Diplomat einbestellt
Konfiszierung der Antonov An-124 treibt Russland zur Weißglut
Kanada hat einen in Toronto gestrandeten Spezialfrachter von Volga-Dnepr konfisziert. Der staatliche Einzug der Antonov An-124 ist für Moskau «zynischer und schamloser Diebstahl». Und damit nicht genug.
Antonov An-124 im Jahr 2021 in Düsseldorf: Ein in Kanada gestrandetes Exemplar sorgt für hitzige Wortgefechte.
Antonov An-124 im Jahr 2021 in Düsseldorf: Ein in Kanada gestrandetes Exemplar sorgt für hitzige Wortgefechte.
Als einen «zynischen und schamlosen Diebstahl» bezeichnete das russische Außenministerium am Dienstag (13. Juni) die Konfiszierung einer Antonov An-124 in Toronto. Die Regierung von Kanada hatte diese vergangene Woche angeordnet. Doch damit nicht genug. Ottawa verfolge einen «russophoben Kurs» und belohne die Ukraine «mit gestohlenem russischen Eigentum», wettert Moskau weiter.
Dabei habe sich die Antonov An-124 mit dem Kennzeichen RA-82078 vergangenen Februar auf einem von der kanadischen Regierung in Auftrag gegebenen humanitären Flug befunden. Der Spezialfrachter habe Anti-Viren-Mittel nach Toronto geliefert, schreibt das russische Außenministerium. Doch von dort habe sie nicht mehr starten dürfen.
Neue Sanktionen in Kanada
Jetzt zeige sich warum, heißt es aus Moskau weiter: Es gehe um das «weitreichende Ziel, wie es jetzt scheint, das einzigartige Flugzeug zu rauben und es an ‹Kunden› in Kiyv zu übergeben». Dass Russland kurz nach der Landung der An-124 die Ukraine mit Krieg überzog, verschweigt das Ministerium geflissentlich.
Kanada hat die Konfiszierung der seit 16 Monaten in Toronto gestrandeten Antonov An-124 angeordnet, weil das Land im April neue Sanktionen gegen Russland verhängt hat. Dabei kam auch Volga-Dnepr auf die Liste der gesperrten russischen Unternehmen. Als Grund wurde genannt, dass die Frachtairline die russische Regierung unterstützt. In den USA und Europa steht sie noch nicht auf der Sperrliste.
Vergleich mit Nazi-Zeit
Die Konfiszierung muss Moskau hart getroffen haben. Denn das Ministerium von Außenminister Sergey Lavrov holt in seiner Stellungnahme auch die dickste Keule hervor. Man handle mit der Enteignung in «Fortsetzung der ‹Tradition› der Vorgänger», so das russische Außenministerium, welche «Nazi-Komplizen unter den hartgesottenen Bandera-Aktivisten Asyl in Kanada gewährt» hätten.
Stepan Bandera war ein ukrainischer Rechtsextremer und Führer des militanten Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten, der mit den Nationalsozialisten kooperierte. Seine Familie und viele seiner Anhänger flüchteten nach Kanada. Das «Trudeau-Regime» weise nun in dieser Tradition «die ukrainischen Behörden an, bis zum ‹letzten Ukrainer› Krieg gegen Russland zu führen», so das russische Außenministerium.
Diplomat ins Außenministerium zitiert
Um dem Ärger mehr Ausdruck zu verleihen, hat Russland am Mittwoch (14. Juni) auch noch den stellvertretenden Leiter der diplomatischen Vertretung Kanadas in Moskau zu einer Demarche ins russische Außenministerium geladen. Dem kanadischen Diplomaten sei gesagt worden, dass das Vorgehen der Regierung in Ottawa «schwerste Folgen für die russisch-kanadischen Beziehungen haben wird, die wegen des Trudeau-Regimes am Rande des Zusammenbruchs stehen».
Ottawa möchte die An-124 der Ukraine übergeben. Doch so einfach ist das nicht. Man werde den Vermögenswert «im Einklang mit den Bundesgesetzen verwalten», teilte das kanadische Außenministerium kürzlich mit. Wenn er am Ende dem Staate zufalle, werde man mit der Regierung der Ukraine Möglichkeiten erarbeiten, «diesen Vermögenswert umzuverteilen, um die Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu entschädigen, den internationalen Frieden und die Sicherheit wiederherzustellen oder die Ukraine wiederaufzubauen».