Schicksalsfrage Premium Economy
Immer mehr Fluggesellschaften führen eine aufgemotzte Economy-Klasse ein. Auch Lufthansa prüft den Schritt seit längerem. Noch aber zögert sie.
Die Premium Economy des British-Ablegers Open Skies: niemand sonst bietet so viel Platz.
Die Premium Economy des British-Ablegers Open Skies: niemand sonst bietet so viel Platz.
«Die erste Klasse wird künftig wohl immer mehr an Bedeutung verlieren», sagt John Yeng. Das meiste Geld werde schließlich mit den Passagieren in der Businessclass gemacht, so der Marketingmanager von United gegenüber dem Apex Editor’s Blog. Alle Fluggesellschaften buhlen deshalb heftig um die Firmenreisenden, zumal in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten Unternehmen ihre Reisebudgets kürzen. Angelockt werden die lukrativen Passagiere mit immer mehr Komfort. Mahlzeiten von Spitzenköchen, exklusive Extras, Steckdose für Laptop, große Bildschirme und vor allem mehr Platz. Bis Februar 2013 wird beispielsweise United auf allen Flügen über den Atlantik in der Businessclass nur noch Sitze anbieten, die sich in Flachbetten verwandeln lassen. Die Klasse nähert sich dadurch zunehmend der First an. Und die wird dadurch obsolet. Auf ihren neuen Boeing B787 Dreamlinern führt die amerikanische Fluggesellschaft bereits jetzt nur noch eine Business-, eine Premium-Economy und eine Economy-Klasse.
Zwischen die aufgemotzte Businessclass und die Economy rutscht auf interkontinentalen Flügen bei immer mehr Fluglinien die gehobenere Premium Economy. Sie bietet gegenüber der traditionellen Holzklasse meist zwischen 12 und 18 Zentimeter mehr Beinfreiheit, etwas breitere und weiter zurückklappbare Sitze, größere Bildschirme und auch eine breitere Essensauswahl. Sie richtet sich an Geschäftsreisende, die auf ihr Budget achten oder Privatleute, die sich ein kleines Extra leisten wollen. Dafür zahlt der Kunde indes nicht knapp. Der Aufschlag zum Economypreis kann bis zu 85 Prozent betragen, wenn man weit im Voraus bucht. Für kurzfristig geplante Flüge zahlt man im Schnitt rund 35 Prozent mehr. «Die Zusatzkosten können jedoch auch nur 10 Prozent betragen», schreibt das Airline-Vergleichsportal Seatguru. Deshalb lohne es sich immer, zu vergleichen.
Kleine Airline bietet am meisten
Das Modell Premium Economy macht bereits weltweit Schule. Heute bieten es mehr als zwei Dutzend Airlines an, unter ihnen Air Canada, Air China, Air France, Air New Zealand, All Nippon Airways, British Airways, Cathay Pacific, Delta, KLM, Turkish Airlines und auch United. Den größten Sitzabstand bietet die British-Tochter Open Skies mit 132 Zentimetern. Besonders bequem ist die Premium Economy auch im A380 von Air France (neuere Modelle) mit 126 Zentimetern und extrabreiten Sitzen.
Auch die Lufthansa erwägt die Einführung einer Premium Economy. Im April gab die deutsche Fluglinie bekannt, auf hart umkämpften Langstrecken auf eine First Class zu verzichten und nur noch Economy und Business anzubieten. Zudem erklärte Passage-Vorstand Carsten Spohr, man denke über die neue Zwischenklasse nach. Ein Entscheid ist indes bis heute nicht gefallen. In der neusten Mitarbeiterzeitung Lufthanseat erklärte Spohr, viele Produktneuheiten könnten helfen, die Ertragslage zu verbessern. Dazu gehöre auch die Einführung einer Premium-Economy-Class auf Interkontinentalstrecken, die der Vorstand derzeit prüfe. Das Zögern lässt sich damit erklären, dass damit auch die Gefahr besteht, dass Geschäftsreisende von der Businessclass auf die Premium Economy wechseln, um zu sparen.
Nachtrag vom 5. Dezember:
Lufthansa beschloss, auf allen Langstreckene eine Premium Economy einzuführen. Das genaue Datum des Starts der neuen Klasse ist indes noch nicht bekannt.