John Slattery: «Wir werden dafür bezahlt, paranoid zu sein.»

John Slattery: «Wir werden dafür bezahlt, paranoid zu sein.»

Embraer

Interview mit John Slattery, Embraer Commercial Aviation

«Wenn es einen neuen Namen gibt, muss der großartig sein»

John Slattery, Chef von Embraer Commercial und der künftigen Boeing Brasil über die mögliche Umbenennung der E-Jets, Nachholbedarf in China und Südostasien und den Kampf gegen neue Konkurrenten aus Russland und Fernost.

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Kürzlich wurde bekannt, dass Boeing den Namen Embraer fallen lässt und das Joint Venture Boeing Brasil - Commercial nennt...

John Slattery: Ich finde es nicht angebracht, das so auszudrücken. Ich finde es überhaupt nicht gut, wie die Sache wiedergegeben wurde. Der Name Boeing Brasil - Commercial ist etwas, was organisch entstanden ist. Unsere Angestellten waren genauso involviert wie unsere Kunden. Wir – und das schließt auch die Embraer-Angestellten mit ein – freuen uns sehr über den neuen Namen.

Warum genau? Immerhin ist Embraer eine Traditionsmarke.

Erst einmal wird es den Namen Embraer ja weiter geben – in der Businessjet-Sparte, in der Militärsparte, bei unserer Innovations-Tochter Embraer X. Die Umbenennung der Verkehrsflugzeug-Sparte aber war ein wichtiger Schritt. Denn der Name Boeing hat einen großen Markenwert, der uns in vielen Märkten helfen kann. Ich will es auf 200 Betreiber unserer Jets schaffen und dabei kann die Marke helfen. Gleichzeitig ist immer noch das Wort Brasil im Namen enthalten – und das zeigt, dass wir stolz sind auf das brasilianische Know-how und die Jahrzehnte an Erfahrung im Flugzeugbau.

Heißt das, dass Sie auch die E-Jets umbenennen werden?

Die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Wir haben schon bei der Entscheidung für die Umbenennung des Geschäfts mit Verkehrsflugzeugen mit sehr vielen Leuten geredet. Jetzt erweitern wir diesen Kreis sogar noch.

Auf?

Wir reden mit Leasingfirmen, Banken, Airlines, Angestellten und Markenexperten – wir dürfen auch nicht vergessen, dass die E-Jets sich in den letzten Jahrzehnten einen großen Markenwert erarbeitet haben. Und wenn wir sie umbenennen, müssen unsere 75 Kunden in 50 Ländern damit auch zufrieden sein. Daher ist noch gar nicht klar, zu was für einem Ergebnis wir kommen. Wenn es einen neuen Namen gibt, muss der großartig sein.

Bis Ende des Jahres damit fertig.

Und wie viel können Sie selbst da mitreden – macht Boeing Druck?

Nein! Wir wollen alle einen Namen, der Sinn macht und von Kunden und Geschäftspartnern gemocht wird. Wir haben viele sehr erfahrene Markenexperten, die das sicherstellen werden. Daher wird es auch eine Weile dauern.

Was ist da der Zeithorizont?

Ich würde begrüßen, wenn wir Ende des Jahres damit fertig wären.

In welchen Märkten erhoffen Sie sich einen Schub durch die Marke Boeing?

In Nordamerika sind wir mit vielen Kunden wie Delta, American, United, Jetblue oder Alaska schon gut vertreten und vor allem bekannt. Ähnlich sieht es in Europa aus mit Kunden wie British Airways, Lufthansa, Air France und anderen. Lateinamerika ist unsere Heimat. Auch in Nahost sieht es eigentlich gut aus. Schwierig wird es, wenn man dann noch weiter östlich geht.

Wohin genau?

Nach Südostasien und China. Da sind wir noch nicht, wo wir gerne wären.

Der Markt in Südostasien beginnt sich erst jetzt zu öffnen.

Warum ist das so?

Das liegt auch daran, dass es da verschiedene Zyklen gibt. Bis vor Kurzem noch wurde dort ein Airbus A330, der in Europa und den USA als Langstreckenjet gilt, als Regionaljet eingesetzt. Aber nun werden viele Leute reicher und es gibt eine Nachfrage nach direkten Flügen zwischen zweit-, dritt- oder sogar viertrangigen Metropolregionen. Und da lohnt es sich nicht, einen A320 oder eine Boeing 737 einzusetzen. Dieser Markt ist der für große Regionaljets - also für unsere Flugzeuge. Er beginnt sich erst jetzt zu öffnen.

Und warum fiel es Ihnen bisher schwer, dort Kunden zu gewinnen?

Es ist in dieser Gegend nicht leicht, die Kunden zu treffen. Die Leute sind hochbeschäftigt – immerhin müssen sie eine Airline betreiben und Geschäfte machen. Und der Verkauf von Flugzeugen braucht Zeit, das macht man nicht mal schnell bei einem Kaffee. Airbus und Boeing als bekannte Marken haben es da einfacher.

Und wenn jetzt der Zyklus für große Regionaljets beginnt – was kommt als nächstes?

In Zukunft könnten das dann wieder kleinere Flieger sein. Bisher wären da Turboprops, aber in Zukunft könnten das zum Beispiel auch Hybrid-Elektroflugzeuge sein.

Und wäre das eine Option für Embraer, da einzusteigen?

Mit dem Thema beschäftigt sich unsere Innovationseinheit Embraer X. Wir haben zum Beispiel erst gerade unser elektrisches Flugtaxi vorgestellt.

Wir werden nie überheblich, wir waren es auch nie.

Neben Embraer gibt es inzwischen auch noch in anderen Ländern, wie Russland, China oder Japan Konkurrenz in ihrem Marktsegment – Comac, Sukhoi und Mitsubishi etwa. Bereiten Ihnen diese Wettbewerber Sorgen?

Wenn man als Unternehmenschef seine Konkurrenz nicht ernst nimmt, macht man seinen Job nicht. Wir werden dafür bezahlt, paranoid zu sein. Das Ganze verstärkt sich natürlich, wenn die Mitbewerber eine sehr einzigartige Beziehung zu ihren jeweiligen Regierungen haben. Das heißt, sie haben wenig Einschränkungen, was ihre Bilanz betrifft. Aber: Wettbewerb tut uns auch gut. Er bedeutet, dass wir uns noch stärker auf unsere Kunden fokussieren und die profitieren davon.

Sie sind also selbstbewusst?

Das Gute bei Embraer ist: Wir werden nie überheblich, wir waren es auch nie. Aber: Wir sind seit 50 Jahren im Geschäft. Etwa 1500 unserer Flieger sind in der ganzen Welt unterwegs. Wir sind, was den Marktanteil betrifft, die Nummer Eins. Und das haben wir geschafft, indem wir in den fünf Jahrzehnten kontinuierlich den hart umkämpften Markt beackert haben. Es reicht nicht, nur ein modernes Flugzeug zu bauen. Man braucht auch die Infrastruktur, um es zuverlässig zu warten und den Kunden die entsprechenden Dienstleistungen zu bieten. Das passiert nicht über Nacht und dort beweisen wir eine unschlagbare Zuverlässigkeit.

John Slattery arbeitet seit 2011 für Embraer, 2016 wurde der Ire Chef der Sparte Verkehrsflugzeuge. Zuvor verbrachte John fünfzehn Jahre in leitenden Positionen bei verschiedenen führenden Beratungs-, Leasing- und Finanzierungsunternehmen im Bereich der kommerziellen Luft- und Raumfahrt.

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