Corona-Grounding
Der Unterschied zwischen Parken und Lagerung
Immer mehr Flugzeuge müssen aufgrund der Coronakrise am Boden bleiben. Airlines legen ihre Flieger dabei auf unterschiedliche Weise still. Was sind die Unterschiede?
Flugzeuge von Lufthansa in Schönefeld.
Flugzeuge von Lufthansa in Schönefeld.
Wie viele Flugzeuge tagtäglich über unseren Köpfen unterwegs waren – wird erst jetzt deutlich, wenn sie nicht mehr abheben. Die Krise um das Coronavirus legt derzeit auf der ganzen Welt die Mehrheit der Flugzeugflotten still. Von vielen Drehkreuzen und auch gewöhnlichen Flughäfen häufen sich Bilder, wie Passagierflieger auf Vorfeldern und sogar Start- und Landebahnen dicht an dicht abgestellt werden müssen. Kondensstreifen am Himmel sind eine Seltenheit geworden.
Wie lange diese Corona-Groundings anhalten, ist noch vollkommen unklar. Viele Airlines haben ihre Flieger vorerst normal wie zwischen zwei Flügen geparkt. Eine andere Möglichkeit zur Stilllegung ist das sogenannte Storage (Deutsch: Lagerung). Dabei werden Flugzeuge für längere Standzeiten bereit gemacht. Beide Abstellarten unterscheiden sich grundlegend und haben Vor- und Nachteile.
Schnelle Reaktivierung
Eine zeitliche Unterscheidung zwischen Parken und Storage gibt es nicht: «Die Phase des Parkens eines Flugzeugs ist an sich unbegrenzt und kann mithilfe eines Werkstattfluges anschließend wieder auf Anfang zurückgesetzt werden», erklärt ein Sprecher der Lufthansa-Tochter Swiss gegenüber aeroTELEGRAPH. Hauptvorteil ist, dass das Flugzeug in einem nahezu flugfähigen Zustand (im Fachjargon: Flight Ready Condition) bleibt. Soll ein geparktes Flugzeug zurück in den Dienst gehen, kann es in knapp zwei Tagen wieder bereit für den Betrieb gemacht werden.
Bis zu zwei Jahre kann ein Flugzeug so eine Zwangspause machen – gelegentlich werden bei einigen parkenden Fliegern nur die Triebwerke abgedeckt. Doch einfach so rumstehen kann es dabei nicht. «Das Parken bedingt regelmäßige und aufwendige Funktionstests von Hauptsystemen wie Triebwerksläufe und Werkstattflüge», erklärt der Swiss-Sprecher weiter. Herstellerangaben sehen einen Werkstattflug etwa alle drei Monate für circa 45 Minuten Flugzeit vor. Ebenso gelten weiterhin zeitlich gesetzte Wartungsintervalle sowie auch die Umsetzung von Lufttüchtigkeitsanweisungen.
Maßnahmen gegen Schmutz und Feuchtigkeit
Zu Beginn wie auch zum Ende ist das Storage hingegen mit deutlich mehr Aufwand verbunden. «Zu Beginn der Lagerungsphase werden sensible Geräte ausgebaut, sämtliche Systeme konserviert, alle schmutz- und alterungsempfindlichen Oberflächen bedeckt sowie alle Öffnungen im Rumpf geschlossen», erklärt der Sprecher. Eine Woche dauert das ungefähr. Diese Maßnahmen sollen Schmutz und Feuchtigkeit von Systemen und dem Rumpfinneren fernhalten.
Flugzeuge im Storage lassen sich oftmals an abgeklebten Fenstern, Sensoren und Triebwerken erkennen. Je nach Besitzverhältnissen können bei einem Flugzeug auch die Triebwerke vollständig abmontiert werden. Bei geleasten Flugzeugen ist es nicht unüblich, dass die Motoren ebenfalls separat gemietet wurden. Bei länger stillgelegten Flugzeugen gehen solche Triebwerke zum Teil an die Leasinganbieter zurück.
Lohnenswert bei langen Standzeiten
Genau wie die Einlagerung zieht sich auch die Rückkehr eines Flugzeuges vom Storage in den Betrieb etwa eine Woche hin. Doch der Mehraufwand bei Vor- und Nachbereitung zahlt vor allem bei langen Standzeiten aus. Zwar gelten weiterhin Wartungsprogramme und Lufttüchtigkeitsanweisungen. Auch Funktionstests müssen durchgeführt werden und der Zustand des Fliegers geprüft.
Die letzten beiden Punkte nehmen jedoch deutlich weniger Aufwand in Anspruch als bei geparkten Flugzeugen. Zudem fallen Werkstattflüge wie beim Parken nicht an. «Das Storage von Flugzeugen empfiehlt sich besonders in Situationen, in denen die Flugzeuge für mehr als drei Monate nicht mehr für den operativen Einsatz benötigt werden», sagt die Swiss. In Sachen Standort gelten für parkende und gelagerte Flieger dieselben Standorte.
Trockenes Wetter ist willkommen
«Es sollten grundsätzlich stabile klimatische Verhältnisse herrschen. Auch ist es von Vorteil, wenn Personal und Equipment vor Ort sind, sodass Wartungsarbeiten durchgeführt werden können», sagt der Sprecher der Swiss. Besonders beliebt sind möglichst trockene Orte mit warmem Klima. Dies beugt Korrosion und Wasserschäden vor. Luftfahrtfans dürften in dem Zusammenhang die bekannten Flugzeugfriedhöfe in den Wüsten der Vereinigten Staaten einfallen, die entgegen ihren Namen auch für nur temporär nicht benötigte Flugzeuge genutzt werden.
Der Pinal Airpark im US-Bundesstaat Arizona oder das Roswell International Air Center im Bundesstaat New Mexico erfahren derzeit einen großen Anstieg an Nachfragen für Stellplätze. Für europäische Fluglinien lohnt sich eine Verlegung ihrer ungebrauchten Flieger auf den anderen Kontinent jedoch nicht. Wetterverhältnisse wie in Europa sind vollkommen verkraftbar.
Baustellen- und Militärairports helfen aus
Die Lufthansa parkt Flugzeuge, für die sie auf ihren Hauptdrehkreuzen in Frankfurt und München kein Platz mehr hat, auf dem Flughafen Berlin-Brandenburg. Auch die Swiss stellt überflüssige Flugzeuge der Airbus-A320-Familie temporär auf dem nahe Zürich gelegenen Flughafen Dübendorf ab.