle auf altersbedingte technische Ursachen zurückzuführen sind, ist noch in Untersuchung.»

Die alten Flieger sind insbesondere regional unterwegs und betreiben oftmals Sonderflüge, etwa zum Fallschirmspringen. «Gewöhnlichen Passagierairlines wie Aeroflot, mit denen 95 Prozent der Leute unterwegs sind, ist in den letzten Jahren nicht viel passiert», so der Experte. Man müsse darauf achten, um welche Art von Flug es geht. Manche Einsatzbereiche sind um ein vielfaches riskanter als andere.

Herausfordernde Umgebung

«Zu sagen: hätten sie westliches Fluggerät benutzt, dann wäre gar nichts passiert - so weit würde ich nicht gehen», so Richter. Die betroffenen Flugzeuge sind meist alt, die Infrastruktur ist in weiten Teilen Russlands weiterhin nicht annähernd auf einem Stand wie hier in Europa. «Im Sommer gab es in Kamchatka einen Absturz, bei dem sich der Pilot bei schlechtem Wetter irgendwie orientieren musste, ohne sich auf Bodenstationen verlassen zu können», erzählt Richter in Bezug auf den Unfall von Palana.

Schlechtes Wetter sorgt in Sibirien nicht selten für Probleme, schließlich herrscht dort das halbe Jahr lang teils extreme Kälte. Auch beim neusten Crash einer An-12 wurde in Irkutsk schlechte Sicht und eine Temperatur von minus sieben Grad Celsius gemeldet. Beim Versuch eines Durchstartmanövers stürzte das Flugzeug aus bislang ungeklärten Gründen ab. Eisregen könnte jedoch ein Grund gewesen sein.

Probleme nach Fall der Sowjetunion

«Die meisten Unfälle mit kleinen Fluggesellschaften auf abgelegenen Flughäfen oder Flugplätzen», gibt auch Maxim Pyadushkin zu bedenken. Die russische Regierung habe in den letzten Jahren ernsthafte Anstrengungen unternommen, um regionale und lokale Flugverbindungen in Sibirien und im Fernen Osten Russlands zu subventionieren, so der Chefredakteur des Portals Russian Aviation Insider weiter. «Der Verkehr hat dort zugenommen, was zu einer höheren Zahl von Flugzeugunfällen führen könnte.»

Seit den Neunzigern gibt es eigentlich eine gute Entwicklung bei der Flugsicherheit. In der damaligen Sowjetunion kam es erheblich häufiger zu Unfällen auf zivilen Flügen. «Generell leidet Russland immer noch unter dem schlechten Ruf, der auf schlimme Absturzserien der 1990er-Jahre, die sich in der Umbruchphase nach dem Ende der Sowjetunion ereigneten, zurückzuführen war.»

Aufsichtsbehörden mit Verbesserungsbedarf

«2014, 2015 und 2020 blieb Russland sogar ohne einen einzigen tödlichen Flugunfall. Ein Grund für die positive Entwicklung war die Erneuerung der Flugzeugflotten des Landes», erklärt Richter weiter. «Diesbezüglich ermittelte Jacdec eine deutlich erhöhe Unfallhäufigkeit bei sowjetischen Flugzeugen wie der Tupolev Tu-134 oder Tu-154 im Vergleich zu westlichen Modellen oder neueren russischen Flugzeugen wie der Superjet 100.»

«Was staatliche Aufsichtsbehörden angeht, ist jedoch noch Luft nach oben.» Beim globalen Icao-Programm zur Überprüfung der Sicherheitsaufsicht schneidet Russland mau ab - es kommt auf 70,4 Prozent. Deutschland zum Vergleich schafft 88,6 Prozent. «Nur bei drei der acht Kriterien übertraf Russland den weltweiten Durchschnitt.»

Große Maschinen in Russland sicherer

«Es ist wichtig die unterschiedlichen Luftfahrtsektoren zu unterscheiden. So weist die kommerzielle Passagierluftfahrt mit größeren Jets deutliche Sicherheitsvorteile gegenüber der Regionalluftfahrt mit kleineren Maschinen auf. Die Unfallbilanz 2021 unterstützt dieses Narrativ», fasst Experte Jan Richter abschließend zusammen. Das bestätigt auch Pyadushkin: «Die großen Fluggesellschaften, die den größten Teil des russischen Luftverkehrs abwickeln, weisen eine gute Flugsicherheitsbilanz auf.»

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