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Kuwait Airways CCO

«Wir wollen unser Image international verbessern»

Die staatliche Fluggesellschaft Kuwait Airways steht seit einiger Zeit im Kreuzfeuer der Kritik, fliegt jedoch seit Anfang Juni auch nach Wien. Michael Csoklich sprach mit Maria Angelika Hanne, die für das Unternehmen als Chief Commercial Officer tätig ist.

Die Fluglinie beschäftigt 5.000 Mitarbeiter und gehört dem Staat. Der 5-köpfige Vorstand besteht aus Abdullah Sharhan, CEO, Rakesh Raj, CFO, Captain Abdulhaleem Zaidan, COO, Maria-Angelika Hanne, CCO, Yaqou Khaja, CTO. Die Flotte von Kuwait Airways besteht aus 10 Boeing 777, 5 Airbus A330 und 10 Airbus A320. 10 Airbus A350 sind bestellt

Dr. Maria Angelika Hanne:

Maria Angelika Hanne hat als Managerin in der  Luftfahrtbranche mehr als 30 Jahre Erfahrung. 1956 in Hannover geboren studierte sie in Hannover Wirtschaftswissenschaften und schloß 1983 mit dem Doktorat ab. Nach einem Traineeship in Boulder, Colorado, USA startete sie ihre Laufbahn bei der deutschen Lufthansa, wo sie 17 Jahre in verschiedenen Management-Funktionen arbeitete. Danach war sie in verschiedenen Management-Positionen in den USA, Gabun, Burkina Faso, Madagaskar, Brasilien, Venezuela, Bulgarien, in der Türkei, Marokko, Saudi Arabien, Qatar und der Republik Kongo tätig. CCO bei Kuwait Airways ist sie seit Januar 2018.

Sie spricht neben Deutsch und Englisch auch Französisch, Italienisch, Spanisch und Portugisisch.


Seit 7. Juni fliegt Kuwait Airways Wien an, doch die Fluglinie steht in der Kritik, weil sie keine israelischen Staatsbürger transportiert. Ist das ein guter Einstand?

Wir haben die Landerechte, und wir haben ja schon letztes Jahr im Sommer erfolgreiche Flüge nach Wien durchgeführt. Dass wir keine israelische Passagiere befördern hängt damit zusammen, dass wir die Gesetze des Landes befolgen müssen. Und die besagen, dass wir keine Passagiere aus Ländern transportieren dürfen, mit denen der Staat Kuwait keine diplomatischen Beziehungen unterhält. Und einen Transitvisumprozess gibt es nicht.

Sie würden Passagiere aus Israel also transportieren, sie dürfen aber nicht?

Es ist verboten, genau, und wir befolgen wie andere Fluggesellschaften die Gesetze unseres Landes. In mehreren, teilweise viel größeren oder restriktiveren Ländern als Kuwait gelten Einreisebeschränkungen für Passagiere aus bestimmten Ländern, unter anderem Israel. Warum wird nur Kuwait Airways angegriffen?

Laut Verkehrsministerium soll das Völkerrechtsbüro im Außenministerium den Fall prüfen. Könnte das die Flüge noch zu Fall bringen?

Wir gehen davon aus und hoffen, dass politische Erwägungen wirtschaftliche Beziehungen zwischen Ländern nicht behindern, und das Gleichbehandlungsprinzip fuer Fluggesellschaften aus allen Staaten, in denen Einreisenbeschränkungen gelten, angewendet wird.

Wenn ich Kuwait Airways auf Google eingebe, kommen seitenweise nur Meldungen, die dieses Beförderungsverbot betrifft. Wie sehr behindert denn dieses Verbot die Entwicklung  der Fluglinie?

Ich denke, dass man auf das gesamte Bild schauen soll. Wir sind eine arabische Fluggesellschaft in einem Land, das relativ offen ist. Die Pressekampagnen, besonders in den deutschsprachigen Ländern, fokussieren auf dieses Thema und ich denke, das ist nicht gerechtfertigt. In Kuwait gibt es Religionsfreiheit, es gibt z.B. Kirchen verschiedener Konfessionen. Diese unausgewogene Berichterstattung behindert uns schon, allerdings zeigen uns unsere Passagiere, dass sie mit unserem Produkt und unserem Service zufrieden sind, und das hat sich in den letzten zwei Jahren ja tatsächlich erheblich verbessert.

Welche Rolle spielt das Image von Kuwait in der Welt bei den Expansionsplänen der Fluglinie?

Kuwait ist, vor allem in der westlichen Welt, noch nicht so bekannt und ist eine eher neue Destination. Anders als Dubai, wo ja in den letzten Jahren schon Massentourismus zu beobachten ist. Ich denke, Kuwait hat das Image, ein arabischer Staat zu sein, der kein Hardliner ist, aber mehr arabische Identität bewahrt als andere Länder. Wir sind eine kleine Fluggesellschaft mit 4,5 Millionen Passagiere im Jahr. Wir wollen wachsen, aber nicht allzu zu aggressiv expandieren.

Jetzt fliegen Sie Wien an, was steht denn an Destinationen noch auf ihrem Wunschzettel?

Wir haben auch gute Verbindungen zwischen Europa und Asien, also indischer Subkontinent, Thailand und Manila. Wir konzentrieren uns daher im Moment auf den europäischen Kontinent und die Verbindung zwischen Europa und der arabischen Welt. Unser Hauptziel in Europa ist eigentlich London. Aber wir möchten gerne Deutschland erweitern, das ist wegen der beschränkten Landerechte auf 7 pro Woche (4 x Frankfurt, 3 x München, seit diesem Jahr als ganzjährige Verbindung) derzeit nicht möglich. Wien werden wir weiterhin als Sommerdestination bedienen und wir haben vor, ab dem Winterflugplan erstmals Mailand anzufliegen. Davon versprechen wir uns viel.

Der Fokus liegt also auf Europa, Indien und Asien. Welche Rolle spielen die USA?

Wir fliegen täglich mit unserer neuen Boeing 777 nach New York, direkt ab Kuwait, aber auch von den USA in die arabischen Staaten und den indischen Subkontinent. Der Fokus aber, wie gesagt, liegt auf dem Verkehr zwischen Kuwait beziehungsweise den anderen arabischen Staaten und Europa.

Gibt es etwas was sie fliegen wollen aber nicht können?

Wie erwähnt Deutschland, da führen unsere Regierungen vorbereitende Gespräche, damit wir diesen Verkehrsrechtsrahmen erweitern können.

Wo wollen Sie mit Kuwait Airways 2020, 2025 stehen?

Wir wollen unser Image und unseren Bekanntheitsgrad international verbessern. Da sind uns manche unserer Wettbewerber in der Region voraus. Wir sind kein Mega Carrier, wir sind keine Fluggesellschaft, die 90% des Verkehrs über sein Drehkreuz lukriert. 50% unseres Verkehrs ist nicht zwischen Kuwait und den Destinationen, sondern zwischen verschiedenen Destinationen über Kuwait. Wir wollen, sagen wir bis 2023, weiter wachsen, unsere aggressive Wachstumsstrategie weiter verfolgen, wir wollen unser Produkt und unseren Service weiter verbessern. Wir sind schon auf einem hohen Niveau, aber es kann immer noch weiter verbessert werden. Und unsere Flotte gehört mit einem Durchschnittsalter von unter drei Jahren zu den jüngsten der Welt.

Reicht die Kapazität am Flughafen in Kuwait für das geplante Wachstum?

Stimmt, das war bisher ein Engpass, das wird sich demnächst ändern. Der jetzige Flughafen ist für 2 Millionen Passagiere gebaut worden, wir haben jetzt 4 Millionen Passagiere, sind also am Limit. Aber im Juli wird in Kuwait ein neuer Terminal eröffnet, der exklusiv für Kuwait Airways ist, auf dem neuesten Standard. Das wird unser Produkt sehr verbessern.

Wie viele Flugzeuge wollen sie 2023 betreiben?

Unser Ziel sind 35 Flugzeuge im Jahr 2024, die Passagierzahl soll sich von derzeit rund 4,5 Millionen im Jahr fast verdoppeln.

Machen Sie derzeit Profit?

Dazu kann ich nichts sagen, weil wir unsere Bilanzzahlen nicht veröffentlichen. Das langfristige, strategische Ziel ist es, in der weiteren Zukunft die Fluggesellschaft zu privatisieren, daran arbeiten wir derzeit.

Kuwait Airways soll also entwickelt, modernisiert und neu aufgestellt werden. Was erweist sich als die größte Schwierigkeit dabei?

Die größte Schwierigkeit und gleichzeitig die größte Chance ist es, das interne know how aufzubauen. Wir haben ein Team, das aus viel jungen Menschen besteht, die aber noch wenig Erfahrung haben, und wenigen erfahrenen Ältern. Unser erklärtes Ziel ist es, diese jungen Menschen, hauptsächlich Kuwaitis, zu den Führungskräften der Zukunft bei Kuwait Airways zu machen. Und gleichzeitig das Ziel, unser Service weiter zu modernisieren und zu verbessern. Diese Ziele zusammenzubringen und dabei schnell zu sein, das ist eine Herausforderung.

Wie groß ist der Einfluss der Politik? Können Sie das tun, was Sie wollen?

Unsere Fluglinie gehört zu 100% dem Staat und wir haben entsprechend staatliche Regulierungen und Prozesse zu befolgen, die vielleicht nicht immer so effizient sind wie bei einer privaten Fluggesellschaft. Bei den Entscheidungen des Managements interveniert der Staat nicht, er hat aber als Eigentümer bei bestimmten Entscheidungen, wie z.B. der Flotte, die letzte Entscheidung.

Hat eine Fluglinie wie Kuwait Airways nicht die Schwierigkeit, zwischen der arabischen und der westlichen Kultur einen gangbaren Weg zu finden?

Wir sind eine arabische Fluggesellschaft, wir sind 64 Jahre alt und wir sind stolz auf unsere Traditionen. Das heißt aber nicht, dass wir in Traditionen verharren. Wir möchten diese Traditionen in unsere Identität integrieren und dennoch weltoffen und modern sein. Das zeigt sich ja auch daran, dass wir nicht nur Kuwaitis beschäftigen, sondern auch Italiener oder Amerikaner, Menschen also aus allen Kulturkreisen.

Sie operieren in einer politisch sehr instabilen Region, wie können Sie da langfristig planen?

Planung ist in der ganzen Luftfahrtindustrie so eine Sache. Wir müssen flexibel sein, wie jede Fluglinie. Ich glaube nicht, dass wir durch unsere geographische Lage eine besonders schwierige Situation haben. Wir haben auch den Vorteil, dass der Emir von Kuwait eine Politik der Diplomatie befürwortet und aktiv vorantreibt. Das heißt, wir haben gute Beziehungen zu all unseren Nachbarn und fliegen in fast alle Länder der Region. Das macht das kleine Land Kuwait zu einem Hort der Stabilität in einer, zugegebenermaßen, nicht sehr stabilen Region.

Kuwait unterstützt Qatar, das ja von vielen wie Saudi Arabien und Dubai boykottiert wird. Ist das ein Problem?

Nein. Wir haben Beziehungen zu Saudi Arabien, wir haben Beziehungen zu Qatar, wir haben Beziehungen zum Irak. Wir fliegen in all diese Länder. Das meine ich, wenn ich von Diplomatie spreche. Wir bemühen uns, mit allen unseren Nachbarn gute Beziehungen zu haben.

Es schadet ihnen also nicht, dass sie pro Qatar sind.

Wir sind neutral würde ich sagen. Es schadet uns nicht, wir haben zu allen Ländern gute Kontakte.

Geht die Modernisierung von Kuwait Airways und die der Wirtschaft des Landes Hand in Hand?

Auf jeden Fall. Die Fluglinien sind ja immer ein Katalysator für Wirtschaftswachstum. Und Kuwait Airways sind auf jeden Fall ein Instrument dafür, dass die Wirtschaft weiter wächst und auch diversifiziert wird.

Sie sind eine der wenigen Frauen in der Luftfahrt in einer Führungsposition. Ausgerechnet in Arabien. Ist das nicht paradox?

Ja, genau! Ich habe keine Probleme, in einer arabischen Fluggesellschaft im Topmanagement zu sein. Es ist ja auch nicht die erste. In meinem Team gibt es fast 50% Frauen, noch nicht alle im Topmanagement, aber in Zukunft hoffentlich.

Der Emir von Kuwait hat gemeint, nichts erfreue ihn mehr, als eine Frau in einer Führungsposition zu sehen. Niemand sollte Frauen daran hindern. Warum hört man so einen Satz in Arabien, nicht in Europa?

Ja das frage ich mich auch ehrlich gesagt. Die Diskussion zeigt mir, dass die arabische Welt, und gerade Kuwait, gar nicht immer so unvortrefflich ist, wie man manchmal in Europa denkt. Bei Kuwait Airways sind wir 5 Personen im Topmanagement, eine ist eine Frau. Also 20%, das schafft nicht jede europäische Fluggesellschaft. Da müssen sich arabische. Fluggesellschaften nicht verstecken.

Sie sehen die Entwicklung eher positiv. Wie sehr schadet es denn so einer Entwicklung, wenn der CEO von Qatar, Akbar Al Baker, kürzlich gemeint hat, eine Fluglinie könne nicht von einer Frau geführt werden?

Das mag die persönliche Meinung von Herrn Al Baker sein. Allerdings hat er die Bemerkung ja am nächsten Tag zurückgenommen und sich entschuldigt. Ich selbst treffe in meiner täglichen Arbeit viele Frauen, die das Potential haben, einmal eine Fluglinie zu führen, und ich versuche, diese genau wie Männer mit demselben Potential zu fördern. Insgesamt ist sicher noch viel zu tun in der Airline-Branche weiltweit, bis vollkommene Gleichberechtigung erreicht ist. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass Frauen ebenso wie Männer systematisch gefördert werden und bei der Vergabe von Führungspositionen das Geschlecht wirklich keine Rolle spielt.

Sind Frauen Ihrer Meinung nach in Kuwait gleichberechtigt?

Ja, sie sind insgesamt gleichberechtigt und sie spielen auch eine viel stärkere Rolle als Geschäftsleben als in anderen arabischen Ländern.

Sie waren im Kongo, in Saudi Arabien, jetzt sind Sie in Kuwait – haben Sie ein Faible für schwierige Aufgaben?

Ich weiß nicht, ich werde einfach immer gerufen, und die Herausforderung nehme ich dann auch immer gerne an.

Haben Sie weitere berufliche Ziele? Wollen Sie eine Führungsposition in Deutschland?

Mal sehen, je nach dem. Es kommt immer auf die Herausforderung an, und geografisch bin ich da völlig offen.

Sie lieben also Herausforderungen.

Das liebe ich, ja.