Letzter Flug von CSA
Eine Traditionsairline ist Geschichte – und lebt dennoch weiter
Am 26. Oktober absolvierte eine der ältesten Airlines der Welt ihren letzten Flug. Doch die Marke bleibt bestehen.
Airbus A310 von CSA: Die Airline hebt nicht mehr ab.
Airbus A310 von CSA: Die Airline hebt nicht mehr ab.
Sie ist eine der ältesten Airlines der Welt: Am 6. Oktober 1923 wurde CSA Czech Airlines gegründet. Der Erstflug fand am 29. Oktober statt. Die Reise zwischen Prag und Bratislava absolvierte ein zweisitziges Doppeldecker-Flugzeug – eine A.14 des tschechischen Flugzeugherstellers Aero.
Als Heimatbasis diente damals der jetzige Verkehrslandeplatz Prag-Kbely. 1937 löste ihn der heutige Prager Hauptstadtflughafen Ruzyne ab. Weitere Inlandsflüge ab Prag nach Kosice, Brno und Marianske Lazne folgten bald. 1927 gründete die Firma Skoda zudem die Airline CLS.
Bunte Flotte zum Start
In Kooperation mit CSA übernahm sie Auslandsflüge. Czech Airlines konzentrierte sich zunächst aufs Inlandsgeschäft. CLS flog unter anderem nach Bukarest, Susak, Zagreb und Moskau, sie hatte auch ausländisch produzierte Flugzeuge wie die De Havilland DH.50, Avia F-VIIb/3m, die in Lizenz gebaute Fokker F.IIIb und die britische Airspeed Envoy zur Flotte.
Die Envoy war gegenüber den Doppeldeckern mit offenen Sitzen schon ein Quantensprung mit geschlossener Passagierkabine für sechs bis acht Fluggäste. Auch das Fahrwerk konnte eingezogen werden. Vier Exemplare kamen ab 1936 zum Einsatz, vor allem auf der Linie Prag – Moskau.
Neue Linien nach Westeuropa
Aber auch die dreimotorige, Ju-52 ähnliche, italienische Savoia-Marchetti SM.73 und die US-amerikanische DC-2 und DC-3 rundeten die Vorkriegsflotte der CSA ab. Nach dem Umzug vom Prager Flughafen Kbely nach Ruzyne nahm die Fluggesellschaft auch neue Linien nach Westeuropa auf. Doch dann besetzte und zerschlug Deutschland 1938 die Tschechoslowakei und auch die CSA. Man integrierte sie in die Deutsche Lufthansa, bevor 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach.
Erstflug: Die Airline hob vor mehr als 100 Jahren ab. Bild: CSA
Am 14. September 1945 wurde CSA – Ceskoslovenske Aerolinie – neu gegründet. Drei verbliebene Junkers Ju-52/3 waren auf der Linie von Prag über Brno nach Bratislava und zurück unterwegs. Es kamen auch zu Passagierflugzeugen umgebaute ehemalige Douglas C-47 hinzu.
Ilyushin in der Flotte
Bereits ab 1946 flog CSA ab Prag wieder Paris und Zürich an. Weitere Strecken führten ab 1947 weiter nach Ankara und Kairo. Mit dem Anschluss an den Warschauer Pakt, der die Nachkriegswelt in Ost und West unterteilte, orientierte man sich an der Sowjetunion. Auch die Flottenmodernisierung richtete sich dorthin aus. Alsbald ersetzten Lisunov Li-2, Ilyushin Il-12 und Il-14 die bisherige Flotte, letztere gar in tschechoslowakischer Lizenzfertigung aus dem Hause Avia als Avia Av-14.
Ab den 1960er Jahren hielten große viermotorige Turboprops des Typs Ilyushin Il-18 mit 100 Sitzplätzen Einzug in die Flotte. CSA verband alle Hauptstädte der osteuropäischen Bruderländer und war im Nahen Osten aktiv. Auch die Hauptstädte Westeuropas flog die Airline an. Bald wurde Prag zu einer Ost-West-Drehscheibe.
Erste Langstrecken nach Montreal und New York
Für weltweite Umsteigeverbindungen kooperierte die Fluggesellschaft mit zahlreichen Airlines – wie etwa mit Aeroflot über Moskau, KLM über Amsterdam und Egypt Air über Kairo. Als erstes Düsenverkehrsflugzeug beschaffte sich das Unternehmen 1957 drei Tupolev Tu-104A, 1969 folgte der erste vierstrahlige Langstreckenflieger des Typs Ilyushin Il-62.
Mit diesem Flugzeug gab es ab Prag denn auch die ersten Langstrecken. Sie führten nach Montreal und New York. Bereits 1969 umfasste das Streckennetz 87.403 km Länge mit 49 Verbindungen. Die Tschechoslowakei war damit luftverkehrstechnisch das offenste Land des Warschauer Paktes mit Kooperationen und Verbindungen in alle Welt.
OK Jet oder CSA?
Die Tschechoslowakei trug den ICAO-Ländercode OK im Kennzeichen, Tschechien tut das noch immer. Zudem nutze CSA die Buchstaben OK als IATA-Code. Daraus machte man einen werbewirksamen Slogan und schrieb auch groß OK als Logo ins Leitwerk. Die Fluglinie nannte sich auch OK Jet.
Alter Flugplan: OK Jet statt CSA. Bild: Deltelf Döbberthin
Die Kolbenmotorflugzeuge der Typen Il-12 und Il-14 wurden durch Jets der Typen Tu-124 und Tu-134 abgelöst, auch neue 30-sitzige dreistrahlige Yak-40 stießen zur Flotte, die im Inland eingesetzt wurden. Auch 19-sitzige Turboprops des Typs Let-410 aus einheimischer Produktion kamen auf Inlandlinien zum Einsatz und wurden durch die neu gegründete Tochtergesellschaft Slov-Air betrieben, die auch Lufttaxi-Aufgaben übernahm.
Agrar-Ableger
Ein weiterer Ableger der CSA war die Agrolet für Agrar- und Spezialflüge. Die Flotte umfasste auch Hubschrauber. Anfang der 1970er-Jahre transportierte CSA jährlich 1,5 Millionen Fluggäste und 25.000 Tonnen Fracht mit einer Flotte bestehend aus 43 Flugzeugen. Speziell die längeren Strecken ab Prag führten die Iljushin IL-62 in den Folgejahren auf Linienflügen bis nach Abu Dhabi, Beirut, Bombay, Hanoi, Havanna, Kuala Lumpur, Kuwait, Montreal, New York und Singapur.
Mit dem Zerfall des Warschauer Paktes und der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre war CSA auch eine der ersten Airlines aus dem Ostblock, die schnell ihre Flugzeuge sowjetischer Bauart durch westliche Muster ersetzte. Sie bestellte bei Airbus zwei fabrikneue A310-300 die bereits im Februar und März 1991 zur Flotte stießen.
Weitere Langstrecken mit Airbus A310
Auf dem Gebrauchtflugzeugmarkt beschaffte sich die Fluglinie zudem je 15 Boeing 737-400 und -500. Die Privatisierung schritt voran und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung beteiligte sich mit 19,1 Prozent an der Airline. Als weiteren Gesellschafter und strategischen Partner gewann CSA Air France, die ebenfalls mit 19,1 Prozent einstieg. Der Nationale Vermögensfonds des Heimatlandes übernahm 49,3 Prozent.
Mit den neuen Airbus A310 nahm die Fluggesellschaft neue Langstrecken nach Chicago, Bahrein und Toronto auf. Parallel lief bereits die friedliche Dismembration der Tschechoslowakei in die Staaten Tschechien und Slowakei. Die CSA blieb dabei die Airline Tschechiens und der Name wurde im Mai 1995 von CSA- Ceskoslovenske Aerolinie in CSA – Czech Airlines abgeändert. Sie erhielt auch eine neue Bemalung.
Beitritt zu Skyteam
Aufgrund der Beteiligung von Air France an CSA lag es auf der Hand, sich auch ihrer Allianz anzuschließen. Seit 18.Oktober 2000 war CSA auch Mitglied der Skyteam-Allianz. Bei der Flotte legte sich die tschechische Fluglinie auf Airbus fest. Sie bestellte neun Airbus A319, 13 Airbus A320 und drei Airbus A321 zur Ablöse der Boeing 737-400 und -500.
Bei ATR bestellte sie zwölf ATR 72. Für Touristikflüge entstand die Tochtergesellschaft Holidays Czech Airlines, die mit zwei Boeing 737-400 und später mit sieben Airbus A320 aus der CSA-Flotte flog. CSA war damit deutlich besser aufgestellt als viele andere Airlines in der Region, die sich noch nicht so gut an den neuen kapitalistischen Markt angepasst hatten.
Billigflieger machen Druck
Doch die Attraktivität Tschechiens und insbesondere Prags lockte zahlreiche aufkommende europäische Billigairlines auf den Plan, mit denen sie nun konkurrieren musste. Zudem kam im ehemaligen Nachbarteil des Staates, in der Slovakei mit der Skyeurope eine weitere Billigfluggesellschaft vor der Haustür auf. Dies kostete viel Geld und Energie und mit dem Produkt Click 4 Sky versuchte CSA, Billigtickets ausschließlich per Onlinebuchung auf Restplätzen abzusetzen, um auch eine Art Billigflieger zu sein.
Die mittlerweile fusionierte Air France-KLM Gruppe, aber auch die russische Aeroflot zeigten Interesse an der Übernahme von CSA. Aber auch aus Fernost blickte man nach Tschechien. Am 10. April 2013 war es unerwarteterweise die südkoreanische Korean Air, ebenfalls Partner der Skyteam Allianz, die die 44 Prozent der staatlichen Anteile der tschechischen Konsolidierungsagentur übernahm.
Koreaner nur vier Jahre dabei
Auch stellte Korean CSA einen Airbus A330-300 aus der eigenen Flotte zur Verfügung. Er erhielt eine 95-Jahr-Sonderbemalung und war auf der Langstrecke unterwegs. Die 1997 in Prag gegründete Fluggesellschaft Travel Service beteiligte sich 2015 ebenfalls mit 34 Prozent an der CSA. Da Travel Service auch gleich ihre Lowcost- Tochter Smartwings in die Beteiligung einbrachte, kooperierten die Airlines. CSA gab ihre Charteraufträge der Holidays Czech Airlines an Travel Service ab und schloss die eigene Tochter. Smartwings fungierte fortan als Low-Cost-Arm von CSA.
Die Beteiligung und Kooperation mit den Südkoreanern dauerte lediglich vier Jahre. 2017 übernahm Travel Service von Korean Airlines die 44 Prozent der Anteile. Da sich auch Air France-KLM zurückzog, wurde Travel Service mit 97,7 Prozent Haupteigner der CSA. Mehr Strecken gingen an Smartwings, die Traditionsairline verschwand zunehmend von der Bildfläche.
Ukraine-Krieg und Corona
Hinzu kam eine sich zunehmend angespannte Situation in der Ukraine. Die Krise war bei CSA schon ab 2014 deutlich zu spüren, als Russland die Krim besetzte und der bislang noch starke Russlandverkehr einbrach. Die Pandemie und der Angriffskrieg trieben CSA schließlich in die Insolvenz. Zwar gelang es ihr, lebend aus dem Insolvenzverfahren wieder rauszukommen, doch entließ man 430 Mitarbeitende, stellte alle Strecken bis auf Prag – Paris und Prag – Madrid ein und verkleinerte die Flotte auf nur noch zwei Airbus A320.
Historischer Flugplan. Bild: Deltelf Döbberthin
Dennoch war das Streckennetz deutlich größer, als es die beiden selbst bedienten Strecken vermuten ließen. Auf zahlreichen Flügen der Smartwings mit dem Iata-Code QS, speziell zu Urlaubszielen im Mittelmeerraum, tauchte der Iata-Code OK der CSA als Codeshare auf. Auch nutzte Smartwings die beiden Airbus A320 der CSA auf ihren eigenen Routen, denn diese Flieger waren mit den zwei Strecken nicht ausgelastet.
Kein eigener Code mehr
Zur Flottenerneuerung bestellte CSA noch vier Airbus A220-300. Doch nicht lang danach entschied man, dass CSA zum Ende des Sommerflugplans 2024 den eigenen Betrieb unter dem IATA-Code OK einstellen soll. Auch die Skyteam-Mitgliedschaft endete. Der letzte eigene Flug fand am Samstag (26. Oktober) zwischen Prag und Paris statt.
Jetzt geht der ganze Betrieb ab dem Beginn des Winterflugplan 24/25 auf Smartwings über. Doch CSA lebt weiter – einfach in anderer Form. Die Travel-Service-Gruppe um Smartwings und CSA wird umgebaut und der Tochter CSA kommt nunmehr die Rolle der Holding zu.
Bemalung fliegt weiter
Auch optisch wird es CSA noch eine Weile geben. Im November stößt der erste neu bestellte Airbus A220-300 in vollen CSA-Farben zu Smartwings, der zweite folgt bis Ende 2024, sowie zwei weitere im ersten Halbjahr 2025. Zwar werden ab Winterflugplanbeginn alle Flüge nur noch unter der QS-Flugnummer der Smartwings durchgeführt, während der traditionsreiche Iata-Code OK verschwindet. Doch die Flieger heben weiter in CSA-Farben ab.