Justinas Bulka, Klasjet
«Wir wollen auf 40 bis 45 Flugzeuge wachsen»
Justinas Bulka ist Chef der litauischen Charterairline Klasjet. Im Interview spricht er über seine Pläne für die Flotte, über wichtige Winter-Märkte und über Sportmannschaften als VIP-Kunden.
Klasjet-Chef Justinas Bulka: Auch Regierungsflüge und Spezialmissionen.
Klasjet-Chef Justinas Bulka: Auch Regierungsflüge und Spezialmissionen.
Klasjet vermietet Boeing 737. Zum einen in VIP-Jet-Varianten. Zum anderen als Verkehrsflugzeuge samt Crews an Airlines, ACMI-Geschäft genannt. Wie teilt sich das auf?
Justinas Bulka*: Wir haben als VIP-Betreiber begonnen. 2022 sahen wir dann, dass es im ACMI-Geschäft große Nachfrage und auch entsprechende Anfragen bei uns gab. Daher beschlossen wir, in diesen Markt einzusteigen, und begannen, uns nach Boeing 737-800 umzuschauen. 2023 haben wir sechs dieser Flugzeuge eingeflottet und 2024 eine weitere Boeing 737-800. Dieses Jahr ist nun das erste komplette Jahr mit ACMI-Betrieb. Und wir wachsen in beiden Segmenten.
Wie viele Jets haben Sie aktuell im ACMI-Bereich und wie viele im VIP-Charter?
Im ACMI-Geschäft haben wir sieben Boeing 737-800, alle mit reiner Economy-Kabine, 186 bis 189 Sitzen und weißer Lackierung. Im VIP-Charter setzten wir fünf Boeing 737 Classics ein, zwei -300 und drei -500. Sie alle haben ein einzigartiges Design, innen und außen, und zwischen 56 bis 104 Sitzen. Wir planen außerdem, im vierten Quartal 2024 eine Boeing 737-800 in der Businessjet-Version einzuflotten, die aktuell für uns umgebaut wird.
Wie viele Plätze wird dieser Jet haben?
Er hat 22 Sitze, außerdem Duschen, Sofas, Fernseher und weitere VIP-Ausstattung. Der größte Markt, auf dem wir dieses Flugzeug einsetzen können, ist der Nahe Osten.
Aufträge aus dem Sport machen zwischen 60 und 70 Prozent des Umsatzes in unserem VIP-Geschäft aus.
Woher beziehen Sie den Flieger?
Wir werden ihn leasen von einer anderen Firma unseres Mutterkonzerns Avia Solutions Group, von Aviam Leasing.
Zum VIP-Charter gehört auch der Transport von Sportmannschaften. Bei der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland sind zum Beispiel Nationalteams mit Ihnen geflogen. Wie wichtig sind Kunden aus dem Sport für Sie?
Verschiedene Nationalmannschaften und Fußballvereine fliegen mit uns – sie gehören zu unserem Hauptkundenkreise. Aufträge aus dem Sport machen zwischen 60 und 70 Prozent des Umsatzes in unserem VIP-Geschäft aus. Dabei nimmt Fußball den größten Teil ein, rund 85 Prozent der Einnahmen aus dem Sportsegment. Aber wir fliegen gelegentlich auch Basketball- oder Eishockeymannschaften und dieses Jahr sind im Rahmen der Tour de France ein Radteam und dessen Unterstützer mit uns geflogen.
Blick in die Kabine eines VIP-Jets von Klasjet. Bild: Klasjet
Wie verteilt sich Klasjets Umsatz zwischen VIP-Chartergeschäft und ACMI?
Im vergangenen Jahr war es ein Verhältnis von ungefähr 50:50. Wir hatten einen Umsatz von 60 Millionen Euro, wovon jeweils 30 Millionen aus den beiden Bereichen kamen. Dieses Jahr erwarten wir einen Anstieg in Richtung ACMI, also eine Verteilung von rund 55:45 Prozent zugunsten des ACMI-Geschäfts. Das liegt daran, dass wir in unserer Flotte mehr ACMI-Flugzeuge haben, sieben Boeing 737-800 im Vergleich zu fünf Classics. In Zukunft wollen wir in beiden Segmenten wachsen. Aber wir sehen eine größere Nachfrage und ein größeres Wachstum beim ACMI. Wir wollen in etwa fünf oder sechs Jahren auf 40 bis 45 Flugzeuge wachsen – 30 bis 35 in ACMI-Konfiguration und etwa zehn in VIP-Konfiguration.
Sie haben im Sommer auch Flüge im Rahmen einer prominenten Hochzeit durchgeführt. Welche Bereiche gehören noch zum VIP-Segment?
Das stimmt, das war etwas Besonderes: Drei unserer Flugzeuge sind mehr oder weniger gleichzeitig zum selben Ziel geflogen. Und wir mussten sie auf die gleiche Weise vorbereiten beim Catering, bei der Dekorationen und anderen Dingen. Über die Details wahren wir natürlich Vertraulichkeit. Aber wir führen auch Regierungsflüge durch, Spezialmissionen und andere Projekte.
Eine Boeing 737-500 von Klasjet. Bild: Klasjet
Was für Spezialmissionen sind das?
Zum Beispiel haben wir in der Covid-Pandemie Fluggäste befördert, die von Afrika nach Asien oder zwischen anderen Kontinenten fliegen mussten, als es keine anderen Flüge gab. Als die amerikanischen Truppen Afghanistan verlassen haben, haben wir Menschen aus umliegenden Ländern nach Europa transportiert. Nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 wollten viele Menschen Israel verlassen und wir haben zwölf oder dreizehn Flüge durchgeführt, etwa nach Athen oder Larnaca.
Schauen wir aufs ACMI-Geschäft. Für welche Airlines sind Ihre Flugzeuge derzeit im Einsatz?
Einige unserer Flugzeuge fliegen für den Kunden Marabu in Deutschland. Zudem haben wir einige unserer Flugzeuge für den Sommer an Smartwings vermietet, die zum Betrieb ab Bratislava und Porto im Einsatz sind. Und einige Flugzeuge befinden sich bei El Al in Israel. Für den europäischen Winter versuchen wir, die Flugzeuge in andere Regionen zu verlegen, hauptsächlich nach Afrika. Dazu stehen einige Verträge kurz vor der Unterschrift. Im vergangenen Winter hatten wir auch Flugzeuge in Asien im Einsatz.
Der größte Anteil von Crew-Mitgliedern aus einem Land liegt nicht über 6 Prozent.
Charteranbieter aus Osteuropa werden immer wieder dafür kritisiert, niedrigere Löhne zu zahlen und geringere soziale Standards zu haben. Sie standen dafür etwa 2021 in Belgien in der Kritik. Was entgegnen Sie?
Wir arbeiten gemäß den geltenden Vorschriften. Auch im erwähnten Fall in Belgien haben wir gegen keine Vorschriften oder Gesetze verstoßen. Der europäische Markt ist offen. Jeder kann arbeiten, wo er oder sie will. Und es herrscht freier Verkehr von Kapital, Geld, Menschen und anderen Dingen. Wir haben ein sehr gemischtes, internationales Team. Der größte Anteil von Crew-Mitgliedern aus einem Land liegt nicht über 6 Prozent.
Wie viele Leute arbeiten im Moment insgesamt für Klasjet?
Im Büro haben wir etwa 100 bis 110 Angestellte. Und zwischen 300 und 350 Crewmitglieder.
Boeing 737-800 von Klasjet. Bild: Klasjet
Wir haben vorhin schon über Ihre Flotte gesprochen, die sie vergrößern wollen. Bleibt Klasjet eine reine Boeing-737-Betreiberin, oder sind andere Modelle auch eine Option für Sie?
Im Moment konzentrieren wir uns aufgrund der Synergien auf Flugzeuge von Boeing. Aber es hängt vom Markt ab. Im Moment ist es sehr schwierig, neue Flugzeuge zu bekommen. Wir denken daher auch über andere Optionen nach. Die Zukunft wird zeigen, welchen Weg wir einschlagen. Aber im Moment möchten wir Boeing-Betreiberin sein.
Und haben Sie Interesse an der Boeing 737 Max?
Derzeit nicht. Es gibt eine gewisse Trennung und Aufteilung zwischen den Airlines unserer Gruppe. Wir fokussieren uns im Moment auf die 737-800 und schauen uns keine 737 Max an.
Wenn es darum geht, weniger klimaschädlich unterwegs zu sein, verweisen viele Fluglinien auf neue, spritsparende Flugzeugmodelle, die sie erhalten. Klasjet fliegt mit Jets älterer Generationen. Wie gehen Sie mit dem Problem um?
Auch wir und unsere Gruppe denken an die Umwelt und wollen unsere Situation verbessern. Die Flugzeuge, die wir zuletzt eingeflottet haben, sind auch jünger als die vorherigen. Aber derzeit ist sehr schwierig, am Markt geeignete Jets zu angemessenen Preisen finden.
*Justinas Bulka stieg 2018 als Finanzchef bei Klasjet ein. Im Jahr 2019 übernahm er bereits einmal interimistisch das Amt des Airline-Chefs. Im Mai 2023 übernahm er den CEO-Posten dann fest. Der Manager spricht Litauisch, Spanisch, Englisch, Deutsch und Russisch.