Constantin von Alvensleben: «Tirana ist der am besten verbundene Flughafen in der Region».

Constantin von Alvensleben: «Tirana ist der am besten verbundene Flughafen in der Region».

Tirana Airport/Montage aeroTELEGRAPH

Constantin von Alvensleben, Tirana International Airport

«Potenzial für Sommercharterverkehr Richtung USA»

Constantin von Alvensleben ist Chef des Flughafens Tirana. Im Interview erklärt er die Bedeutung des Italiengeschäfts, die Konkurrenz durch den geplanten Airport in Vlora und die Aussichten für Langstreckenflüge.

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Solche Szenen sieht man in Zeiten der Pandemie nur selten. Am Flughafen von Tirana wurde vergangenes Wochenende ein Flugzeug mit einer Wasserfontäne der Flughafenfeuerwehr begrüßt. Flydubai nahm die Strecke von Dubai in die albanische Hauptstadt auf. «Es ist ein neues Kapitel für den Flughafen, das mit diesem ersten Flug aus Dubai aufgeschlagen wird. Es ist ein sehr wichtiges Ereignis, denn in diesen pandemischen Zeiten brauchen wir neue Märkte», kommentierte Tourismusminister Blendi Klosi.

Doch auch der Tirana International Airport spürt die Corona-Krise - wenn auch etwas weniger als viele andere Flughäfen. aeroTELGRAPH hat sich mit Flughafenvorstand Constantin von Alvensleben über die aktuelle Lage und die Zukunftspläne unterhalten.

Der Flughafen Tirana hat sich im vergangenen Jahr recht gut behauptet. Worauf führen Sie das zurück?

Constantin von Alvensleben*: 2020 war eines unserer schwierigsten Jahre. Rückblickend können wir aber sagen, dass wir die Krise zusammen mit unseren Partnern, insbesondere mit den Fluggesellschaften, relativ gut gemeistert haben. Nach den 3,3 Millionen Passagieren 2019, hat sich unser Verkehr um 60 Prozent auf rund 1,3 Millionen Passagiere reduziert. So wenige Passagiere hatte unser Airport zuletzt 2009 abgefertigt. Wir haben aber unser Bestes getan, um diesen Verkehrs- und Einnahmeverlust wegen der fehlenden Familienreisenden nach Italien, unserem Hauptmarkt, zu verkraften.

Welches war für Sie die härteste Zeit?

Zwischen dem 12. März und dem 15. Juni, als der Tirana International Airport für jeglichen kommerziellen Verkehr geschlossen war und nur Rückführungs-, humanitäre, Ambulanz- und Frachtflüge bedient wurden. Die Sommermonate brachten eine gewisse Erleichterung, da der Charter- und Ferienverkehr unseren Linienverkehr ergänzte und brachte etwas Optimismus zurück. Wir haben das ganze Jahr über unseren Service beibehalten und waren in unserer Funktion weiterhin das Tor nach Albanien. Für die nächsten Monate erwarten wir, dass der Verkehr weiter gedrosselt bleibt, solange die Albaner mit dem Reiseverbot der EU-Mitgliedsstaaten konfrontiert sind.

Was braucht es für eine Erholung?

Der Erholungsprozess erfordert sicherlich Fortschritte bei der Impfung der Albaner. Zusätzlich könnte ein digitaler Impfpass, wie er derzeit in der EU und von der albanischen Regierung diskutiert wird, zur Lockerung der Reisebeschränkungen beitragen. Der Flughafen Tirana könnte sich insgesamt aufgrund der weit verbreiteten albanischen Diaspora, schneller erholen als andere Flughäfen.

Das hat relativ gut funktioniert, allerdings um den Preis eines Personalabbaus und von Kurzarbeit.

Wie lief es 2020 finanziell?

Unsere Einnahmen wurden ungefähr im gleichen Maße wie unser Verkehr getroffen, also minus 60 Prozent. Da viele Kosten an einem Flughafen fix sind, musste das Management schnell und innovativ sein, um einen Liquiditätsengpass zu vermeiden. Das hat relativ gut funktioniert, allerdings um den Preis eines Personalabbaus und von Kurzarbeit. Natürlich wurden auch die Wartungskosten so weit wie möglich reduziert und die Bau- und Beschaffungskosten gesenkt. Trotz all dieser Maßnahmen blieb der sichere Betrieb unsere absolute Priorität, während wir gleichzeitig intensiv mit unseren Fluggästen und der albanischen Öffentlichkeit kommunizierten.

Kurz vor Jahreswechsel gab einen Eigentümerwechsel. Die albanische Kastrati Group hat für 70 Millionen Euro die Konzession übernommen. Warum kam es dazu?

Seit Dezember hat der Tirana International Airport einen neuen Alleineigentümer, die Kastrati Group. Sie ist sehr erfahren in Infrastrukturbereichen und vor allem ist sie ein erfahrenes albanisches Unternehmen. Wir als Management fühlen uns von unserem neuen Aktionär sehr gut unterstützt. Ich denke, der neue Anteilseigner hat einen detaillierten und ehrgeizigen Investitionsplan, der sich in jeder Hinsicht äußerst positiv auswirken wird. Die Verlängerung des Konzessionsprojekts wurde soeben vom Parlament bis 2040 genehmigt.

Warum stieg der frühere chinesische Eigentümer aus?

Ich kann sagen, dass er sich intensiv engagiert und den Tirana International Airport in jeder Hinsicht unterstützt hat. Zu den Gründen für den Verkauf kann ich nichts sagen.

Bereits 2019 wurde das Ausbauprogramm  gestartet. Welche Projekte stehen als nächste an?

Im Rahmen der Änderungen des Konzessionsvertrags hat der Tirana International Airport angekündigt,  rund 100 Millionen Euro zu investieren. Der Schwerpunkt wird dabei auf die Erhöhung der Passagierkapazität auf sechs Millionen pro Jahr, der Verlängerung der Start- und Landebahn, der Verbesserung der Flughafeninfrastruktur und der deutlichen Verbesserung der Servicequalität gelegt.

Wir werden die Passagiergebühr sehr bald von 12,50 Euro auf 10 Euro senken.

Bedeutet das höhere Kosten für die Fluggesellschaften?

Nein. Ein ganzes Paket an Maßnahmen, wie die Senkung des Passagiertarife, der Liberalisierung der Bodenabfertigungsdienste und des Marktes für Flugzeugtreibstoffe, werden zu niedrigeren Kosten führen, die unmittelbare positive Auswirkungen darauf haben werden, dass neue Lowcost-Fluggesellschaften kommen werden. Die Ticketpreise werden sinken, was wiederum zu einer Entspannung der Marktsituation nach der Pandemie führen wird.

Die Kastrati Group hat als neuer Eigentümer angekündigt, die Kosten bei der Abfertigung zu reduzieren. Ein Zugeständnis an die Billigairlines?

Ich kann bestätigen, dass wir die Passagiergebühr sehr bald von 12,50 Euro auf 10 Euro senken werden. Wir sehen dies sehr wohl als unseren Beitrag zur Erholung des Flugverkehrs. Wir denken auch, dass dies zu niedrigeren Reisekosten für die Passagiere beitragen wird, insbesondere wenn wir in der Lage sind, für mehr Wettbewerb unter den Fluggesellschaften auf den wichtigen Strecken zu sorgen.

Wizz Air hatte im vergangenen Jahr die Stationierung von drei Airbus A320 in Tirana angekündigt, wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Aufgrund der Pandemie war das Verkehrswachstum nicht so gut wie erwartet, aber mit 24 Prozent des Verkehrs war Wizz Air die stärkste Fluggesellschaft im Jahr 2020. Das zeigt, wie erfolgreich das Lowcost-Segment sein kann. Wir haben hier auch Easyjet. Darüber hinaus bieten unsere beiden lokalen Fluggesellschaften Air Albania und Albawings günstige Tickets zu italienischen Zielen und mehr an. Wizz Air wird in diesem Sommer zudem  ein viertes Flugzeug in Tirana stationieren.

Tirana ist der am besten verbundene Flughafen in der Region.

Mehr als vier Millionen Albaner leben im Ausland, sehen Sie ein Potenzial für zukünftige Langstreckenflüge ab Tirana?

Die Langstreckenziele werden von Tirana aus über leistungsfähige internationale Drehkreuze sehr gut bedient. Natürlich gibt es Potenzial um in Zukunft zumindest einen Sommercharterverkehr Richtung USA aufzubauen.

Wie zufrieden sind Sie mit den Hub Anbindungen der großen Netzwerkairlines, sehen Sie noch Potential?

Tirana ist der am besten verbundene Flughafen in der Region und darauf sind wir sehr stolz. Wir bieten mehrmals täglich Flüge zu den meisten internationalen Drehkreuzen wie: Wien, Frankfurt, Istanbul, Rom, Belgrad, Athen und London, was unseren Passagieren eine große Auswahl in Bezug auf Reisezeit, Preis und Zielort bietet. Der Umsteigeverkehr macht etwa 27 Prozent unseres Gesamtverkehrs aus. Darüber hinaus hat der Start des Fluges von Flydubai, die Konnektivität unserer Passagiere durch das Drehkreuz in Dubai im Emirates-Codeshare zu 161 Zielen im Indischen Ozean, Afrika und Australien und Asien erhöht.

Die albanische Regierung hat vor wenigen Tagen angekündigt, einen zweiten internationalen Flughafen an der Südküste bei Vlora zu bauen. Rechnen Sie mit einem Einbruch der touristischen Flüge, sobald der eröffnet wird?

Der Flughafen Vlora wird ein touristisches Ziel und die meisten Passagiere, die Albanien während der Sommersaison besuchen, vor allem diejenigen, die den Süden als ihr Ziel wählen, werden diesen Flughafen ansteuern. Das ist für uns eine direkte Konkurrenz, da wir in der Sommersaison den größten Passagierverkehr haben. Wir schätzen jedoch, dass Albanien im Bereich der zivilen Luftfahrt noch andere ungenutzte Potenziale hat.

Wie wichtig sind die Heimanbieter Albawings und Air Albania für die langfristige Entwicklung des Standortes?

Obwohl Air Albania den Flugbetrieb erst Mitte 2019 aufgenommen hat, ist es ihr gelungen, nicht nur die erste Verbindung nach Istanbul im Codeshare mit Turkish Airlines aufzubauen, sondern auch drei weitere Routen am italienischen Markt einzuführen, die auch im schwierigen Jahr 2020 durchgeführt wurden. Albawings ist eine konsolidierte Fluggesellschaft, die mit einer großen Anzahl an italienischen Destinationen zum Flugplan beiträgt. Da Italien unser Hauptmarkt ist, sind wir sehr froh Albawings im Codeshare mit Blu Panorama zu haben, was für ein sehr zuverlässige Passagierströme  sorgt.

* Constantin von Alvensleben (58) studierte Jura an der Universität Bonn. Er arbeitet seit vielen Jahren in den Bereichen Flughäfen und der Immobilienentwicklung. Von 2005 bis 2007 leitete er den einzigen Flughafen in Albanien bereits einmal. Im September 2019 kehrte er zurück und wurde Chef des Tirana International Airports.

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