Letzte Aktualisierung: um 0:10 Uhr

Neue Attestor-Airline

Marabu – der Klon der großen Schwester Condor

Warum gründet Attestor neben Condor eine zweite Fluglinie? Dazu gibt es zwei Interpretationen. Klar ist: Marabu hat unzählige Verquickungen mit und Parallelen zu Condor.

Was verbindet die Roosikrantsi-Straße 2 in Tallinn mit der Westendstraße 28 in Frankfurt am Main? An den beiden Adressen haben auffallend viele Firmen ihren rechtlichen Sitz. Und was hat eine Straße im Frankfurter Nordend mit beiden Adressen zu tun? Mit allen drei ist die neue Condor-Schwester Marabu Airlines verbunden.

Doch der Reihe nach. Condor-Eigentümerin Attestor hat in Estland eine neue Fluggesellschaft gegründet. Am 25. November wurde das Unternehmen offiziell als Gesellschaft mit beschränkter Haftung und unter dem Namen Marabu Airlines ins Handelsregister eingetragen. Sie besitzt ein Kapital von 2700 Euro. Die Statuten des Unternehmens sind kurz und umfassen 17 generelle Punkte. Es sind Standardstatuten.

Marabu hat Sitz bei Anwaltskanzlei

Den offiziellen Sitz hat Marabu Airlines in einem schmucklosen Neubau mit Glasfassade an der Tallinner Roosikrantsi-Straße – bei einer lokalen Anwaltskanzlei. Die Führung aber sitzt gemäß dem Handelsregisterauszug 1450 Kilometer weiter im Westen in Deutschland, im Zentrum von Frankfurt.

Doch die Eigentümerin der Fluggesellschaft ist nochmals woanders angesiedelt. Sie heißt CD Ferienflug Hessen Holding GmbH und hat ihren Sitz an der Westendstraße 28 in Frankfurt. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wurde schon 2021 unter anderem Namen gegründet. Zuerst war ein Vertreter eines Firmenserviceunternehmens, das seriell Firmen gründet, als Geschäftsführer eingetragen. Seit Kurzem ist es ein Mitarbeiter von Condor-Eigentümer Attestor.

Zu große zusätzliche Nachfrage nach Urlaubsreisen

Doch warum das Ganze? Der Reise- und Tourismussektor erhole sich nach der Pandemie deutlich schneller als erwartet. Die Nachfrage steige weiter. Deshalb gründe man eine neue Fluggesellschaft, heißt es bei Attestor. Mehr ist aktuell offiziell nicht zu erfahren.

Kreise in der Luftfahrtbranche erklären, Condor könne die zusätzliche Nachfrage nicht selbst decken. Denn die zusätzlichen Flugzeuge hätten zusätzliches Personal erfordert, das auch geschult werden muss. Und das könne der Ferienflieger nicht pünktlich bis zum Sommer 2023 bereitstellen. Das liegt auch daran, dass er gerade selbst die Langstreckenflotte erneuert.

Angst um Arbeitsbedingungen bei Condor

Daher sei es zur Marabu-Konstruktion gekommen, so die Kreise. Da die neue Airline zum Start auf Crews und Flieger der estnischen Wet-Lease-Spezialistin Nordica/X Fly zurückgreift, kann sie schnell starten. Und im Vertrieb arbeitet sie mit Condor zusammen, woran der Ferienflieger verdient.

Die Gewerkschaften befürchten dagegen eine Unterwanderung der Arbeitsbedingungen bei Condor. Gerade die Auswahl des Registrierungsortes Estland gebe Anlass zur Sorge, so der Präsident der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit. Das Land habe sich den letzten Jahren zu einer Art «Panama der Luftfahrt» entwickelt, sagt Stefan Herth. Nirgendwo sonst sind so viele Schiffe registriert wie im kleinen Staat am Kanal – dank niedriger Gebühren und einfacher Abläufe.

Verquickungen mit Condor

In der Tat gibt es neben der Vertriebskooperation und dem gemeinsamen Eigentümer verschiedene Verquickungen zwischen Marabu und Condor. Chef der Fluglinie ist Ex-Condor-Mann Paul Schwaiger. Und nicht zuletzt trägt die Besitzergesellschaft die Abkürzung CD Ferienflug Hessen. CD, das klingt schwer wie Condor.

Damit nicht genug. Die rund 20 Ziele, die Marabu ab kommendem Sommer ab Hamburg und München ansteuern wird, fliegt mehrheitlich auch Condor an. Sie liegen rund ums Mittelmeer in Ägypten, Griechenland, Italien, Kroatien, Portugal und Spanien. Auch das Servicekonzept ist deckungsgleich. Wer bei Marabu etwas essen und trinken will, muss sich etwas im Bordbistro kaufen. Und wer sich noch mehr leisten will, kann einen Sitz in der Business Class buchen.

Condor freut sich über Wahl als Vertriebspartner

Konkret will Marabu gemäß dem aktuellen Streckenplan in Ägypten Hurghada anfliegen, in Griechenland Athen, Kefalonia, Korfu, Kos, Preveza, Skiathos, Rhodos und Zakynthos sowie in Italien Algehro auf Sardinien. In Kroatien soll es Split sein, in Portugal Faro und in Spanien Ibiza, Jerez, Malaga, Teneriffa sowie Palma.

Condor will sich zur Schwester Marabu nicht groß äußern. «Wir freuen uns, dass Marabu, als neuestes Unternehmen von Attestor, Condor als General Sales Agent beauftragt. Somit wird Condor die Marabu-Flüge vertreiben. Damit greift Marabu auf Condors Expertise im Vertrieb und die umfassende Vertriebsinfrastruktur zurück, die auch andere bereits Airlines nutzen», sagt eine Sprecherin.