Nach Farnborough
Rätselraten um Farnborough-Orders von Airbus
Wie viele feste Bestellungen hat der europäische Flugzeugbauer bei der Farnborough Airshow wirklich eingesammelt? Neue Zahlen werfen Fragen auf.
Airbus A350: Bei dem Modell ist eine Order sicher.
Airbus A350: Bei dem Modell ist eine Order sicher.
Airbus zeigte sich mit der Farnborough Airshow 2018 zufrieden. Man habe bei der weltgrößten Luftfahrtmesse Verträge für 431 neue Flugzeuge abgeschlossen. Konkret habe man feste Orders für 93 Flieger und Absichtserklärungen für 338 Jets eingesammelt, so der Flugzeugbauer.
Anfang August gab Airbus seine monatliche Übersicht über Bestellungen und Auslieferungen heraus – mit Stand 31. Juli. Und dort sahen die Zahlen auf einmal ganz anders aus. Ende Juni hatte Airbus für das Jahr 2018 noch Bestellungen für 206 Flieger ausgewiesen, annullierte Aufträge herausgerechnet. Ende Juli standen bei den Netto-Orders 214. Das waren nur acht Flugzeuge mehr. Und die stammen aus einer einzigen A350-Bestellung.
«Innovative Mathematik» in Farnborough?
Während der Messe hatte der Flugzeugbauer dazu mitgeteilt: «Airbus hat mit einem unbekannten Kunden einen Vertrag über den Kauf von acht A350-900 unterzeichnet.» Ein Blick auf die Aufteilung der Bestellungen nach Weltregionen zeigt übrigens, dass der anonyme Käufer aus der Region Asien-Pazifik stammt. Wo sind die anderen Orders geblieben?
Für das ganze Trara bei der Airshow sei eine Bestellung über acht Flugzeuge ziemlich wenig, schrieb die Seattle Times bei Twitter. Und das Portal Air Insight fragte, ob Airbus in Farnborough «innovative Mathematik» betrieben habe. Dass Airbus zuerst 93 fest bestellte Flugzeuge verkündet und dann in der Juli-Übersicht nur acht ausweist, wirft Fragen auf.
Airbus braucht Zeit für Papierkram
Gegenüber aeroTELEGRAPH erklärt ein Airbus-Sprecher, viele auf der Luftfahrtschau eingegangene Orders seien noch nicht in die Übersicht eingeflossen, da dazu noch Dokumente bearbeitet werden müssten. Gegenüber Air Insight hatte der Konzern schon erklärt, dass in den kommenden Wochen viele der Geschäfte endgültig abgeschlossen werden sollen, alle bis zum Ende des Jahres.
Auf welche Kunden und Flugzeugtypen sich die genannten 93 Jets aufteilen, beantwortete Airbus bis zu Veröffentlichung dieses Artikels nicht. Tatsächlich ist die anonyme Order über acht A350-900 in der Juli-Übersicht sogar mit dem Datum 5. Juli datiert und damit vor Beginn der Luftfahrtmesse. Wird sie dennoch zu den Farnborough-Bestellungen gerechnet, blieben 85 Flieger offen.
Mögliche «neue» Bestellungen
Dazu gehören könnten auch drei Bestellungen, die Airbus in Farnborough verkündet hat und die in der Juli-Übersicht ebenfalls auftauchen: 10 A350 für Sichuan Airlines, 20 A320 Neo für Macquarie Air Finance und 20 A320 Neo für Goshawk Aviation. Allerdings waren diese Aufträge auch schon im Juni aufgeführt, ohne jedoch den Käufer zu nennen. Airbus könnte diese Orders unter den 93 neuen Airshow-Bestellungen verbuchen, auch wenn sie in ihrer anonymen Form schon aus den Monaten Februar und Juni stammen.
Ebenfalls in Frage kommen würde eine Bestellung von Golden Falcon Aviation für Wataniya Airways über 25 Flieger aus der A320-Familie. Im vergangenen November hatte der Deal mit einer Absichtserklärung begonnen, in Farnborough wurde er als feste Bestellung verkündet. In der Order-Übersicht tauchte sie bisher nicht auf.
Boeing hält sich bedeckt
Und wie sieht es bei Airbus’ großem Konkurrenten Boeing aus? Der amerikanische Flugzeugbauer hat in seiner Farnborough-Bilanz vermieden, eine genaue Zahl fest bestellter Flugzeuge zu nennen, sondern nur von 673 Orders und Absichtserklärungen gesprochen. Und die Übersicht für Juli hat Boeing noch nicht veröffentlicht.