Letzte Aktualisierung: um 12:05 Uhr

Nichts ging mehr

Microsoft gibt Delta Schuld an Chaos nach IT-Problemen

Delta litt mehr als andere Airlines unter dem IT-Chaos vor ein paar Wochen. Die Airline beschuldigt Microsoft. Doch der IT-Konzern schlägt zurück. Und greift dabei auch die oberste Führungsetage an.

Am 19. Juli ging etwas so richtig schief. Und die ganze Welt bekam es mit. Ein Update der Sicherheitssoftware Crowdstrike bei Microsoft-Systemen funktionierte nicht, wie es sollte. In der Folge funktionierten Banken nicht, Kühlschränke – und eben auch die Luftfahrt.

Denn viele Airlines und Flughäfen waren aufgrund ihrer Abhängigkeit von Microsoft-Systemen von dem Ausfall betroffen. Am Airport Berlin ging lange nichts, ebenso an spanischen Flughäfen. Und auch Airlines blieben nicht verschont. Delta Air Lines kämpfte noch Tage später mit den Nachwirkungen. Und die Fluggesellschaft wurde wütend. Die Ausfälle kosteten Delta Air Lines schätzungsweise 350 bis 500 Millionen Dollar. Die Fluglinie beauftragte daher eine prominente Kanzlei, um Schadensersatz sicherzustellen.

Schwere Vorwürfe von beiden Seiten

Delta-Chef Ed Bastian sagte gegenüber dem Sender CNBC, man hab keine andere Wahl, als diesen Schritt gegen Microsoft einzuleiten. Doch der Software-Konzern wehrt sich. «Unsere vorläufige Überprüfung deutet darauf hin, dass Delta im Gegensatz zu seinen Konkurrenten seine IT-Infrastruktur offenbar nicht modernisiert hat», zitiert der Sender aus einem Microsoft-Schreiben an Deltas Chefjuristen.

Die Fluggesellschaft wies den Vorwurf von sich und erklärte: «Seit 2016 hat Delta Milliarden von Dollar in IT-Investitionen investiert, zusätzlich zu den Milliarden, die jährlich für IT-Betriebskosten ausgegeben werden.» Zudem schrieb Deltas Chefjurist: «Wir haben Grund zu der Annahme, dass Microsoft vertragliche Anforderungen nicht erfüllt und im Zusammenhang mit dem fehlerhaften Update von Crowdstrike, das zum Absturz von Windows-Computern führte, anderweitig grob fahrlässig, ja sogar vorsätzlich gehandelt hat.»

Lehnte Delta Angebote ab?

Microsoft nannte Deltas Schreiben und öffentliche Kommentare im Gegenzug «unvollständig, falsch, irreführend und schädlich für Microsoft und seinen Ruf». Doch der Streit dreht sich nicht nur um die technischen Fragen, sondern auch um die Reaktion auf die Probleme. «Obwohl Microsofts Software den Crowdstrike-Vorfall nicht verursacht hatte, sprang Microsoft sofort ein und bot Delta nach dem Ausfall am 19. Juli seine kostenlose Hilfe an», heißt es in einem Schreiben, das jetzt an die Öffentlichkeit gelangt ist.

An jedem der folgenden Tage, vom 19. bis zum 23. Juli, hätten Microsoft-Mitarbeitende weiterhin versucht, Delta zu helfen. «Jedes Mal lehnte Delta die Hilfsangebote von Microsoft ab, obwohl Microsoft Delta diese Hilfe nicht in Rechnung gestellt hätte», heißt es.

Microsoft-Chef erhielt keine Antwort von Delta-Chef

Microsoft greift in dem Brief auch die höchste Führungsebene an. «Auch ranghöhere Microsoft-Führungskräfte haben wiederholt versucht, ihren Kollegen bei Delta zu helfen, ebenfalls mit ähnlichem Ergebnis», heißt es. Unter anderem habe Microsoft-Chef Satya Nadella am 24. Juli eine E-Mail an Delta-Chef Bastian geschickt – ohne Antwort zu erhalten.

Microsoft geht davon aus, dass Delta die kostenlose Hilfe abgelehnt hat, weil es stattdessen Probleme mit der Wiederherstellung von Nicht-Windows-Systemen gab. Eine Stellungnahme gibt es bislang nicht. Tatsächlich war Delta stärker als andere Fluggesellschaften von den IT-Problemen getroffen. Auch Tage nach dem Ausfall waren Flüge verspätet oder fielen aus.