Coole Pflaster
Mahon auf Menorca: Hauser, Wirth und Weltklasse Bikini
Das Galeristenpaar Hauser & Wirth bringt mit seiner Kunst-Insel Glamour nach Menorca. Da gehen wir hin. Zuvor aber in die Inselhauptstadt. In Mahon Menorca genießen wir Kunst zwischen zwei Brotdeckeln.
Als hübsche kleine Schwester von Mallorca flog Menorca lange Jahre sozusagen unterhalb des touristischen Radars. Was sich nun allerdings ändert. Im Sommer 2021 eröffneten die Schweizer Star-Galeristen Hauser & Wirth auf der Isla del Rey, im Hafen der Inselhauptstadt Mahón gelegen, ein Kunstzentrum mit Cantina. Was Menorca zu neuen Besuchern und einem gewissen Glamour-Effekt verholfen hat.
Mahon Menorca: Coole Pflaster von Plaça zu Plaça
Dieses Insel-Wunder haben wir uns diesen Herbst kurz vor Saisonende* angeschaut. Und dabei erkannt, dass es nun auch höchste Zeit ist, die Insel-Hauptstadt Mahón endlich einmal mit einem Coolen Pflaster zu ehren. Dazu haben wir eine Straße gewählt, die etwas abseits liegt von den üblichen Touristenzielen. Der Carrer de l’Eglésias ist nicht ganz so putzig wie die anderen Strassen und Gassen von Mahón, dafür voll mit spannenden Ecken, Seitenstrassen und Einblicken.
Der Carrer de l’Església ist die direkte Verbindung zwischen zwei belebten Plätzen der Stadt; die Straße führt von der Plaça Bastió hinunter zur Plaça de la Constitució, wo auch die imposante Kirche Santa María de Maó steht. Da und dort haben der Zahn der Zeit (und der Zahn von Corona) etwas genagt am Angebot am Carrer de l’Església; mitten an der Straße steht ein vormals stattliches Postgebäude leer. Aber da wird sich etwas entwickeln. Ein Boutique-Hotel vielleicht oder ein neues Restaurant, wer weiß.
Führt mitten durch die Hauptstadt von Menorca: Carrer de l’Església, Altstadt Mahón.
Was sicher sein dürfte: Irgendjemand wird das Gebäude wach küssen und neu nutzen. Dauert vielleicht noch ein Weilchen. Könnte mañana werden. Bis es so weit ist, bleibt der Carrer de l’Església ein Geheimtipp in Mahón. Eine Straße die (noch) nicht auf dem touristischen Radar auftaucht. Was uns eigentlich ganz recht ist.
Ein Frühstück an der Plaça Bastió
Vielleicht hast Du Dich gewundert, wie es das Wort «Bikini» in den Titel geschafft hat. Wir können dieses Rätsel nun lüften. Es hat weniger mit minimaler Bademode zu tun, sondern mit einer Mini-Mahlzeit. «Bikini» wird in Spanien (neben dem Mini-Bade-Textil) auch als Wort für einen Schinken-Käse-Toast verwendet. Wir haben in unserem Leben jede Menge Schinken-Käse-Toasts gegessen. Aber noch nie eine so leckere Interpretation davon wie im Café Pipet.
Café Pipet an der Plaça Bastió: Tranquilo, Bikini-Nachschub wird gleich organisiert.
Das charmante am Café Pipet ist einerseits, dass es von einer Equipe aus Argentinien und Uruguay betrieben wird. Und auch, dass man aus drei Sitzplatzmöglichkeiten wählen kann: Im Lokal drin, an einem der am Haus angeschmiegten Tischchen – oder dann auf einer kleinen Terrasse gleich über die Straße.
Aber zurück zum Menü-Item «Bikini de la casa». Koch Franco hat uns etwas in seine Liste der Ingredienzen schauen lassen. Der Mann aus Uruguay grundiert sein Werk zunächst mit Pan con tomate, er bringt also Olivenöl aufs mit Tomaten bestrichene Brot aus.
Franco hat es wieder getan: Ein Weltklasse-Bikini aus der Manufaktur des Kochs im Café Pipet.
Wenn das Brot zart errötet ist, ergänzt Franco mit etwas Mayonnaise. (Du weißt schon, dass die Mayonnaise als Salsa Mahonesa in Menorca erfunden wurde, oder?) Weiter gehören inseltypischer Queso de Mahón sowie hochwertiger Schinken zur Grundausstattung, abgerundet mit Avocado-Schnitzen im Inneren des Bikini und etwas Butter auf der oberen Außenseite. Dieser Biss, dieser Geschmack, diese Vollmundigkeit – wir haben nicht gewusst, dass 4.90 Euro für so viel Glück sorgen können.
Cooles Pflaster Mahón: Ein Laden
Klar, eine Ferienreise dient der Erholung, der Entspannung und der großen Absicht, einmal mehr Zeit mit jenen Leuten zu verbringen, die einem doch eigentlich die Liebsten sind. Aber Reisen kann auch bedeuten, dass man einen Lebensstil wieder erwecken möchte, den man spätestens mit dem Eintritt ins dritte Lebensjahrzehnt schon als abgefahren angeschaut hatte: den Way of Life als Surfer und/oder Skater.
Surfer- und Skater-Tienda Buragun am Anfang der Calle de la Iglesia, wie unser Cooles Pflaster auf Spanisch heißt.
Wer sich auf Menorca seiner Wurzeln als Wellen- und Asphalt-Rebell besinnen will, dem empfiehlt sich Buragun als Ausstatter. Rollbretter und Surfboards, Sonnenbrille, Caps, Schuhe, – die ganzen Basics, die es braucht, um sich zu re-connecten mit dem Surfer oder Skater, der (oder die) man einst war. Auch wenns nur für zwei Wochen ist. Oder eine Semanita. Oder vielleicht doch fürs ganze Leben?
Carrer de l’Església: Noch ein Shop
Tiendas, Shops und Boutiquen, die auf Menorca Mode für den Hochsommer anbieten, gibt es natürlich wie Sand am Meer. Bei Havitus aber spielt auch die Zeit zwischen Saisonende und Semana Santa eine modische Rolle. Laden-Lady Susana ist spezialisiert auf Naturkleidung aus Baumwolle, Leinen, Hanf und Seide. Da und dort poppen auch modische Grob- und Feinstrickwaren auf im Angebot.
Ob diese Leute Bitcoins im Wallet haben? Hätten sie es, könnten sie damit bei Havitus einkaufen.
Selbst wenn die letzten Charterflüge Menorca verlassen haben, spielt hier also Mode weiterhin eine Rolle. Und der nächste Sommer, so viel ist sicher, kommt ja bestimmt. Havitus Menora ist gemäß eigener Mitteilung übrigens das erste lokale Unternehmen auf Menorca, das Zahlungen per Bitcoin akzeptiert.
Mahon Menorca: Eine Mahlzeit
Die Bar La Murada ist kein herausgeputztes Touristen-Lokal. Sondern ein Ort, wo sich Eingeborene (und Zugewanderte) am Abend hinsetzen. Und dann ordentlich Tapas ordern. Mag sein, dass die Bedienung nicht zur allerfreundlichsten Menorcas (und der Balearen und dieses Planeten insgesamt) gehört. Was aber sicher ist: Die Klassiker der Tapas-Küche sind hier ebenso nahrhaft wie solide und schmackhaft.
Der Tag geht. Mehr Tapas kommen. In der Bar La Murada, Mahón.
Das Lokal an der Plaça Bastió eignet sich neben dem Abend auch für die heissesten Tage des Jahres. La Murada rühmt sich, «la caña más fria» der Stadt auszuschenken. Wir deutschen das kurz aus: das kühlste Bier. Genauer: die kühlste Stange Bier.
Auf dem zugehörigen Plakat wird sogar die Temperatur angegeben: Minus 2.5 Grad. Nachgemessen haben wir das selber zwar nicht. Was wir aber sagen können: Das Cerveza ist wirklich sehr kalt.
Menorca Mahón: Ein Mitbringsel
Queso de Mahon, Gin Xoriguer und Abarcas zählen zu den beliebtesten Souvenirs, die Menorca-Touristen mit nach Hause bringen. Aber am Carrer de L‘Església entscheiden wir uns für etwas anderes. Was wir hier für unsere Liebsten daheim besorgen: Kamille aus Menorca. Riecht nicht nur herrlich, eignet sich auch hervorragend für einen beruhigenden Tee. Doch damit nicht genug.
Einmal flüssig, einmal fest: Insel-Kamille, unser Mitbringsel vom Coolen Pflaster Mahón.
Mit ins Paket gehört auch ein Oleado de manzanilla de Menorca. Ein Kamillenöl, dem Insulanerinnen und Insulaner beruhigende Wirkung auf der Gesichtshaut nachsagen. Beides zusammen haben wir am Carrer de l’Església für 18 Euro im Laden Tot Bio eingetütet. Klingt möglicherweise etwas morbid, ist aber überhaupt nicht so gemeint: «Tot» bedeutet auf Katalanisch schlicht «alles». Und also hier konkret: «Alles bio».
Mahon Menorca: Anreise Hauser & Wirth und Coole Pflaster
Die Distanzen in Mahón sind kurz; die Inselhauptstadt lässt sich auch gut per Leihfahrrad entdecken. Wenn Du von Deinem Ferienort aus per Bus an der Estación Autobús Mahón ankommst, sind es via Hauptplatz Esplanada keine zehn Gehminuten zur Plaça Bastió. Von der Carrer de l’Església aus sind es noch einmal zehn Minuten zur Fuß bis zum gelben Katamaran, der Dich zur Galeristen-Insel Illa de Rei rüberbringt.
Mahon und Illa del Rei: Mittendrin im Coolen Pflaster.
Mahón Menorca: Sehenswürdigkeiten in Gehdistanz zur Plaça Bastió
In einer Stadt wie Mahón, die knapp 30 000 Einwohnerinnen und Einwohner zählt, lassen sich die allermeisten Sehenswürdigkeiten gut zu Fuß oder per Fahrrad erreichen. Was für uns ganz konkret bedeutet: Viel Spannendes zu entdecken in der unmittelbaren Nachbarschaft der Plaza Bastión, wie die lebhafteste Zone dieses Coolen Pflasters auf Spanisch heißt.
Ausblick vom Mirador de Sant Francesc auf den Naturhafen von Mahon.
Nur wenige Gehminuten entfernt befindet sich das Museo de Menorca, dass einen hervorragenden Einblick gibt in die Geschichte der Insel, die im Laufe der Jahrhunderte viele fremde Herren hatte. Und vielleicht gerade deshalb heute noch so auf eigene Gebräuche, Gerichte und Gewohnheiten stolz ist. Gleich neben dem Museum liegt der Mirador de Sant Francesc, der kolossal schöne Blicke auf den Hafen der Inselhauptstadt Mahón offeriert. Es ist nach Pearl Harbour (Hawaii) der zweitgrößte Naturhafen der Welt. Lebhaft ist es auf der Plaza Esplanada, wo sich unter anderem der größte Spielplatz der Insel befindet, eigentlich immer. Noch lebhafter wird es jeweils dienstags und samstags.
Wochenmarkt auf der Plaza Esplanada. Ein guter Ort, um die traditionellen Avarca-Schuhe (links) einzukaufen. Oder für einen Kuss im Gehen (in Flipflops, rechts).
Dienstag und Samstag sind die Tage, die dem Wochenmarkt gehören. Dann ist die Esplanada ein guter Ort, um sich mit Schmuck, Lederwaren und Textilien aller Art einzudecken. Und natürlich mit Avarcas de Menorca, den typischen Inselschuhen Menorcas und Mallorcas. Zu guter Letzt noch zum neuen Highlight von Menorca: Der Kunstinsel Illa del Rei, wie die Isla del Rey auf Menorquinisch heißt. Was Hauser & Wirth hier vollbracht haben, würde ich als eine Verneigung vor Menorca zusammenfassen.
Haupthaus von Hauser & Wirth auf der Illa del Rei Menorca.
Neben der imposant lichtdurchfluteten Darstellung von Kunst fällt vor allem auf, wie sehr sich die Kunstinsel-Macher von Menorca haben inspirieren lassen. Baustil, Möbel, Farben – alles eine Liebeserklärung an die Kultur der süßen kleinen Schwester von Mallorca. Dass Liebe auch durch den Magen geht, muss ich hier nicht erklären. Aber ein paar Worte zur Cantina auf der Illa del Rey braucht es noch. Einem menorquinischen Fischerdorf nachempfunden, frei von Kitsch und Künstlichkeit. Einfach nur schön. Irre schön.
Das sagen übrigens nicht nur wir. Das haben wir einige Tage lang von vielen Insulanerinnen und Insulanern so gehört. Und die müssen es ja wissen.
Mahon Menorca: Cantina auf der Isla del Rey.
* Menorca ist, anders als etwa Mallorca, nicht als Ganzjahresdestination getaktet. Natürlich kann man auch im Winter nach Menorca reisen; zwischen November und Ostern ist es aber sehr ruhig. Für all jene, die in dieser Zeit trotzdem Urlaub auf Menorca machen möchten, empfiehlt es sich, vorab Öffnungsdaten und Öffnungszeiten zu checken. So lassen sich während der Reise allfällige Enttäuschungen vermeiden.
In «Coole Pflaster» porträtieren wir städtische Straßen aus aller Welt, die nicht globalisiert sind. Kein Starbucks, kein H&M, kein McDonald’s – sondern lokale und regionale Anbieter aus Gastronomie, Hotellerie, Shopping und Kultur. Hier werden Straßen geehrt, die Einheimische und Zugereiste gleichermaßen glücklich machen.
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