Letzte Aktualisierung: um 14:13 Uhr

Kee-Hong Woo, Präsident Korean Air

«Wir werden den gesamten A380-Betrieb überprüfen»

Korean Air erwartet 2020 Gewinn. Im Interview erklärt Präsident Kee-Hong Woo, wie das möglich ist. Er spricht zudem über den Kauf von Asiana, die Zukunft des A380 und den Ausbau in Europa.

Sie haben vor Kurzem die Übernahme von Asiana Airlines angekündigt. Was ist das Ziel des Kaufs des kleineren Rivalen?
Kee-Hong Woo*: Wir übernehmen Asiana Airlines, um Tausende von Arbeitsplätzen zu sichern und die globale Wettbewerbsfähigkeit der koreanischen Luftfahrtindustrie zu stärken. Diese war bereits geschwächt, während in den vergangenen zwei Jahrzehnten die großen Fluggesellschaften in den USA und Europa ihre globalen Netzwerke gestärkt und ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Fusionen und Übernahmen erhöht haben. Korean Air wird nach der Übernahme von Asiana in der Lage sein, Größenvorteile zu erzielen. Wir erwarten auch einen Beitrag zur Markterholung, zur Arbeitsplatzsicherheit und zum nachhaltigen Wachstum der koreanischen Luftfahrtindustrie.

Asiana hate aber schon vor der Coronavirus-Krise Probleme. Ist es nicht ein großes Risiko, eine bereits geschwächte Fluggesellschaft zu übernehmen?
Beide Fluggesellschaften erhalten erhebliche Mittel, die dazu beitragen werden, Liquiditätsprobleme aufgrund der Covid-19-Pandemie zu mildern. Insbesondere Korean Air plant Anfang nächsten Jahres eine Kapitalerhöhung über 2,5 Billionen Won durch die Ausgabe neuer Aktien. Wir glauben, dass Korean Air und Asiana zusammen den Gewinn steigern, die Kosten senken und zu einer der zehn größten Fluggesellschaften der Welt werden können. Genauer gesagt: Wenn der Integrationsprozess abgeschlossen ist, erwarten wir eine Verbesserung der Ergebnisse, indem wir mehr Transfernachfrage anziehen und die Gesamtauslastung auf Grundlage effizienterer Flugpläne erhöhen. Gleichzeitig können wir die Kosten für Flugzeugleasing und Zinsaufwendungen drücken und die Betriebskosten in Bereichen wie Wartung, Bodenabfertigung, Informatik, Infrastruktur und Standorte durch Größenvorteile senken.

Es gibt eine Überschneidung im Netzwerk. Wie werden die Strecken zwischen Korea und Asiana aufgeteilt?
Wir werden den Betrieb beider Fluggesellschaften nach der Integration beibehalten. Wir gehen davon aus, dass wir durch die Nutzung unserer Flugplan- und Flottenoptionen unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern und mehr Transfernachfrage anziehen werden.

Wir den größten Teil unseres betrieblichen Personals benötigen.

Werden Sie Ihre Belegschaft reduzieren müssen?
Wir planen keine Entlassungen während oder nach dem Übernahmeprozess. Der derzeitige Betrieb beider Fluggesellschaften wird nach der Integration aufrechterhalten, sodass wir den größten Teil unseres betrieblichen Personals benötigen, also Mitarbeiter in den Bereichen Flugbetrieb, Kabinenbetrieb, Wartung und Flughafenservice, die über 90 Prozent der Gesamtbelegschaft ausmachen. In den nicht-operativen Bereichen gibt es Überschneidungen bei rund 2000 Mitarbeitern. Wir planen, sie durch Verschiebungen zwischen Abteilungen und die natürliche Fluktuation, die bei beiden Fluggesellschaften in der Regel bei jährlich etwa 1000 Mitarbeitern liegt, zu bewältigen.

Werden die beiden Marken bleiben oder beabsichtigen Sie, in Zukunft zu einer einzigen Marke zu wechseln? 
Wir planen nach Abschluss der Übernahme beide in eine bestehende Marke zu integrieren.

Und werden sie in verschiedenen Allianzen bleiben – Skyteam und Star Alliance?
Dies wird während der Integrationsplanung nach der Fusion diskutiert werden. Was ich jetzt sagen kann, ist, dass die Erörterung der Allianzfrage sicherlich Zeit brauchen wird.

Nach der Übernahme werden Sie drei Billigfluggesellschaften besitzen – Air Busan, Jin Air und Air Seoul.
Wir werden eine integrierte Lowcost-Marke haben. Weitere Einzelheiten werden bei der Planung der Integration nach der Fusion erörtert.

Wir planen, die derzeitigen Strecken vorerst beizubehalten.

Korean und Asiana bedienen beide Frankfurt. Werden weiterhin beide Fluggesellschaften diese Strecke fliegen?
Wir planen, die derzeitigen Strecken und den Betrieb beider Fluggesellschaften vorerst beizubehalten.

Die kombinierte Flotte von Asiana und Korean Air wird auch aus 16 Airbus A380 und 35 Boeing 747 bestehen. Das sind große Flugzeuge. Beabsichtigen Sie, einige von ihnen außer Dienst zu stellen?
Wir werden den gesamten A380-Betrieb und seine Routen überprüfen. Da es sich bei den meisten Boeing 747 um Frachter handelt, werden Pläne für sie entwickelt, während wir den Status des Frachtgeschäfts bewerten.

Im Frühjahr wurde Korean Air von der Pandemie schwer getroffen. Ihr Präsident sagte dann sogar, die Fluggesellschaft kämpfe ums Überleben. Wie ist die Situation jetzt?
Seit dem Ausbruch von Covid-19 im Februar haben wir die meisten unserer internationalen Flüge ausgesetzt. Als die globale Pandemie ausbrach, stellten auch Fluggesellschaften auf der ganzen Welt den Flugbetrieb ein und stürzten in eine beispiellose Krise. Der Großteil unseres Betriebs ist immer noch ausgesetzt, und es ist schwierig, eine vollständige Erholung im nächsten Jahr vorherzusehen. Dank unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich freiwillig und abwechslungsweise für Urlaub gemeldet haben, konnten wir die Krise jedoch bewältigen.

Und wie sieht es mit der Liquidität aus?
Wir konnten in den letzten beiden Quartalen operative Gewinne erzielen. Wir werden darüber hinaus mehr Liquidität aufbauen, indem wir die Frachteinnahmen maximieren und nicht zum Kerngeschäft gehörende Vermögenswerte verkaufen, etwa die Geschäftseinheiten für Bordverpflegung und Dutyfree sowie Anteile an der Tourismusfirma Wangsan Leisure Development.

Wir erwarten ein profitables Jahr.

Sie sagten es: Als eine der wenigen Fluggesellschaften haben Sie in den letzten beiden Quartalen einen Gewinn erwirtschaftet. Wie war das möglich?
Korean Air war schon immer eine der größten Frachtfluggesellschaften der Welt, und der Frachtmarkt war in diesem Jahr profitabel. Wir haben unseren Cargobetrieb angekurbelt und die Kapazität erhöht, indem wir Passagierjets eingesetzt und einige der Passagierflugzeuge zu Frachtern umgebaut haben. Das wäre aber ohne unsere Mitarbeiter nicht möglich gewesen, und ich bin ihnen für ihre harte Arbeit und Unterstützung zutiefst dankbar.

Halten Sie einen Gewinn im Gesamtjahr für möglich?
Wir erwarten ein profitables Jahr, weil wir unter anderem die Einnahmen in unserem Frachtbetrieb weiter maximieren und gleichzeitig die Betriebskosten senken.

Sie erwarten weiterhin 50 Flugzeuge von Boeing und 30 von Airbus. Beabsichtigen Sie, Bestellungen zu stornieren oder zu verschieben?
Wir überlegen derzeit, ob und wie wir neue Flugzeuge einflotten sollen, jetzt wo der gesamte Luftfahrtmarkt unter Covid-19 leidet. Wir diskutieren mit den Herstellern über die Verschiebung von Aufträgen.

Wie groß wird die Flotte von Korean Air nach der Corona-Krise insgesamt sein?
Nach dem Ende der Krise werden wir auf das operative Niveau von 2019 und die damalige Anzahl von Flugzeugen zurückkehren.

Wir werden unsere Position nicht nur in Österreich, Deutschland und der Schweiz aktiv ausbauen.

Sehen Sie für die Zukunft in Österreich, Deutschland und der Schweiz noch Expansionspotenzial?
Wir werden unsere Position nicht nur in Österreich, Deutschland und der Schweiz, sondern weltweit aktiv ausbauen, indem wir die sich überschneidenden Strecken und Flugpläne mit Asiana Airlines anpassen.

Das Frachtgeschäft war in den letzten Monaten sehr stark. Glauben Sie, dass das noch einige Zeit so bleiben wird?
Der Boom im Frachtgeschäft in diesem Jahr wurde nicht durch eine starke Frachtnachfrage, sondern durch höhere Luftfrachtraten aufgrund eines Rückgangs der Passagierflüge und der Frachtkapazität verursacht. Seit der zweiten Jahreshälfte haben viele Fluggesellschaften weltweit die Frachtkapazität durch den Einsatz ihrer Passagierjets erhöht. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird sich das starke Wachstum des Frachtgeschäfts im nächsten Jahr wahrscheinlich nicht fortsetzen. Korean Air versucht, die Gewinne zu steigern, indem sie sich aktiv an die Veränderungen auf dem globalen Frachtmarkt anpasst. So haben wir beispielsweise die Betriebsstunden von Frachtflugzeugen erhöhen können, indem wir Frachtcharterflüge ausgebaut und Passagierjets zu Frachtflugzeugen umgerüstet haben. Von März bis November 2020 führte Korean Air etwa 3800 Frachtflüge mit Passagierjets durch.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach der Luftverkehr in Zukunft verändern?
Der koreanische Luftverkehrsmarkt litt bereits vor Covid-19 unter übermäßigem Wettbewerb aufgrund eines Überangebots. 2019 waren neun Fluggesellschaften, darunter Korean Air, mit jährlich 123 Millionen Passagieren auf dem Markt tätig. Das Überangebot war allerdings nicht nur in Korea ein Problem, sondern weltweit. Nur Fluggesellschaften mit einer starken Infrastruktur und globalen Größenvorteilen werden in der Lage sein, den Wettbewerb nach Covid zu überleben. Angesichts dieses Trends wird die Übernahme von Asiana Airlines durch Korean Air wahrscheinlich zum Katalysator für die Fusionen und Übernahmen anderer Fluggesellschaften in Asien und anderen Regionen.

* Kee-Hong Woo (57) ist Präsident von Korean Air Lines. Er begann seine Laufbahn 1987 bei Korean Air und hat sich über verschiedene Positionen im Passagiergeschäft (Verkauf und Marketing) und die Abteilung für Unternehmensstrategie in der Hierarchie emporgearbeitet. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in Übersee, darunter als Vizepräsident und Leiter der Region Amerika von 2008 bis 2010. Von 2011 bis 2015 leitete er die Passagierabteilung von Korean Air. Woo schloss sein Studium an der Seoul National University mit einem Master in Wirtschafts- und Managementwissenschaften ab. Parallel zu seiner Arbeit machte er später auch noch einen MBA-Abschluss an der University of Southern California.