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Harald Walter Robl, General Atomics Europe

«Sehen für die Dornier 228 ein gutes Marktpotenzial»

Der amerikanische Technologiekonzern General Atomics Europe übernimmt die Dornier 228. Im Interview spricht Chef Harald Walter Robl über Weiterentwicklung, neue Modelle und Kooperationen.

Sind sie schon einmal mit einer Dornier 228 geflogen?
Harald Walter Robl*: Nachdem ich bereits vor einigen Jahren für einen Inseltransfer in einer Dornier 228 mitfliegen durfte, habe ich vor kurzem in Oberpfaffenhofen die erste Gelegenheit genutzt, erneut in diesem weltweit sehr geschätzten Flugzeug mitzufliegen. Es ist natürlich jetzt eine ganz andere Perspektive, in einem Flugzeug zu sitzen, dessen Besonderheiten man ganz genau kennt und für dessen Fortentwicklung ich künftig Verantwortung tragen werde.

Und was verbinden Sie ganz persönlich mit dem Turbopropflugzeug?
Die Do228 fußt auf einer langen Tradition hervorragender Flugzeugbauer. Ich bin in Bayern geboren und in München aufgewachsen, also sehr nahe dort, wo die Dornier 228 seit 1981 produziert wird.
Ich freue mich darauf, künftig die Verantwortung dafür zu tragen, dass dieses Flugzeug nicht nur wieder den Ansprüchen genügen wird, die unsere Kunden berechtigt an uns stellen. Die Do228 wird zudem die Plattform für innovative Weiterentwicklungen sein. Damit schlagen wir die Brücke von der großen Tradition in eine innovative Zukunft.

Jetzt kaufen Sie mit General Atomics Europe die Rechte an der Dornier 228 vom Schweizer Staatskonzern Ruag. Warum?
Wir erwerben zuallererst ein Unternehmen mit erfahrenen und motivierten Mitarbeitern und einer breiten zertifizierten Basis für Entwicklung, Herstellung und Wartung von Luftfahrzeugen. Diese umfassende Kompetenz ist in Deutschland nicht mehr sehr häufig anzutreffen. Für uns bedeutet diese Akquisition eine nachhaltige Verstärkung unserer Marktposition in der europäischen Luftfahrtindustrie. Durch die Bündelung der Kompetenzen von General Atomics Europe und Ruag Aerospace Services haben wir eine Technologiegruppe geschaffen, die sowohl im zivilen als auch im militärischen Luftfahrtgeschäft über gute Wachstumschancen verfügt. Perspektivisch sehen wir insbesondere ein großes Potential in der Kombination des Know-hows rund um die Do228 mit den Kompetenzen von General Atomics im Bereich der unbemannten Flugzeuge. General Atomics hat immer den Anspruch, Innovationstreiber zu sein. Und genau das möchten wir auch mit dieser Übernahme erreichen: Mit unseren gebündelten Kompetenzen wollen wir beispielsweise in der zivilen Frachtfliegerei ganz neue Impulse setzen.

Wir sehen die Chance, Impulse für eine künftige unbemannte Frachtfliegerei setzen zu können.

Aber Ruag verkaufte in den letzten 18 Jahren nur rund ein Dutzend Exemplare der Neuversion der Dornier 228…
Es ist kein Geheimnis, dass das Do228-Programm weiterentwickelt werden muss. Genau das nehmen wir jetzt in Angriff. Unsere künftige Ausrichtung wird konzeptionelle Veränderungen mit sich bringen. Hierzu haben wir ein tragfähiges Zukunftskonzept erarbeitet, welches alle Seiten, also nicht nur den derzeitigen Eigner Ruag, sondern auch die Belegschaft und die Gewerkschaft, sowie auch die Bayerische Staatsregierung überzeugt hat. Auch die ersten Kundenreaktionen sind enorm positiv. Zu den Details werden wir uns zu gegebener Zeit detaillierter äußern. Aktuell ist dafür noch nicht der Zeitpunkt. Fest steht, wir gehen die zur Weiterentwicklung notwendigen Maßnahmen jetzt mit Entschlossenheit an und werden mit einem neu justierten strategischen Fokus in den Markt gehen.

Was kann General Atomics einbringen, um die Do 228 besser zu verkaufen? Mit welchen Verkaufszahlen planen Sie?
Es ist jetzt nicht die Zeit, um mit marktschreierischen Ankündigungen oder gar reißerischen Verkaufszahlen in die Öffentlichkeit zu gehen. Wir werden uns die notwendige Zeit nehmen, um alle Aktivitäten sehr genau zu analysieren, aber wir sehen sowohl für die Produktion als auch die Wartung der Dornier 228 gute Entwicklungschancen.

Versuchen Sie den Flieger so zu verkaufen, oder werden nochmals Änderungen vorgenommen?
Unser Zukunftskonzept baut in der Tat auf der Lösung einiger Hausaufgaben auf. Verbunden damit ist die moderate Weiterentwicklung der aktuellen Do 228 NG. Darüber hinaus und mit unserem Know-how aus der unbemannten Luftfahrt sehen wir zusätzlich die Chance, über den derzeitigen Einsatzzweck der Do228 hinausgehend Impulse für eine künftige unbemannte Frachtfliegerei setzen zu können.

Im gleichen Segment gibt es aber viel Konkurrenz. Die tschechische Let L-410, die chinesische Harbin oder den Klassiker: die De Havilland Canada DHC-6 Twin Otter zum Beispiel…
Wir haben Konkurrenz noch nie gefürchtet, sind aber gut beraten, zuerst auf uns selbst zu sehen. Die Do228 ist ein vielseitig einsetzbares Flugzeug mit herausragenden Flugeigenschaften, für das wir auch in Zukunft ein gutes Marktpotenzial sehen. Die Kundenresonanz, die wir auf unsere ersten Vorstellungen erhalten haben, bestätigen das.


Dornier 228 im Flug: Bild: Ruag

Mit der D328 Eco wird ebenfalls an einem Nachfolger für ein Dornier-Flugzeug gearbeitet. Macht Ihnen diese deutsche Konkurrenz Sorgen?
Die Dornier 328 ist einem anderen Marktsegment zuzuordnen und daher keine Konkurrenz zur Do228. Im Gegenteil begrüßen wir die Entwicklung dieses Regionalflugzeuges, da es den Luftfahrtstandort Deutschland insgesamt stärkt. Wir werden daher vielmehr die Möglichkeiten zur Kooperation suchen.

Also könnten Sie sich vorstellen, dass die beiden Projekte auch mal kooperieren?
Im Moment ist es noch zu früh, über konkrete Kooperationen zu sprechen. Wir stehen aber Gesprächen aufgeschlossen gegenüber. Wir von unserer Seite werden offen auf die Kollegen bei Deutsche Aircraft zugehen.

Wird die Do 228 ihr einziges Modell bleiben oder können Sie sich auch einen Ausbau des Produktportfolios mit weiteren Modellen vorstellen?
Der Standort Oberpfaffenhofen wird künftig sowohl im Bereich der bemannten als auch der unbemannten Flugzeuge eine Rolle spielen. Hier ergeben sich spannende Möglichkeiten. Für konkrete Aussagen ist es aber noch zu früh.

Sie kaufen nicht nur das Flugzeugmodell, sondern die gesamten Luftfahrtaktivitäten von Ruag in Oberpfaffenhofen. Dazu gehört auch ein Wartungsbetrieb für zivile und militärische Flugzeuge. Planen Sie da einen Ausbau?
Wir haben uns bewusst für das gesamte Unternehmen und damit das gesamte bestehende Portfolio in Oberpfaffenhofen entschieden, weil wir an die Leistungsfähigkeit des gesamten Teams glauben. Wir sehen für alle drei Geschäftsfelder gute Entwicklungspotenziale.

Der Erfolg gibt der Unternehmerfamilie Blue recht.

Was haben Sie bezahlt?
Wie in solchen Transaktionen üblich haben die Vertragsparteien Stillschweigen über die Konditionen vereinbart, Dafür bitten wir um Verständnis. Wir möchten auch keine Spekulationen schüren.

Entsorgung von Munition, Herstellung von Stahlbetonfertigteilen, Baugrundsanierungen, Bau von Schienenfahrzeugen, Produktion von Teilen für die Flugzeugindustrie – General Atomics ist bisher nur am Rande in der Branche tätig. Was bringt Ihnen die Diversifizierung?
Unsere Kernkompetenz ist das Management technisch anspruchsvoller Geschäftsfelder. General Atomics hat für die gesamte Gruppe immer den Anspruch, Innovationstreiber zu sein und Märkte zu revolutionieren. Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir in unterschiedlichen Branchen erfolgreich sein können und halten daran auch zukünftig fest. Unsere Aufstellung spiegelt die Grundhaltung unserer Eigentümerfamilie wider, die in einer großen Bandbreite von Technologiefeldern aktiv und nachhaltig erfolgreich ist. Gerade im letzten Jahr in einer allgemeinen Pandemie und in einer dadurch verursachten Wirtschaftskrise zeigt sich die Stärke diversifizierter Unternehmensgruppen, die leichter zu einer gewissen Ausbalancierung in der Lage sind.

Riskieren Sie nicht, sich zu verzetteln?
Der Erfolg gibt der Unternehmerfamilie Blue recht. Die konsequente, innovative Weiterentwicklung von Technologien sehen wir als wesentliche Stärke von General Atomics. Zudem ermöglicht uns die breite Aufstellung gerade in Krisenzeiten eine nachhaltige Risikodiversifizierung. Gerade aber diese Transaktion und die Übernahme des Luftfahrtstandortes Oberpfaffenhofen stärkt den Schwerpunkt unserer Ausrichtung nachhaltig.

* Harald Walter Robl (57) wuchs in und um München auf. Er studierte Rechtswissenschaften und arbeitete danach als Rechtsanwalt. Seit 2014 ist er Chef von General Atomics Europe.