Letzte Aktualisierung: um 22:35 Uhr

Fragen Sie den Piloten

Die geheimen Kulinarik-Stationen für die Flugzeug-Crews

Haben Pilotinnen und Piloten bei Kurzstreckenflügen am Zielort Zeit und Gelegenheit, sich im Terminal die Beine zu vertreten oder etwas zu Essen zu besorgen? Das fragt Leser Alexander Grunert. Ein Linienpilot antwortet.

Ja, das kann ich absolut bestätigen. Wie Sie vermuten, versuchen wir gemeinsam als Crew möglichst oft, die lokale Infrastruktur eines Flughafens zu nutzen. Meist weniger, um sich die Beine zu vertreten, sondern eher, um für Abwechslung in der für Crews übersichtlichen Bordküche zu sorgen.

Die Versorgungslage an Bord für Crews hat sich im Laufe der letzten Jahre nicht verbessert. Das Einsparpotential, welches sich aus Sicht der Airline mit dem Zusammenstreichen der kostenlosen Mahlzeiten an Bord für Passagiere anbietet, lässt sich auch auf die Crews projizieren. Die Angebote der Airlines, über die sich Besatzungsmitglieder früher zu fairen Preisen für einen anstehenden Flugabschnitt eine Mahlzeit kaufen konnten, die dann zusammen mit dem Catering für die Passagiere mit an Bord kam, sind nicht mehr vorhanden. Oder sie wurden so erschwert, dass diese Angebote quasi nicht mehr in Anspruch genommen werden.

Vorfeldkantine und Brotzeitmobil

Auch die Idee, von unterwegs Essen mit an Bord zu bringen, wird zu oft durch detailverliebte Sicherheitskontrollen gegenüber den Crews torpediert. Wieviel gutes Chicken Tikka Masala schon den Sicherheitskontrollen Ihrer Majestät in London zum Opfer gefallen ist, kann ich nicht mehr zählen.

Daher ist es für Crews einfacher, wenn man sich erstmal im Sicherheitsbereich eines Airports befindet. Dort kann man alles, was man käuflich erwirbt, auch mit an Bord bekommen. Und hier haben viele Airports lokale Angebote, die oft für Fluggäste garnicht zugänglich sind. Um nur ein paar zu nennen, so sind in Münchens «Vorfeldkantine» bayrische Spezialitäten zu haben, das «Brotzeitmobil» auf dem Frankfurt Apron versorgt Bodenmitarbeiter und Crews, in Hamburg ist ausgezeichnetes Sushi zu haben, in Wien Käsekrainer-Brötchen. Porto und Lissabon locken mit Pasteis de Nata.

Auch Rabatte in den Terminals

Und viele weitere europäische Airports haben auch so ihre kleinen und großen Angebote für Crews, die man erst im Laufe der Jahre entdecket. Wenn absehbar wird, dass im Turnaround genug Zeit vorhanden ist, dann wird in der Regel ein Crewmitglied losgeschickt um die Bestellliste abzuarbeiten – manchmal unterstützt auch der lokale Ramp-Agent durch eine Shuttle-Fahrt auf dem Vorfeld.

Aber auch die allgemein zugänglichen Angebote auf den Abflugebenen der Passagierterminals locken Crews häufig mit großen Rabatten. Ein eigentlich völlig überteuertes Lachsbrötchen in Oslo etwa ist mit Uniform und Airlineausweis zum fairen Preisen zu haben.

Der beste Kaffee in Italien

Ein anderes Ritual haben Vielflieger an ausgewählten Flugsteig-Positionen sicherlich schon beobachtet. An einigen Parkpositionen verschiedenster Airports ist den ankommenden Crews klar, das in nächster Entfernung auf der Abflugebene ein bekannter Anbieter für guten Kaffee zu erreichen ist. Ich verrate Ihnen wahrscheinlich kein Geheimnis, wenn ich schreibe, dass der Kaffee an Bord zwar schon Kaffee ist, aber keine Delikatesse. Und meist ist es dann der Kapitän, der an einem langen Tag ein Tablett nimmt und für die ganze Crew gescheiten Cappuccino besorgt – eher als Motivation, weniger des Mangels wegen.

Und dieses Ritual ist am ausgeprägtesten an unseren vielen italienischen Stationen – wo der Kaffee am Besten ist – und die lokalen Bodenmitarbeiter durchaus Mühen auf sich nehmen um den Crews dies zu ermöglichen. Wie sagte vor Kurzem eine italienische Ramp-Agentin zu mir, nachdem sie mehrere verschlossene Türen zum Kaffeeanbieter in Mailand geöffnet hatte: «Kein’e Problemo, wir’e sind’e doch’e eine große Famiiiiilia !»

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