Gefahr für Triebwerke
Wo Kaffee und Cola im A350-Cockpit nun tabu sind
Airbus und die europäische Luftfahrtbehörde Easa nehmen die Gefahr durch verschüttete Getränke im Cockpit des A350 sehr ernst. Es gibt nun verbotene Bereiche und strikte Anweisungen.
Cockpit des Airbus A350: Im eingerahmten Bereich in der Mitte sind ENG START und das ECAM Control Panel zu sehen.
Cockpit des Airbus A350: Im eingerahmten Bereich in der Mitte sind ENG START und das ECAM Control Panel zu sehen.
Ein Triebwerk fällt durch verschütteten Tee aus – was im ersten Moment etwas absurd klingt, kann offenbar wirklich passieren. Ende Januar wurde bekannt, dass Airbus zwei Motorenpannen untersucht, bei denen A350-Piloten Getränke auf der Mittelkonsole im Cockpit verschütteten. In beiden Fällen fiel einige Zeit später eines der Triebwerke aus.
Vor diesem Hintergrund hat die europäische Luftfahrtbehörde Easa am Mittwoch (5. Februar) eine dringliche Lufttüchtigkeitsanweisung für den A350 veröffentlicht, die am 7. Februar in Kraft tritt. Darin heißt es, bei den beiden Vorfällen hätten Piloten versehentlich Flüssigkeit über wichtige Bereiche der Mittelkonsole verschüttet.
Flüge von Delta und Asiana
Zum einen waren die Bedienelemente zum Start der Triebwerke betroffen, genannt ENG START. Zum anderen traf Flüssigkeit das ECP (ECAM Control Panel). ECAM steht für Electronic Centralized Aircraft Monitoring. Dieses Steuerfeld enthält verschiedene Bedienelemente, auch im Zusammenhang mit den Triebwerken, und ist mit Bildschirmen verbunden.
Bei beiden Vorfällen gelang es den Piloten nicht, das jeweils ausgefallene Triebwerk neu zu starten. Sie landeten ihre Flieger sicher an Ausweichflughäfen. Gegenüber aeroTELEGRAPH bestätigte Airbus, dass es sich um Flüge von Delta und Asiana handelte.
Das sind die verbotenen Bereiche
In der Anweisung der Easa heißt es, erste Untersuchungsergebnisse wiesen hin auf «einen abnormalen Betrieb der Komponenten des ENG START Panels oder des ECP aufgrund von verschütteter Flüssigkeit im System». Dies könnte sogar zu einem Ausfall beider Triebwerke und einer erzwungene Landung mit Schäden und Verletzten führen.
Airbus hat daher eine temporäre Überarbeitung des Flugzeughandbuches veröffentlicht. Zum einen wird dabei eine Zone im Cockpit definiert, in der Flüssigkeiten verboten sind. Während die Easa-Anweisung nicht im Detail darauf eingeht, erklärt eine Airbus-Sprecherin aeroTELEGRAPH, welche Bereiche nun für Kaffee, Cola und Co. tabu sind: die Mittelkonsole, die ausziehbaren Tischchen von Pilot und Kopilot, jener Bereich der beiden Sitze, der an die Mittelkonsole angrenzt, und der dritte Sitz im Cockpit.
So schnell landen wie möglich
A350-Piloten erhalten auch klare Anweisungen für den Fall, dass doch mal jemand seinen Tee umwirft. Sollten Kapitän oder Erster Offizier während des Fluges Flüssigkeit über ENG START oder das ECAM Control Panel verschütten, sind sie angewiesen, am nächsten geeigneten Flughafen zu landen (Befehl LAND ANSA). Sollte dazu auch noch ein Triebwerk ausfallen, ist die Cockpitcrew angehalten, so schnell wie möglich zu landen, wo immer dies möglich und sicher ist (Befehl LAND ASAP).
Gerade der LAND-ASAP-Befehl zeigt, wie ernst Airbus und Easa die Gefahr durch die verschütteten Getränke nehmen. Allerdings betont die Sprecherin des Flugzeugbauers auch: «Das Risiko eines doppelten Triebwerksausfalls ist sehr gering – jedes Triebwerk hat seine eigenen Kontrollkanäle.»