Bruno Jans von Helvetic Airways
«Harte Preiskämpfe können wir uns nicht leisten»
Wie überlebt man als Nischenanbieter gegen Billigkonkurrenz und im hart umkämpften Chartermarkt? Bruno Jans, Geschäftsführer der Schweizer Helvetic Airways, erklärt im Interview Vor- und Nachteile der geringen Größe.
Bruno Jans: «Wollen in diesem Jahr nicht mehr wachsen»
Bruno Jans: «Wollen in diesem Jahr nicht mehr wachsen»
Politische Unruhen, Terror und Wechselkursschwankungen – gerade was Ferienstrecken betrifft, ist für viele Airlines die sich stark verschiebende Nachfrage eine große Herausforderung. Merken Sie das bei Helvetic Airways auch?
Bruno Jans*: Natürlich sind auch wir nicht resistent gegen jegliche Krisen. Aber ich denke, wir haben eine ganz große Stärke: Helvetic Airways ist so aufgestellt, dass wir sehr flexibel und schnell auf Veränderungen reagieren können, das hat auch die Vergangenheit gezeigt. Wir konnten uns immer schnell an neue Bedingungen anpassen, und mit unseren drei Standbeinen Kapazitäten hin und her schieben. Meistens konnten wir so sogar aus schwierigen Umständen gewinnen.
Was sind denn tolle neue Destinationen, auf die Sie gerade umsteigen könnten?
Es wäre nicht klug, dazu etwas zu sagen. Wir sind ein Nischenplayer und müssen immer Nischen in der Hinterhand haben, um zu reagieren. Das haben wir. Aber wenn ich darüber spreche, schaut sich das dann vielleicht ein Konkurrent an und die Nische ist weg. So viele gibt es dann eben doch nicht.
Die hohe Flexibilität verdanken Sie auch der Tatsache, dass Helvetic eine vergleichsweise kleine und vom Personalbestand her schlank aufgestellte Airline ist. Nun haben Sie im vergangenen Jahr die Flotte verdoppelt, das Personal auch – büßen Sie da nicht etwas an Freiheiten ein?
Klar geht ein Wachstum in diesem Ausmaß nicht komplett ohne Abstriche an einem anderen Ort. Ein bisschen Flexibilität haben wir eingebüßt. Aber noch ist es alles im Rahmen und wir müssen nicht darüber nachdenken, ob wir unser Geschäftsmodell anpassen. Ich denke, sobald es soweit kommt, hätten wir auch die Grenze des Wachstums erreicht.
Was ist denn in Ihrem Modell das wichtigste Standbein?
Das stärkste Standbein ist das Wet-Leasing. Da sind wir gefragt und könnten auch noch mehr machen, als wir es schon tun.
Warum machen Sie das dann nicht?
Wir haben im letzten Jahr unsere Flotte und den Personalbestand verdoppelt. Das gilt es zu konsolidieren. Deshalb haben wir uns entschlossen, in diesem Jahr nicht weiter zu wachsen und damit Priorität auf Qualität und nicht Quantität zu legen.
Sie bieten im Spezialcharterbereich auch für Unternehmen oder Sportvereine einen Premium-Service.
In dem Bereich sind wir auch sehr gewachsen. Auch da profitieren wir von unserer Flexibilität.
Inwiefern?
Wir bieten den Kunden einen ganz auf sie zugeschnittenen Premiumservice an. Wir machen Vorschläge, aber es gibt keine vorgefertigten Auswahlen, alles ist wählbar. Wir haben uns in dem Bereich inzwischen einen richtig guten Ruf erarbeitet, man kommt auf uns zu und sucht diesen speziellen Service.
Sind das dann nur Schweizer Kunden oder kennt man Sie auch im Ausland?
Wir haben sehr viele Kunden im Ausland.
Ein Beispiel?
Wir fliegen zum Beispiel für mehrere Autohersteller. Da gibt es in der Schweiz ja keinen.
In dem Bereich läuft es also gut. Ein Standbein, in dem der Druck sich in der Schweiz aber sicher erhöht hat, ist das klassische Chartergeschäft…
Das stimmt. Gerade Germania Schweiz hat uns in dem Bereich ein bisschen zu schaffen gemacht, als sie im Balkan so intensiv ausgebaut haben. Da mussten wir reagieren und mussten doch einiges umstellen. Da zeigt sich dann der Nachteil der geringen Größe. Man kann nicht einfach abwarten, weil sich das sofort bemerkbar macht. Harte Preiskämpfe können und wollen wir uns nicht leisten. Die Preise die aufgrund der Überkapazitäten, die im Winter angeboten werden, kann man schon fast als ruinös bezeichnen.
Für das Chartergeschäft haben Sie sich extra einen Airbus A319 zugelegt. Zusätzlich haben Sie noch Embraer 190 und Fokker 100 in der Flotte. Das scheint nicht wirklich effizient..
Klar hätte man idealerweise eine Einheitsflotte. Aber das ist so auf Kundenwunsch hin entstanden. Der Airbus kam spezifisch für Flüge ab Genf/Bern und den Kunden Kuoni dazu und wird für Großkunden eingesetzt. Aber es ist sicher nicht das Helvetic-Modell für die Zukunft. Wir werden immer im Segment 70 bis 120 Sitze bleiben.
Warum haben Sie sich für die Embraer als Nachfolgeprodukt der Fokker 100 entschieden – warum nicht zum Beispiel die C-Series?
Wir schauen uns natürlich alle Flugzeuge an. Aber die Embraer deckt unsere Bedürfnisse am besten ab: Sie ist ein sehr flexibles Flugzeug, das wir im Kurzstreckenverkehr einsetzten können, aber auf für Spezialsachen, wie wir sie manchmal machen.
Was für Spezialsachen?
Zum Beispiel Flüge, die über viel größere Distanzen gehen, als man mit einem solchen Jet eigentlich fliegen würde – etwa auf die Kanaren. Das haben wir auch schon mit der Fokker gemacht, mit der Embraer ist das aber viel einfacher.
Das heißt, die Fokker-Flieger werden ganz durch Embraer ersetzt?
Über kurz oder lang ja.
Helvetic hat sich vor einigen Jahren komplett neu erfunden – vom Billigflieger wurde die Airline zu einer Art Boutique-Airline. Wie haben Sie es geschafft, diese neue Marke erfolgreich zu etablieren?
Das war sehr schwer. Es ist ja immerhin nicht nur für den Kunden eine große Umstellung, sondern auch vor allem für die Mitarbeiter. Das gab uns schon zu schaffen, vor allem in den Jahren 2006 und 2007. Es gab in dieser Zeit auch viele Wechsel, auch im Management. Es war nicht einfach.
Und heute?
Heute ist es toll zu sehen, dass viele von den Kollegen schon seit zehn Jahren dabei sind. Sie identifizieren sich voll mit dem Job, sind motiviert. Aber ich glaube, das liegt auch daran, dass wir unseren Mitarbeitern viele Chancen geben, sich weiter zu entwickeln, etwas zu bewegen.
Bruno Jans ist Geschäftsführer von Helvetic Airways. Die Fluggesellschaft wurde 2003 zunächst als Billigairline gegründet und erfand sich dann nur drei Jahre später neu. Seither fußt das Geschäftsmodell auf Nischenangeboten bei Linienstrecken, Wet-Lease (unter anderem für Swiss) und Charterflügen.