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Betrugsvorwurf

40-Millionen-Streit: Do228-Hersteller verklagt Schweizer Staatskonzern

Vor vier Jahren kaufte General Atomics Europe dem Schweizer Rüstungskonzern das Produktionswerk in Oberpfaffenhofen ab, wo die neue Do228 hergestellt wird. Dabei sei man von Ruag massiv getäuscht worden, heißt es vom Käufer.

Es geht um 40.453.192.99 Euro. Um so viel Geld fühlt sich General Atomics Europe von Ruag betrogen. Daher hat das deutsche Unternehmen, das in den Bereichen Luftfahrt, Infrastruktur und Nachhaltigkeit tätig ist, den Schweizer Rüstungskonzern im August verklagt. Jetzt legt es mit einer Strafanzeige nach, berichtet die Zeitung Tages-Anzeiger.

Bis 2021 gehörte die Produktion der Do228 in Oberpfaffenhofen Ruag. Auch Wartung und Instandhaltung von anderen Flugzeugen und Helikoptern gehört zum Portfolio des Werkes. 2020 verkaufte der staatliche Schweizer Konzern den Bereich an General Atomics Europe mit Sitz in Dresdent. Und dabei fühlt sich der neue deutsche Eigentümer betrogen. Im Raum stehen die Delikte Bilanzfälschung und Betrug.

Falsche Vermögenswerte ausgewiesen

Laut General Atomics Europe – eine Tochter der General Atomics aus den USA – stimmte etwas nicht mit den Zahlen im Jahresabschluss 2019, auf dem die Verhandlungen für den Verkauf beruhten. Man habe das Vermögen der damaligen Ruag-Tochter RAS zu hoch ausgewiesen – um 40 Millionen Euro zu hoch.

Außerdem wirft General Atomics Ruag vor, den Jahresabschluss erst Monate später als gesetzlich vorgeschrieben zur Verfügung gestellt zu haben, so der Chef von General Atomics Europe zum Tages-Anzeiger. Erst nach der Übernahme habe man bemerkt, dass der Jahresabschluss «massiv manipuliert» worden sei. Unter anderem sollen wertlose Flugzeugteile mit dem Neuwert bewertet worden sein. Auch nötige Rückstellungen seien nicht gebildet worden.

Strafanzeige eingereicht

Daher folgte die Klage. Und das reichte General Atomics Europe nicht. Denn wie der Tages-Anzeiger weiter berichtet, hat das Unternehmen auch Strafanzeige gegen die Manager eingereicht, die bei Ruag verantwortlich für die Probleme waren. Es seien die Führungskräfte, die den Vertrag unterzeichnet und die Verhandlungen geführt hatten. Keiner der fünf Beschuldigten arbeitet noch für Ruag.

Sie hätten «durch geschicktes Täuschen, die Erteilung unzutreffender Informationen und Auskünfte sowie durch gezieltes Vorhalten wesentlicher Informationen trotz expliziter Nachfrage der Käuferin» erreicht, dass General Atomics das Unternehmen zu schlechten Konditionen übernommen habe. Außerdem wirft General Atomics zwei Wirtschaftsprüfern von KPMG vor, an der falschen Darstellung des Sachverhalts beteiligt gewesen zu sein.

Ruag: Vorwürfe «haltlos»

Ruag weist die Vorwürfe von sich und erklärt, man habe sich an alle gesetzlichen Vorgaben gehalten. «Die gegen uns und unsere ehemaligen Mitarbeitenden erhobenen Anschuldigungen, insbesondere der Vorwurf des Betrugs, sind unbegründet und völlig haltlos.» KPMG äußerte sich nicht.

General Atomics Europe will der Dornier Do 228 zu einem neuen Leben verhelfen. Ihre modernisierte Version heißt Do228 NXT. Sie hat sie gegenüber der Ruag-Version Do 228 NG moderat weiter modernisiert. So gibt es im Cockpit jetzt eine Synthetic-Vision-Darstellung und einen verbesserten Autopiloten. Zudem machen neue fünfblättrige Propeller das Flugzeug leiser.