Das deutsche Verkehrsministerium ließ untersuchen, was die Luftfahrt in Deutschland bremst. Die hohen Kosten seien nur ein Grund, so das Resultat. Auch die Dominanz von Lufthansa sei schuld. Und dagegen gebe es ein Gegenmittel.
Die Luftfahrtbranche klagt über die hohen Standortkosten in Deutschland. Dabei führt sie die unterdurchschnittliche Erholung der Passagierzahlen an deutschen Flughäfen als Beweis an. Die Zahl der an deutschen Flughäfen abfliegenden Passagierinnen und Passagiere erreichte nämlich zwischen Oktober 2023 und September 2024 mit knapp 100 Millionen Personen nur rund 80 Prozent des Niveaus von vor der Pandemie. Der Rest der EU liegt bereits wieder bei 104 Prozent.
Doch so einfach ist es nicht, so die Quintessenz eines Gutachtens, welches das Bundesministeriums für Digitales und Verkehr beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR in Auftrag gegeben hat. Es gebe eine «Vielzahl an mutmaßlichen Gründen für die schwache Entwicklung», hält es fest. Die Standortkosten – Flughafenentgelte, Flugsicherungs- und Luftsicherheitsgebühren sowie Luftverkehrsteuern – lägen im europäischen Vergleich tatsächlich «im oberen Bereich», heißt es. Deutschland liege mit Großbritannien und den Niederlanden an der Spitze der teuren Länder.
Doch es gebe auch viele andere Gründe für das Zurückbleiben Deutschlands, schreibt das DLR im Gutachten. So sei der innerdeutsche Flugverkehr massiv zurückgegangen - auf rund die Hälfte. Dies liege an vermehrten Online-Besprechungen. Zudem hätten Verbindungen nach Russland und in die Ukraine eine stärkere Bedeutung gehabt als in anderen Ländern und umso mehr spüre man deren Wegfall.
Ein besonders wichtiger Grund sei aber auch das schwache Wirtschaftswachstum der Bundesrepublik seit der Pandemie. Und nicht zuletzt habe das Ende von Air Berlin zu einer höheren Marktkonzentration von Lufthansa Group geführt - eine Situation die nie wettbewerbsfördernd ist. Und so sind die Ticketpreise gemäß der Untersuchung des DLR in Deutschland höher als in jedem anderen europäischen Land (siehe Grafik).
Dabei macht das Institut für Luftverkehr des DLR als Gutachter einen folgerichtigen, aber auch brisanten Vorschlag: Um die Marktkonzentration zu verringern, brauche es mehr Konkurrenz. Man müsse untersuchen, «ob und wie neue, konkurrierende Angebote möglichst großflächig und dauerhaft im (inner)deutschen Verkehr etabliert werden können».
Es nennt eine Kooperation von Condor oder Tuifly oder auch der Deutschen Bahn mit der Skyteam- oder Oneworld-Allianz als Möglichkeit. Das könne helfen, «ein Gegengewicht zur innerdeutschen Marktmacht der Star Alliance beziehungsweise Lufthansa-Gruppe aufzubauen».
Die strategische Position einer konkurrierenden Allianz könnte so in Deutschland so gestärkt werden, heißt es. Der Versuch ist nicht ganz neu. 1992 beteiligte sich British Airways an der Stuttgarter Delta Air und baute sie zur DBA um. Die Briten versuchten damit, im deutschen Markt stärker Fuß zu fassen und Zubringerverkehr ans Drehkreuz London zu leiten. Doch der Versuch scheiterte. 2003 verkaufte der britische Konzern die deutsche Fluglinie wieder.