Jordi Boto, neuer Chef der EFW Elbe Flugzeugwerke: «Werden uns Gedanken machen müssen, wie wir im Rüstungsbereich wachsen können.»

Jordi Boto, neuer Chef der EFW Elbe Flugzeugwerke: «Werden uns Gedanken machen müssen, wie wir im Rüstungsbereich wachsen können.»

EFW Elbe Flugzeugwerke

Jordi Boto, EFW Elbe Flugzeugwerke

«Können Frachter für einen Bruchteil des Preises anbieten»

Jordi Boto ist neuer Chef der EFW Elbe Flugzeugwerke. Der Spanier übernimmt das Unternehmen in einer Boomphase, weiß aber, dass sich einiges verändern wird - und muss.

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Von seinem Büro aus hat Jordi Boto einen freien Blick auf das Vorfeld des Flughafens Dresden. «Leider sehe ich derzeit nicht das, was ich mir wünschte», sagt der Spanier nachdenklich. Auf dem Beton unten stehen Militärhubschrauber der US Air Force aufgereiht, die hier im Osten Deutschlands einen Zwischenstopp einlegen, bevor sie weiter Richtung Nato-Ostgrenze fliegen. «Das ist ein trauriges Bild.»

Boto hat am 1. April die Führung der EFW Elbe Flugzeugwerke übernommen. Und er weiß, dass das, was sich vor seinem Fenster als sichtbares Zeichen des schrecklichen Krieges in der Ukraine manifestiert, auch Folgen für das Dresdner Traditionsunternehmen mit rund 1900 Mitarbeitenden haben wird. «Wir werden uns Gedanken machen müssen, wie wir im Rüstungsbereich wachsen können», sinniert der neue Chef im Gespräch mit aeroTELEGRAPH in perfektem Deutsch.

«Ganz einfache Verhältnisse»

Geboren wurde Boto 1969 in Katalonien in den Pyrenäen. «Das dritte Dorf links nach der Grenze zu Frankreich», scherzt er. Seine Großeltern waren Weinbauern und sein Vater arbeitete in einer Chemiefabrik, seine Mutter schaute nach dem Haushalt. «Es waren ganz einfache Verhältnisse.» Das hat ihn geprägt, aber nicht daran gehindert, in die Welt hinauszugehen.

Boto studierte zuerst in Spanien und den USA Satellitentechnik und machte in der Armee Karriere. Er wurde Hubschrauberpilot und war auch in Ex-Jugoslawien im Einsatz. Danach schrieb er seine Diplomarbeit in Deutschland und lernte dort seine Frau kennen, inzwischen besitzt er neben dem spanischen auch den deutschen Pass.

Übernahme in einer Boomphase

Er begann nach dem Studium bei Siemens zu arbeiten, wechselte zur Dasa und kam so schließlich zu Airbus. Er arbeitete später für den Luftfahrtriesen in Großbritannien und Frankreich, wo er zuletzt unter anderem für Power 8, eines der größten Restrukturierungsprogramme der Luftfahrtindustrie, zuständig war.

Boto übernimmt bei EFW von Andreas Sperl, der nach 15 Jahren abtritt, in einer Boomphase. Frachtflugzeuge werden gerade stark nachgefragt. Und da können die Elbe Flugzeugwerke eine attraktive Lösung anbieten. Denn sie bauen Passagierflugzeuge von Airbus in Frachter um. «Ein Airbus A321 hat sogar mehr Frachtvolumen wie eine Boeing 757». sagt Boto, «aber er verbraucht rund 15 Prozent weniger Treibstoff.» Das sei ein starkes Argument.

Airbus A330 P2F kann Boeing 757 F ablösen

Aber auch der Brexit helfe, da wegen Fahrermangel einige Logistiker von LKWs auf das Flugzeug umsteigen. Seit neuestem bieten die EFW auch umgebaute A320 an. Auch beim Umbau von A330 laufen die Geschäfte gut. Denn zum einen brauchen viele Airlines weniger Passagiermaschinen, Fracht ist da eine gute Alternative.

Zum anderen haben die gerne im internationalen Frachtverkehr eingesetzten Boeing 757 eine beschränkte Reichweite. «Das wird gerade im Kontext der Luftraumsperrung in Russland ein Thema, denn viele Routen sind länger geworden», so Boto, aus dem die Sätze nur so sprudeln.

«Cargoflugzeuge für einen Bruchteil des Preises eines neuen Flugzeuges»

Die Elbe Flugzeugwerke bauen A320, A321 und A330-300 und A330-200 zu Frachtern um, die danach A320P2F, A321P2F, A330P2F heißen. «Airbus hatte lange Zeit keinen Fokus auf Frachter gelegt», so Boto. Die Flieger seine voll aufs Passagiergeschäft ausgerichtet gewesen, wo höhere Margen erreichbar gewesen seien. Das habe sich geändert, mit dem A350 F sei auch ein konkurrenzfähiger Frachter im Angebot.

Dazu seien die Umbaufrachter eine gute Ergänzung. «Wir können Cargoflugzeuge für einen Bruchteil des Preises eines neuen Flugzeuges anbieten», so Boto. Die EFW Elbe Flugzeugwerke gehören heute zu 45 Prozent Airbus und zu 55 Prozent dem singapurischen Rüstungskonzern ST Engineering.

«Wir müssen liefern»

Das Angebot kommt gut an. «Kommerziell sind wir sehr erfolgreich unterwegs», so Boto. Letztes Jahr hätten die EFW von den Werken in Dresden, in China und in Singapur acht Flieger ausgeliefert, 2022 kommen weitere Standorte auch in den USA hinzu und es würden schon 28 sein, 2023 dann 50 und ab 2024 sogar 60, so der Spanier.

«Wir müssen aber jetzt industriell auf die Höhe unserer Ambitionen kommen», so Boto. Man habe in den letzten Monaten sehr viel Bestellungen eingesammelt und müsse diese nun auch in der vereinbarten Qualität und zum vereinbarten Zeitpunkt abschließen. «Wir müssen liefern.»

Lieferanten enger miteinbeziehen

Er gibt sich aber zuversichtlich, dies zu schaffen. Die Belegschaft sei hochmotiviert und habe es in Rekordzeit geschafft, die Produktionsabläufe in Dresden neu zu organisieren. Damit sei es aber noch nicht getan, so der Manager. Man müsse weiter optimieren und vor allem auch die Lieferanten enger in neue Prozesse einbeziehen.

Boto sieht die EFW auch an einem wichtigen Kreuzweg stehen. Umbaufrachter seien quasi neue Flugzeuge. Es seien auch keine Airbus-Flugzeuge, sondern EFW-Flugzeuge mit eigener Zulassung. «Wir werden sie 30 bis 40 Jahre begleiten müssen. Wir müssen die Flotten warten, unterhalten, weiterentwickeln», erklärt er. Das biete viele Chancen, aber sei auch eine Herausforderung.

Eine neue Rolle für die EFW

«Das ist eine ganz neue Rolle für uns.» Und dann greift Boto auf ein Bild aus dem Weinbau zurück, dem Metier seiner Vorfahren: «Wir haben jetzt die Reben angepflanzt, aber die geben ja erst in 30 Jahren gute Wein. Damit es dazu kommt, müssen wir sie von Beginn an gut pflegen – kontinuierlich, über viele Jahre hinweg. »

Die EFW bieten aber nicht nur sogenannte Konversionen an, sondern warten auch Flieger. «Die Fähigkeiten sind komplementär. Bevor ein Flugzeug zum Frachter umgebaut werden kann, muss es grundlegend gewartet werden», erklärt Boto. Zwischen 5000 und 18.000 Stunden benötige das. In Zukunft werde man sich dabei aber voll auf die Wartung von P2F-Flugzeugen konzentrieren, wo man spezialisiert sei.

Spezialisierung in der Wartung

Daneben biete man nur noch Dienste in hochwertigen Nischen an, wie etwa dem Einbau von Bordküchen, Liegeplätze der Besatzungen oder komplizierte Kabinenumbauten, wo es viel Ingenieursarbeit brauche. «Da sind wir stark», so EFW-Chef Boto. Daneben fertigt das Unternehmen auch alle Bodenplatten für alle Airbus-Jets und weitere Leichtbau-Produkte bis hin zu Composite Kabinensystemen. Ein weiteres Standbein, das dank dem Hochfahren der Produktion beim Flugzeugbauer boomt.

Ein viertes Standbein ist noch jung. Die EFW warten auch Hubschrauber für die Bundeswehr. «Auf das Rüstungsgeschäft werden wir künftig vermehrt ein Augenmerk legen müssen», so Boto. «Die Welt hat sich verändert.»

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