Nouvelair-Chef Chokri Zarrad in seinem Büro: Seine Fluggesellschaft soll wachsen.

Nouvelair-Chef Chokri Zarrad in seinem Büro: Seine Fluggesellschaft soll wachsen.

Nouvelair

Chokri Zarrad, Nouvelair

«In zehn Jahren wollen wir eine Flotte von etwa 25 Flugzeugen betreiben»

Nouvelair baut in diesem Sommer kräftig aus. Die Airline erwartet 2024 ihre ersten Airbus A320 Neo und will sich abseits des touristischen Verkehrs ein zweites Standbein aufbauen. Airline-Chef Chokri Zarrad im Interview.

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Tunesien hatte länger als andere Länder die Grenzen pandemiebedingt geschlossen. Wie hat Nouvelair als private Fluggesellschaft die Zeit überstanden?

Chokri Zarrad*: Wir mussten von heute auf morgen unsere komplette Flotte grounden, wie auch alle anderen Fluggesellschaften. Nouvelair ist ein finanziell starkes Unternehmen. Wir haben natürlich Verluste gemacht, aber wir mussten keine Kredite aufnehmen. 2022 kam der Aufschwung dann direkt zurück.

Aber Tunesien hat sich erst 2022 wieder voll geöffnet, während andere Länder schon ein Jahr früher wieder Touristen empfangen haben. Haben Sie im Sommer 2021 Flugzeuge an andere Airlines verleast?

Nein. Denn selbst diejenigen, die im Jahr 2021 wieder geflogen sind, konnten nicht ihre volle Kapazität abrufen. Normalerweise verleasen wir meist zwei unserer Flugzeuge an andere Fluggesellschaften, aber das wird weniger. Im vergangenen Jahr haben wir noch Flugzeuge an eine marokkanische Airline verleast, ob das in diesem Jahr wieder so sein wird, kann ich noch nicht sagen.



Was ist der wichtigste Markt für Nouvelair?

Grundsätzlich sind wir sehr stolz auf das bestehende Netzwerk. Historisch bedingt ist Frankreich unser wichtigster Markt. Unser zweitwichtigster Markt ist Deutschland. Wir haben heute den größten Marktanteil zwischen Tunesien und Deutschland.

Wer fliegt mit Nouvelair?

Das kann ich so pauschal nicht beantworten. Wir verbinden die wichtigsten Touristenorte in Tunesien, Djerba und Monastir mit zahlreichen Städten in Deutschland. Schätzungsweise 70 bis 75 Prozent der Gäste an Bord sind Touristen. Wir arbeiten bei diesen Flügen mit allen namhaften Reiseveranstaltern, wie beispielsweise Tui und DER Touristik zusammen. Gleichzeitig sehen wir auch eine große Nachfrage nach VFR-Flügen, sprich Reisende, die ihre Verwandten und Freunde wahlweise in Deutschland oder Tunesien besuchen wollen. Auch für diese Zielgruppe haben wir im vergangenen Jahr Flüge von Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München nach Tunis aufgelegt. Hier sind deutlich weniger Touristen, aber dafür mehr Geschäftsreisende und Leute, die in Deutschland studieren und arbeiten, an Bord unserer Flugzeuge.

Was planen Sie für dieses Jahr?

Eine ganze Menge. Wir werden ab April Tunis mit Hamburg verbinden. Und wir stocken unser Angebot in Deutschland noch einmal deutlich auf.

Planen Sie auch etwas Richtung Österreich und Schweiz?

Ja, das sind beides wichtige Märkte für uns. Wir bieten bereits Linienflüge nach Genf und Basel an. Von Djerba und Monastir fliegen wir nach Wien. In diesem Jahr werden wir auch wieder zum ersten Mal seit den frühen 2000er-Jahren in Salzburg präsent sein.

Im September und Oktober werden wir zum ersten Mal Airbus A320 Neo einführen.

Haben Sie dafür eine ausreichend große Flotte?

Unsere Flotte bestand lange aus zehn Airbus A320. Im vergangenen Jahr haben wir dann drei zusätzliche Flugzeuge übernommen. In diesem Jahr wollen wir weiter wachsen. Im September und Oktober werden wir zum ersten Mal Airbus A320 Neo einführen.

Ersetzen Sie ältere Flugzeuge durch die beiden Neos?

Nein, die beiden Maschinen kommen als Ergänzung. Damit werden wir ab Oktober mit 15 Airbus A320 unterwegs sein. Wir wollen auch 2026 weitere Neos übernehmen. Wenn ich es mir wünschen könnte, soll bis 2030 unsere ganze Flotte nur aus Airbus A320 Neos bestehen. Gerade im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Kosten.

Kaufen oder leasen Sie die Flotte?

Wir leasen. Wir leasen Flugzeuge immer für zwölf Jahre. Gerade sind wir in Verhandlungen für fabrikneue Maschinen, aber unterschrieben ist bisher noch nichts.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Wie sieht Nouvelair in zehn Jahren aus?

In zehn Jahren wollen wir eine Flotte von etwa 25 Flugzeugen betreiben. Das ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass die politische Situation in Tunesien lange nicht gerade einfach war. Es ist an der Zeit, dass Tunesien aufholt.

Und wie sieht ihr Netzwerk in zehn Jahren aus?


Heute fliegen wir hauptsächlich nach Europa. Europa wird sicherlich auch in zehn Jahren noch der wichtigste Markt für Nouvelair sein. Es gibt auch Regionen, in denen wir noch nicht präsent sind, wie beispielsweise Spanien. Da werden wir sicher ausbauen. Gleichzeitig sehen wir großes Potenzial in anderen Regionen. Wir fliegen schon heute täglich von Tunis nach Istanbul. Die Türkei ist ein Urlaubsland für Tunesier, weil es dort keine Visumspflicht gibt. Zudem verbinden wir Tunis mit Algier. Anfang April nehmen wir mit Casablanca eine weitere Route innerhalb Nordafrikas auf. Afrika und der Nahe Osten werden perspektivisch immer wichtiger.

Weltweit fehlen Piloten. Behindert Sie das in ihren Wachstumszielen?

Wir haben in Tunesien eine besondere Situation. Zum einen dürfen wir keine Ausländer dauerhaft einstellen. Die Regierung will damit den heimischen Arbeitsmarkt schützen. Wir arbeiten daher immer mit saisonalen Verträgen, was die Sache verkompliziert. Wir müssen also unser Cockpitpersonal selbst ausbilden. Wir haben dazu eine eigene Flugschule in Tunis gegründet. In der Regel müssen wir mehr junge Leute ausbilden, als wir für Nouvelair bräuchten, aber weil es einen weltweiten Mangel an Piloten gibt, verlassen uns auch Piloten in andere Länder. Umso wichtiger ist es, dass wir uns dauerhaft als Qualitätsairline etablieren.

*Chokri Zarrad steht seit 2007 an der Spitze von Nouvelair. Er arbeitet für die Fluggesellschaft schon seit 1990, unter anderem als Technischer Direktor und Flottenmanager.

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