Letzte Aktualisierung: um 15:23 Uhr

Owain Jones, Wizz Air

«Wir können problemlos mit Ryanair konkurrieren»

Wizz-Air-Vorstand Owain Jones über die Probleme mit den Motoren von Pratt and Whitney, das Versagen der Flugsicherungen und Wachstumspläne in Österreich.

Gibt es Hoffnung, dass sich die Situation rund um die P&W-Triebwerksprobleme für Wizz Air in absehbarer Zeit verbessern wird?
Owain Jones: Langfristig natürlich ja, kurzfristig wahrscheinlich nicht. Wenn wir uns die Situation vor ein paar Monaten anschauen, hatten wir erwartet, dass etwa 50 Flugzeuge am Boden bleiben würden, aber am Ende waren es 44 Airbusse, die den Sommer über nicht eingesetzt wurden. Derzeit sind wir noch bei 40 Flugzeugen, wobei die Kapazitäten in den Wartungsbetrieben und die Ersatzteilbeschaffung noch das größte Problem darstellen.

Neue Flugzeugauslieferungen können die Ausfälle nicht kompensieren?
Wir haben insgesamt noch über 300 Flugzeuge bei Airbus bestellt, die jetzt ausgeliefert werden. Zuletzt mussten wir 40 Flugzeuge aus dem Verkehr ziehen, während gleichzeitig 40 neue Flugzeuge ausgeliefert wurden, weshalb wir nicht weiterwachsen konnten. Das wird sich im neuen Jahr ändern, jetzt können wir endlich wieder wachsen, denn wir werden bis Ende des Jahres 2024 zwei weitere neue Flugzeuge erhalten, das ist ein Zuwachs, ebenso wie jedes weitere Flugzeug, das 2025 ausgeliefert wird. Wir rechnen 2025 wieder mit rund 50 Flugzeugen, was bedeutet, dass wir in Märkten wie Katowice, Krakau, Varna, Chisinau und darüber hinaus wieder expandieren können.

Mit der Auslieferung des neuen Flugzeugs können wir wieder expandieren

Sie sind also optimistisch für 2025?
Auf jeden Fall, während der Covid-Pandemie mussten wir unsere Kapazitäten in verschiedenen Märkten anpassen. Mit der Auslieferung des neuen Flugzeugs können wir wieder expandieren.

Welche finanziellen Auswirkungen hatten die Probleme mit den Pratt & Whitney-Triebwerken, haben Sie von Airbus eine Entschädigung für die Verluste erhalten?
Ja, allerdings muss man unterscheiden zwischen den Fixkosten für die 40 gegroundeten Flugzeuge, die entschädigt wurden, und den acht Wet-Lease-Flugzeugen, die wir anmieten mussten und für die uns zusätzliche Kosten entstanden. Diese Flugzeuge haben uns bereits verlassen, aber ihre Anmietung war ein großer Aufwand mit Kosten von rund 100 Millionen Euro.

Wie sieht es mit den anderen Airbus-Auslieferungen aus, erwarten Sie auch hier Probleme und wie viele neue Neos sollen im neuen Jahr übernommen werden?
Airbus hat bekannt gegeben, dass es Verzögerungen bei den Auslieferungen kommt und das wird auch ganz offen kommuniziert. Wir würden gerne 50-60 Flugzeuge pro Jahr übernehmen, dieses Jahr waren es tatsächlich nur 31, aber nächstes Jahr können wir wieder 50 Airbusse übernehmen und damit weiterwachsen.

Übernehmen Sie wie schon zuvor auch Flugzeuge aus dem Airbus-Werk in Tianjin?
Ja, das tun wir. Wir haben 2023 unseren ersten Airbus aus China übernommen und seither noch weitere. Letztlich ist es aber egal, woher die Airbusse kommen, Airbus bleibt Airbus.

Diejenigen, die bei uns anfangen, haben die Möglichkeit, nach nur fünf bis sechs Jahren vom rechten auf den linken Kapitänssitz zu wechseln.

Austrian-Operativchef Francesco Sciortino hat kürzlich die ungarischen Flugsicherungs-Probleme beklagt. Welche Auswirkungen haben diese auf Sie, als Fluggesellschaft mit Sitz in Ungarn?
Ich denke, dieses Problem ist nicht nur ein ungarisches Problem, da die meisten Flugsicherungszentren in der EU nach dem Ende der Covid-Pandemie unter Personalmangel leiden. Das Problem ist wahrscheinlich auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass der ukrainische Luftraum seit zwei Jahren gesperrt ist, was zu einem Engpass, einem Stau in der Luft geführt hat. Als Fluggesellschaft würden wir uns natürlich eine Verbesserung der Situation wünschen; den wir brauchen mehr Effizienz und Anstrengungen von allen Beteiligten in Europa, um unser Geschäft wirtschaftlich und effizient betreiben zu können.

Wie sieht es mit den Besatzungen aus, ist es schwierig, Piloten zu finden?
Ich würde nicht sagen, dass es schwierig ist. Wir haben eine einzigartige Unternehmenskultur bei Wizz Air, weil wir uns auf eine enge Beziehung zwischen Management und Crew konzentrieren. Wir sind die Wizz-Air-Familie und Wizz Air kann unseren Crews mehr Aufstiegsmöglichkeiten bieten als fast jede andere Fluggesellschaft in Europa. Diejenigen, die bei uns anfangen, haben die Möglichkeit, nach nur fünf bis sechs Jahren vom rechten auf den linken Kapitänssitz zu wechseln.

Wenn man sich ihre Aktivitäten in Deutschland und Österreich anschaut, so sind in den letzten Jahren Flugzeuge stationiert worden, aber auch immer wieder abgezogen worden. Warum dieses ständige Auf und Ab?
Zunächst einmal muss man sagen, dass Deutschland und Österreich zwei unterschiedliche Märkte sind. Wir haben in Deutschland keine Flugzeuge stationiert, in Österreich aber schon. Aber Sie haben Recht, in Wien waren Flugzeuge stationiert, die aber auch wieder vom Markt genommen wurden, teils wegen Covid, teils wegen der erwähnten Probleme mit den Triebwerken unserer Neos. Es hat daher länger gedauert, bis wir wieder zu dem Wachstumsplan zurückgekehrt sind, den wir einmal begonnen haben, jetzt können wir aber wieder wachsen.

Mit anderen Worten: Wenn Sie die Kapazitäten wieder zur Verfügung haben, würden Sie dann auch in Wien weiterwachsen wollen, trotz der starken Präsenz von Ryanair?
Das ist in Ordnung, wir können problemlos mit Ryanair konkurrieren, aber um auf Ihre Frage zurückzukommen, wir wollen auch in Wien weiterwachsen, denn Wien war immer eine wichtige Basis für uns.

Owain Jones kam im September 2010 als Rechtsberater zu Wizz Air und wurde im Juni 2024 zum Chief Corporate Officer befördert, nachdem er im September 2018 Managing Director von Wizz Air UK wurde.