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Sie flog Airbus A380

Ein Virus wird Pilotin Karin Arning nie mehr los

Wegen der Corona-Krise wurde A380-Pilotin Karin Arning entlassen. Seither hofft die 29-Jährige, bald wieder im Cockpit sitzen zu können. Denn Fliegen ist ihr Leben.

Fliegen sei ihre Leidenschaft, seit sie denken könne, sagt Karin Arning. Diese Leidenschaft hat die 29-Jährige wohl von ihren Eltern. Denn Vater Walter betreibt eine Lack- und Farbenfabrik, wollte aber immer Pilot werden. Mutter Ingrid war, so hieß das damals noch, Stewardess.

Karin Arning ist 29 Jahre alt. Geboren wurde sie in Asuncion, der Hauptstadt Paraguays. Sie besuchte dort das Colegio Goethe, die deutsche Schule. «Mit 14 Jahren habe ich gesagt, ich will Pilotin werden. Meine Eltern haben gemeint, das geht vorbei.» Tat es nicht. Ohne Wissen ihrer Eltern fliegt sie 2010 zum ersten Mal, mit einer Cessna 152. Heute noch weiß sie das Kennzeichen. «ZP-EOA».

Eine Airline mit einem Flugzeug

«2011 hat mich mein Vater aufs College für Business Administration in Santa Barbara in den USA geschickt. Ich wollte nicht gehen, weil ich alle meine Freunde verloren habe.» Die Stimmung hebt sich, als sie ganz in der Nähe eine Flugschule entdeckt. Sie überlegt nicht lange und hat 2012 noch vor dem College-Abschluss ihre Privatpiloten- und die Instrumentenfluglizenz in der Tasche.

Zurück in Paraguay will Karin fliegen, aber es fehlen ihr die Flugstunden. «Das Problem war, diese praktisch zu erwerben.» Beechcraft Queen Air hieß die Lösung, die Maschine einer Ein-Flugzeug-Fluglinie, wo ihr der Kopilot angeboten hat, ohne Bezahlung zu fliegen, um zu Stunden zu kommen. «Es war wildes Fliegen, ich habe viel gelernt und gelacht und ich bin dorthin geflogen, wo die Welt aufhört.»

Erster Flug nach Santiago in Chile.

Das Flugstunden-Konto füllt sich langsam, aber sicher. Sie bewirbt sich erfolgreich bei Latam Paraguay und ist Anfang Mai 2014 am Ziel. Eine von 35 Pilotinnen und Piloten der Airline, die fünf Destinationen anfliegt. Der erste Flug führt sie als First Officer von Asuncion nach Santiago in Chile.

Ihre Wurzeln hat Karin in Europa. Als Donauschwaben lebte ihre Familie väterlicherseits seit Generationen in Temesvar in Rumänien. Während des Zweiten Weltkriegs flüchtet Arnings Großmutter. Sie kommt auf Umwegen nach Österreich, nach Schwanenstadt. «Dort lebten sie einige Jahre auf einem Bauernhof», schildert Karin Arning Erzählungen der Großmutter.

Sie spricht sechs Sprachen

Sie hat bis heute gute Erinnerungen an Österreich und wir färben zu Ostern heute noch Eier. Ein paar Jahre später wandern sie nach Paraguay aus. Die Familie mütterlicherseits stammt aus der Tschechoslowakei und emmigirert schon vor dem Ersten Weltkrieg nach Paraguay. Dank ihrer Wurzeln spricht Karin Arning sechs Sprachen: Spanisch, Deutsch, Portugiesisch, Englisch, Französisch und die Sprache der Ureinwohner Paraguays, Guarani.

«Bei einer der großen Fluglinien des Nahen Ostens zu fliegen, war immer mein Traum», sagt Arning. Initialzündung war ein Airbus A380, den sie am Flughafen in São Paulo zum ersten Mal gesehen hat. Sie recherchiert die Voraussetzungen, um so ein Flugzeug fliegen zu können. «2000 Flugstunden mit einem Flugzeug über 20 Tonnen, und die US-Lizenz für Linienpiloten ATPL. Ich hatte weder noch.»

«Eine Reise wieder in ein neues Leben»

Die Lizenz holte sich Karin 2017 in den USA, danach füllt sie bei der Fluglinie ein Profil aus, schickt es aber nicht ab, wie sie dachte. Gelesen worden ist es dennoch, denn Karin bekam die Nachricht. «Melden Sie sich, sobald Sie genügend Flugstunden haben.» Als es so weit ist, wird sie zum Auswahltest in die Vereinigten Arabischen Emirate eingeladen. «Ich habe mir neue Schuhe gekauft, und bin in der Business Class hingeflogen worden», staunt Karin heute noch. Drei Tage dauern die Tests, das Ergebnis kam viel später per Mail: «Welcome as First Officer on the A380».

Im September 2018 fliegt Karin Arning mit zwei Koffern ins ferne Land. «Eine Reise wieder in ein neues Leben». Sie musste eine Unterkunft finden und gleichzeitig Prüfungen, Simulatortraining und Trainingsflüge absolvieren.

Das Leben in den Emiraten gefällt ihr, auch als Frau

Trotz fünf Jahren Flugerfahrung stürzten neue Probleme auf sie ein. Die Akzente in der Funkkommunikation, der erste Flug über einen Ozean, der Umgang mit unbekannten Witterungsverhältnissen wie Eis und Schnee. «Es hat mir sehr geholfen, dass ein Pilot zu mir gesagt hat: If I can, you can.» Der erste Flug schließlich führte sie nach Bangkok. Mittlerweile hat Karin 1000 Flugstunden auf dem Airbus A380 absolviert.

Seit Januar fliegt Arning nicht mehr. Ihr wurde im vergangenen Oktober wegen der Corona-Krise gekündigt. Sie hält sich seither mit Erspartem und diversen Jobs über Wasser. Sie ist mit ihrem Freund zusammengezogen, einem Kanadier. Das Leben in den Emiraten gefällt ihr, auch als Frau.

Blick auf die europäische Fluglizenz

Weil Warten und Hoffen nicht ihre Sache sind, wird Karin wieder initiativ. Durch Zufall ist sie auf die Plattform We transform pilots  des Österreichers Michael Marchetti aufmerksam geworden. Er hat freiwillig als Pilot aufgehört. «Wir wollen Piloten und Pilotinnen dabei helfen, sich selbst neu zu erfinden und eine neue Perspektive zu entdecken», erklärt Marchetti. Karin Arning hat der Workshop gefallen. «Es war gut, Piloten und Pilotinnen zu treffen, die in derselben Situation sind».

Sie will unbedingt Pilotin bleiben. Arning macht sie derzeit die europäische Fluglizenz in Wien bei der Austro Control. Sechs der 14 Prüfungen hat sie bereits bestanden, Ende 2021 will sie die Lizenz haben.

Lieber am Golf bleiben

Damit könnte Arning auch für eine europäische Fluggesellschaft fliegen. Ob sie das wirklich will, weiß sie noch nicht. Denn sie liebt die Emirate. Wer sie kennt, darf davon ausgehen, dass sie eine gute Lösung finden wird. Schließlich ist Fliegen ihr Leben.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie Aufnahmen von Karin Arning und ihrer Mutter im Job.