Helvetic Airways schreibt Geschichte – mit dem bislang größten Flugzeug, das je am London City Airport landete. Doch der Stadtflughafen der britischen Metropole will noch mehr als die Embraer E195-E2.
Es war weder eine Flugzeugtaufe noch die Eröffnung einer neuen Route. Und dennoch lag am Dienstagmorgen (26. März) eine gewisse Feierstimmung in der Luft am Gate D43 des Flughafens Zürich. Bei Kaffee und Gipfeli - so heißt die Schweizer Version des Croissants - stimmte Helvetic Airways die Gäste von Flug LX456 auf einen besonderen Anlass ein. Sie flogen mit dem bislang größten Jet, den je eine Airline zum London City Airport schickte.
Die Embraer E195-E2 misst 41,5 Meter und überragt sämtliche bisherigen Flugzeugmodelle, die den Londoner Stadtflughafen bislang ansteuerten. London City ist bekannt für seine kurze Piste und steilen Anflüge – beides Faktoren, die spezielle Zulassungen für Flugzeuge und Pilotinnen und Piloten erforderlich machen. Und so landeten dort bisher nur ausgewählte Modelle wie Airbus A318 und A220-100 oder Embraer E-Jets.
Dass dieser Flug für Helvetic von großer Bedeutung war, zeigte auch die hochkarätige Besetzung an Bord: Neben Geschäftsführer Tobias Pogorevc und Verwaltungsratspräsident Leonardo de Luca ließ es sich auch Eigentümer Martin Ebner nicht nehmen, beim rund 75-minütigen Flug in die britische Hauptstadt dabei zu sein. Hin- und zurück, versteht sich.
Vor rund zwei Jahren erhielt der London City Airport die Zulassung, größere Flugzeuge wie die Embraer E195-E2 zu empfangen. Doch erst jetzt, mit der Landung der HB-AZI von Helvetic Airways, ist erstmals auch eine Airline mit einem solchen Flieger tatsächlich in LCY – so der Flughafencode des Airports – angekommen.
Helvetic Airways schreibt damit innerhalb von dreieinhalb Jahren zum zweiten Mal Geschichte am Flughafen London City. Bereits im Herbst 2021 landete sie als weltweit erste Airline mit einer Embraer E190-E2 dort. Nun folgte mit der größeren Variante E195-E2 das nächste Kapitel auf der kurzen, aber prestigeträchtigen Landebahn mitten in London.
London-City-Airport-Chefin Alison Fitzgerald war selbst an Bord und zeigte sich erleichtert, dass der Tag endlich gekommen war. «Das Flugzeug ist leiser, sauberer und unterstützt unsere Wachstumsstrategie. Es eröffnet uns neue Möglichkeiten für spannende Destinationen und erlaubt uns, auch im Bereich Nachhaltigkeit zu wachsen», sagte sie. Tatsächlich weist die Embraer E195-E2 den niedrigsten Treibstoffverbrauch pro Sitzplatz von allen in London City verkehrenden Flugzeugen auf.
Doch der London City Airport will noch mehr. Er hat Anfang 2025 die Zulassung für den Airbus A320 Neo beantragt. London City ist jedoch bekannt für seine kompakten Platzverhältnisse – sowohl an den Gates als auch im Terminal. Lounges für Premiumreisende fehlen, Sitzplätze im Wartebereich sind mitunter knapp. Wie passt das mit den Wachstumsplänen zusammen?
«Wir haben eine Reihe von Projekten umgesetzt, die auf die Passagiererfahrung fokussieren: ein millionenschweres Terminal-Upgrade in der Abflughalle, ein größerer Duty-Free-Bereich, neue Restaurants, mehr Sitzgelegenheiten sowie moderne CT-Scanner, bei denen alles im Gepäck bleiben kann», zählt Fitzgerald auf. «Und natürlich bleibt unsere größte Trumpfkarte: Die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der man vom Terminal zum Gate kommt – und umgekehrt.»
Mit der Premiere sicherte sich Helvetic Airways vorerst den Titel des größten Jets in London City. Eigens dafür wurde in der Nacht vor dem Flug ein Aufkleber am Rumpf der HB-AZI angebracht: Largest Aircraft in LCY steht da in großen Lettern. «Das haben unsere Wartungsleute in der letzten Nachtschicht gemacht», lobt Pogorevc sein Team.
Und: Selbst wenn der Airbus A320 Neo zugelassen wird, bleibt die E195-E2 mit ihrer Länge ungeschlagen. Denn: Der ist mit 37,6 Metern etwas kürzer als die E195-E2 – wenngleich er mit bis zu 180 Sitzen auch ein neues Kapazitätsniveau einbringen würde.
«Natürlich gibt es wieder Konkurrenz. Aber man muss sich schon fragen, wer regelmäßig einen Flieger mit 180 Passagieren ab London City füllen kann. So viele Banker gibt es gar nicht», sagt Pogorevc mit einem Schmunzeln. Easyjet oder Ryanair, die auf maximale Einfachheit und Effizienz setzen, passen kaum zu einem komplexen und eher teuren Flughafen wie diesem.» Es gehe nämlich um die richtige Balance zwischen Effizienz, Kapazität und operativer Umsetzbarkeit, führt der Helvetic-Chef weiter aus.
Der Aufkleber werde deshalb wohl noch eine Weile am Rumpf der E195-E2 bleiben. Und mit dem zur Schau gestellten Titel des größten Jets am Platz sei auch eine Botschaft verbunden: Helvetic Airways ist offen für eigene Charterflüge ab dem Londoner Stadtflughafen, insbesondere im Spezialcharterbereich. Oder wie es Pogorevc sagt: «Mit einem Flugzeug mit 134 Sitzen sind wir für Reiseveranstalter und Charterbroker sehr interessant.»
Auch Flughafenchefin Fitzgerald bestätigt: Eine Zulassung des A320 Neo werde noch Zeit in Anspruch nehmen. Sie glaubt aber anders als Pogorevc, dass der Jet eine Zukunft am Stadtflughafen hat. «Es ist derzeit noch sehr früh im Prozess. Aber es wird Platz für beide Flugzeugtypen geben», meint sie. Ihr Traum bleibt klar: Irgendwann solle auch der größere Airbus in LCY landen können – etwa für Flüge nach Kairo, Athen, Casablanca oder Istanbul. Und diesmal, glaubt sie, werde es nicht mehr zwei Jahre dauern, bis die erste Airline bereitsteht.