Dass die Beziehungen zwischen den Nachbarländern schon besser waren, ist offensichtlich. Nun zeigt eine Analyse, wie stark die Nachfrage nach Flügen zwischen Kanada und den USA unter der Verstimmung leidet.
Sie kaufen keine Früchte und kein Gemüse aus den USA, boykottieren kalifornischen Wein, sagen ihren Urlaub auf der anderen Seite der Grenze ab und buhen während des Abspielens der US-Nationalhymen an Eishockeyspielen. Die Kanadierinnen und Kanadier sind wütend auf ihren großen Nachbar und vor allem auf deren Präsidenten. Dass auch das Geschäft mit Flügen zwischen Kanada und den USA einen Dämpfer erhalten würde, war deshalb absehbar.
Angesichts der von US-Präsident Donald Trump angedrohten Strafzöllen kündigte Air Canada schon Mitte Februar an, vorsorglich einige Kapazitäten zu bestimmten Urlaubszielen in den Vereinigten Staaten zu reduzieren. Nun zeigt eine Auswertung, dass der Rückgang dramatisch ist. Sie stammt vom Luftfahrtanalyseunternehmen OAG und basiert auf Daten eines großen GDS-Anbieters zu Buchungen, die im März getätigt wurden für Flüge zwischen Kanada und den USA in den kommenden Monaten. Und sie vergleicht das mit dem gleichen Zeitraum 2024.
Das Ergebnis: Im März 2024 gab es für April 2024 mehr als 1,22 Millionen Buchungen, im März 2025 für den April 2025 sind es nur rund 296.000 Buchungen - ein Rückgang um -75,7 Prozent. Die Rückgänge für die folgenden Monate: Mai -72,2 Prozent, Juni -71,6 Prozent, Juli -71,4 Prozent, August -71,9 Prozent, September -71,8 Prozent (siehe Grafik).
Die Fluggesellschaften schrauben auch bereits die Kapazität zurück, wie OAG zeigt. So war die Zahl der von Kanada in die USA angebotenen Sitze (Oneway) für die Zeit bis Ende Oktober am 24. März klar niedriger als noch am 3. März. Für April lag der Unterschied bei -2,1 Prozent, für Juli und August nahmen Fluglinien mit jeweils -3,5 Prozent die größten Kürzungen vor.
Das Geschäft der Airlines in den USA ist aktuell eh geprägt von wirtschaftlicher Unsicherheit, gerade angesichts der Zollpolitik der Vereinigten Staaten. Aber auch durch andere Faktoren wie die Verunsicherung der Kundschaft durch Unglücke wie den Potomac-Absturz und den aufs Dach gedrehten Delta-Jet in Toronto.
Zwischen den USA und Kanada verschärft zudem der Tonfall. So sagte der kanadische Ministerpräsident Mark Carney nach Trumps Ankündigung von Zusatzzöllen für Autoimporte: «Wir werden unsere Arbeiter verteidigen, wir werden unsere Unternehmen verteidigen, wir werden unser Land verteidigen und wir werden es gemeinsam verteidigen.» Doug Ford, Premierminister der Provinz Ontario, sagte sogar: «Wir werden dafür sorgen, dass wir dem amerikanischen Volk so viel Schmerz wie möglich zufügen, ohne der kanadischen Bevölkerung Schmerzen zuzufügen.»
Derweil warnte US-Präsident Donald Trump: «Wenn die Europäische Union mit Kanada zusammenarbeitet, um den USA wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, werden sowohl sie als auch Kanada mit weitaus höheren Zöllen belegt als derzeit geplant.»
Die kanadische Fluggesellschaft Westjet macht in ihrer Branche genau das: Sie setzt mehr auf Europa. Laut OAG hat sie ihrem Flugplan seit Anfang März 114 zusätzliche Flüge nach Europa hinzugefügt, die meisten nach Dublin und Edinburgh.