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Fragen Sie den Piloten

Könnte ein Freizeitpilot im Notfall einen A320 Neo landen?

Wäre ich als Segelflug-Pilot in der Lage, bei Ausfall des Cockpitpersonals mit Hilfe vom Boden ein Passagierflugzeug wie einen Airbus A320 Neo zu landen? Das fragt Leser Axel Meier. Ein Linienpilot antwortet. Mit verschiedenen Szenarien.

Ich muss ehrlich sein: Meine persönliche Einschätzung ist, dass ein von Ihnen beschriebenes Szenario einer manuellen Landung nicht erfolgreich enden würde. Allerdings möchte ich meine Aussage differenzieren. Denn: Ich entnehme Ihrem Schreiben, dass Sie neben dem Interesse an vielen Themen der Fliegerei auch über 30 Jahre Segelflugerfahrung verfügen. Damit steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit, ein solches Szenario erfolgreicher zu beenden gegenüber dem Fall, dass ein «reiner Fußgänger» im Cockpit Platz nimmt.

Im Prinzip sind das Kleinflugzeug und der Airbus beides gleichartige Luftfahrzeuge – beide bemühen das gleiche Physikbuch, um zu fliegen. Das «touch and feel» im Airbus unterschiedet sich aber grundsätzlich vom Kleinflugzeug. Und damit meine ich nicht Massen- und Größenunterschiede. Im Airbus fliegt man mit dem Fly-by-Wire-System. Das heißt, es gibt es quasi kein Feedback der Steuerflächen mehr an den Piloten, keinen Eindruck wie hoch der Ruderdruck oder die aerodynamische Folgsamkeit ist.

Triebwerke geben weniger Feedback

Mit mechanischen Steuersystemen hingegen kann man schon (im wahrsten Sinne des Wortes) «anhand» der Steuerkräfte bewerten, ob die Maschine gut am Ruder hängt, oder ob sie fliegt wie eine schwangere Ente. Das Fly-By-Wire-System entsorgt zuverlässig alles, was man im Kleinflugzeug mit in die intuitive Bewertung des Flugzustandes einfließen lassen konnte.

Das gleiche gilt für die Triebwerke: das Ansprechverhalten ist eher zeitverzögert und im manuellen Betrieb wenig intuitiv, die Drehzahl-Zielwerte sollte man besser kennen, um die gewünschten Geschwindigkeitsänderungen im zulässigen Geschwindigkeitsband zu erzielen. Ich kenne viele Kollegen – mich eingeschlossen – die beim Wechsel in einer Tour von einem Ceo (also einem Flugzeug mit der älteren Triebwerksoption) auf einen Neo mit modernerem Getriebefan die Triebwerkshandhabung als unangenehm beschreiben.

Klassische Triebwerke einfacher zu bedienen

Die klassischen Triebwerke haben für einen gewünschten Flugzustand jeweils eine gewisse Drehzahl, welche – einmal gefunden – eine gewisse Stabilität im Flugzustand garantiert, und in den das Flugzeug auch bei Störungen durch Thermik oder Turbulenz wieder zurückkehrt. Bei Getriebefan-Motoren ist diese Stabilitätsbereich sehr – wirklich sehr –  viel kleiner, sodass man fast ununterbrochen korrigieren und Drehzahlen nachführen muss.

Wenn also jemand ohne das ihm bekannte Feedback eines Kleinflugzeuges – weder bei der Steuerung, noch am Motor – im schlimmsten Fall noch unter Instrumentenflugbedingungen oder generell bei schlechtem Wetter – erstmals im Cockpit eines Airbus A320 Neo Platz nimmt, dann kann ich mir schwer vorstellen, dass der Versuch einer manuellen Landung gut geht.

Doch es gibt auch ein Szenario, bei dem es klappen kann

Unter besseren Vorzeichen würde solch ein Versuch stehen, wenn der Autopilot aktiv und vollständig programmiert ist. Dann könnte mit externer Hilfestellung eine automatische Landung gelingen. Und hier sehe ich den Vorteil, wenn jemand mit Kenntnissen der Flugzeugführung im Cockpit sitzt. Er wird nicht wissen, wo welche Modi zu wechseln sind oder wann an welchem Schalter gezogen oder gedrückt werden soll. Aber die Navigationskarte, der Höhenmesser, das Vario, der Geschwindigkeitsmesser… und, und, und… können – einmal gefunden – von einen Luftfahrer interpretiert werden.

Man spricht über die gleichen Einheiten und Grundlagen. Wenn etwa über Funk zusammen der Sinkflug von 10.000 auf 3.000 Fuß eingeben wurde – dieser dann auf Zuruf am Autopiloten freigegeben wird – dann kann der Privatpilot im Airliner-Cockpit zuverlässig erkennen und zurückmelden: «Hat geklappt, Vario zeigt jetzt minus 1000 Fuß pro Minute und am unteren Rand des Höhenmessers steht 3000 in blau – was ist als nächstes zu tun?»

Die Vorteile des A320 Neo

Der Austausch durch das Nadelöhr Funk zu einer Person mit Vorkenntnissen macht den Erfolg eines solchen Unterfangens also wahrscheinlicher. Denn fliegen kann der Autopilot im Normalbetrieb besser als der Mensch. Es würde im Fall der Fälle dann «nur noch» darum gehen, per Funk zusammen das Autoflightsystem mit sinnvollen Eingaben so bei Laune zu halten, dass es den Anflug und die Landung selbst erledigen kann.

Meiner Einschätzung möchte ich noch zwei Hinweise hinzufügen. Da ich keine Erfahrung mit Boeing Flugzeugen habe, möchte ich meine Aussage auf Airbusse beschränken. Vielleicht schätzen Kollegen von Boeing-Mustern ein von Ihnen beschriebenes Szenario anders ein. Und die Aussagen über die Getriebefan-Motoren beziehen sich nur auf das Handling. Die Leistungsdaten dieser Motoren sind fantastisch – in Bezug auf Verbrauchsreduzierung, aber vor allem im Bezug auf Schubüberschuss unterscheiden sich die Neos deutlich von den Ceos.

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