Letzte Aktualisierung: um 23:02 Uhr

Metin Batak, TAV Macedonia

«Ein Nonstopflug nach Nordamerika würde zu Zubringerflügen aus dem Balkan führen»

Der türkische Flughafenbetreiber TAV Airports betreibt die nordmazedonischen Flughäfen Skopje und Ohrid. Im Interview spricht Landeschef Metin Batak über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen.

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Warum investierte TAV Airports in Nordmazedonien?
Metin Batak*: Als wir uns 2008 auf die öffentliche Ausschreibung der nordmazedonischen Regierung für die Konzession der Flughäfen Skopje und Ohrid bewarben, sahen wir ein enormes Wachstumspotenzial. Der Flughafen Skopje ist der Hauptflughafen und der Flughafen Ohrid der touristische. Beide waren in Bezug auf die Anzahl der Ziele und Fluggesellschaften unterversorgt. Am 1. März 2010 haben wir dann den Betrieb der Flughäfen übernommen. Als erstes Projekt bauten wir innerhalb eines Jahres ein komplett neues Terminalgebäude für den Flughafen Skopje mit einer erhöhten Kapazität für bis zu vier Millionen Passagiere pro Jahr, das am 8. September 2011, dem Unabhängigkeitstag Nordmazedoniens, in Betrieb genommen wurde.

Und wie hat sich das Ganze entwickelt?
Zusätzlich zu den Investitionen in die Kapazitäten haben wir als TAV viel in die Entwicklung des Streckennetzes an beiden Flughäfen investiert. Infolgedessen hat sich die Zahl der Passagiere am Flughafen Skopje innerhalb von zehn Jahren vervierfacht, auf einen Spitzenwert von 2,4 Millionen Passagieren im Vor-Covid Jahr 2019. Die Zahl der Passagiere am Flughafen Ohrid ist im selben Zeitraum um das Neunfache gestiegen auf 313.000 Passagiere im Jahr 2019. Die Zahl der Flüge an beiden Flughäfen ist um 71 Prozent gestiegen.

TAV ist der Betreiber der nordmazedonischen Flughäfen bis 2032. Welche Investitionspläne haben Sie noch?
Seit dem Markteintritt bis 2020 haben wir insgesamt 110 Millionen Euro in die beiden Flughäfen investiert. In diesem Jahr alleine haben wir 7,5 Millionen Euro in die Sanierung der Start- und Landebahn in Skopje investiert. Eines der nächsten Investitionsprojekte ist ein neues Terminalgebäude des Flughafens Ohrid, dass die Passagierkapazität verdoppeln wird. Das derzeitige Terminalgebäude des Flughafens hat seine maximale Kapazität mit 300.000 Passagieren bereits im Jahr 2019 erreicht.


Flughafen Ohrid: Ausbau geplant. Bild: Martin Dichler/aeroTELEGRAPH

Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf des Geschäftes im laufenden Jahr?
Wir sind zufrieden mit der Erholung des Flugverkehrs auf den Flughäfen Skopje und Ohrid. Als die EU-Länder dieses Jahr begannen, die Reisebeschränkungen im Zusammenhang mit den Covid-19- Nachweisen für Inhaber nordmazedonischer Pässe aufzuheben, war der Anstieg des Flugverkehrs sofort zu spüren. TAV Macedonia beendete die ersten acht Monate des Jahres mit insgesamt 1,5 Millionen Fluggästen auf den beiden nordmazedonischen Flughäfen. Dies ist zwar ein Minus von 13 Prozent im Vergleich zu 2019, aber ein sehr guter Anstieg von plus 83 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr. Dieser Anstieg ist auf die Zunahme des Angebotes, vor allem aber auf die Erhöhung der Flugfrequenzen ab Skopje gerade in die Türkei, Ägypten, Deutschland und Schweiz zurückzuführen. Vom Flughafen Ohrid aus gab es dieses Jahr neben dem Linienprogramm auch saisonale Verbindungen nach Zürich, Eindhoven, Tel Aviv, Amsterdam und Katowice.

Wie lange wird es dauern, bis Sie die Passagierzahlen von 2019 wieder erreichen?
Wie wir wissen, ist der Luftverkehr jene Branche, die am stärksten von der Pandemie betroffen war und immer noch ist. In Nordmazedonien beispielsweise wurden die beiden Flughäfen im Jahr 2020 von der Regierung für 3,5 Monate vollständig für den Passagierverkehr geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Ein Großteil der Strecken, die von den Fluggesellschaften im Jahr 2020 ausgesetzt worden waren, wurde mit Beginn der Sommersaison 2022 aber wieder in den regulären Flugplan aufgenommen. Aber die Pandemie ist nicht das einzige Hindernis auf dem Weg zur Erholung des Luftverkehrs. Als wir schließlich meinten, die Situation stabilisiere sich, trat weltweit eine neue Krise auf – die Energiekrise.

Gibt es frühere Strecken, die noch fehlen?
Fast alle Ziele, die wir vor der Pandemie hatten, sind wieder da, mit Ausnahme der Strecken nach Doha und Dubai, die vom Flughafen Skopje aus bedient wurden und gute Umsteigeverbindungen für unsere Diaspora in Australien und Neuseeland sowie für Reisende nach Japan, China, Indien und zu anderen Zielen im Osten darstellten. Wir stehen in ständigem Kontakt mit  Qatar Airways und Flydubai. Aber es ist ihre Entscheidung, die Ziele wieder aufzunehmen. Andere Strecken, die wir während der Covid-19-Pandemie neu eingerichtet haben, wie in etwa nach Moskau und St. Petersburg (Nordwind) und Kiyv (Windrose), wurden mit dem Beginn des Krieges zwischen Russland und der Ukraine wieder eingestellt.


Ankommendes Flugzeug in Skopje. Bild: Martin Dichler/aeroTELEGRAPH

Neben Billigfluglinien beherrschen vor allem türkische Fluglinien den Markt, wie sieht es mit dem restlichen Angebot aus?
Wir stehen in ständiger Kommunikation und Verhandlung mit verschiedenen Fluggesellschaften, sowohl Billigfluglinien als auch Netzwerkfluggesellschaften. Unsere Werbemaßnahmen, die im Rahmen der Marketingstrategie von TAV Airports für alle Flughäfen der Gruppe durchgeführt werden, umfassen Treffen und die Teilnahme an Luftfahrt- und Tourismusmessen, bei denen wir nicht nur für Ohrid und Skopje als Flughäfen werben, sondern auch für die beiden Städte und Nordmazedonien als unentdecktes Reiseziel.

Viele Länder am Balkan verfügen über eine große Diaspora in Nordamerika, hätte Skopje das Potenzial für Langstreckenflüge?
Nordmazedonien und alle Balkanländer haben eine große Diaspora in den USA und Kanada, die sich vor allem in Chicago, New York und Toronto konzentriert. Derzeit nutzen nordmazedonische Bürger Istanbul, Wien, Warschau und Belgrad als Umsteigeflughäfen, um auf den nordamerikanischen Kontinent zu fliegen. TAV Macedonia ist bereit, jeder Fluggesellschaft, die die Einführung von Transatlantikflügen von der nordmazedonischen Hauptstadt aus in Erwägung zieht, größtmögliche Unterstützung zu gewähren. Der Flughafen Skopje ist betrieblich auch in der Lage, solche Transatlantikflüge abzuwickeln.

Ist das realistisch?
Sollte es Skopje gelingen, in Zukunft einen Transatlantikflug anzubieten, wäre dies für die gesamte Balkanregion von Vorteil. Ein Nonstopflug nach Nordamerika würde den Reisekomfort für die Passagiere aus Nordmazedonien erhöhen und zu zusätzlichen Zubringerflügen aus der Balkanregion nach Skopje führen. Der Flughafen würde damit zweifellos viele Passagiere aus den umliegenden Ländern anziehen.

Aktuell gibt es ab Skopje nur Linienflüge nach Zagreb und Belgrad. Gibt es am Markt keine Nachfrage nach anderen Destinationen in Ex-Jugoslawien?
Derzeit gibt es tatsächlich vom Flughafen Skopje aus nur regelmäßige Flüge nach Belgrad mit Air Serbia und nach Zagreb mit Croatia Airlines. Bis zur Insolvenz der slowenischen Adria Airways im Jahr 2019 gab es Direktflüge zwischen Skopje und Ljubljana, aber jetzt wird diese Strecke nicht mehr bedient, obwohl es eine Nachfrage gibt, insbesondere von Geschäftsreisenden, nordmazedonischen Studenten in Slowenien und Auswanderern, die häufige Flugverbindungen zwischen Nordmazedonien und Slowenien benötigen. Wir arbeiten daran, eine Lösung dafür zu finden. Wir haben auch bereits Gespräche mit der nationalen montenegrinischen Fluggesellschaft geführt, um Skopje und Podgorica zu verbinden, während auf Regierungsebene die Eröffnung einer Strecke Skopje – Sarajevo angekündigt wurde.

Gibt es andere Märkte, wo Sie das Potenzial für die Aufnahme von Linienverbindungen nach Skopje und Ohrid sehen?
Das Streckennetz der beiden Flughäfen Skopje und Ohrid konzentriert sich hauptsächlich auf den Westen und Norden Europas. Natürlich gibt es auch andere Märkte, die bedient werden müssen. Wir konzentrieren uns auf den Aufbau von Verbindungen mit den wichtigsten Drehkreuzen und Hauptstädten in Westeuropa und wenigen Verbindungen nach Osteuropa. Aber wir müssen auch die Verbindungen in den Nahen Osten und nach Nordamerika wieder herstellen. Wir haben eine große Diaspora, die in Australien und Neuseeland lebt, aber aufgrund der großen Entfernung sind diese Flüge derzeit noch nicht durchführbar.

* Metin Batak arbeitet seit 2006 für TAV Airports. Zuerst war er im Bereich Rechnungswesen in der Zentrale in Istanbul tätig, 2010 wurde er stellvertretender Leiter der Tochter in Nordmazedonien, die er seit Herbst 2020 führt.