Vladan Draskovits, Airports of Montenegro
«Wir hoffen auf mehr Fluggesellschaften aus dem arabischen Raum»
Vladan Draskovic ist Chef von Airports of Montenegro. Im Interview spricht er über das Ausbleiben russischer Gäste, nötige Investitionen in Podgorica und Tivat und Langstreckenflüge.
Vladan Draskovits: «Es wird Jahre dauern, ob drei, fünf oder sieben Jahre, können wir noch nicht sagen.»
Vladan Draskovits: «Es wird Jahre dauern, ob drei, fünf oder sieben Jahre, können wir noch nicht sagen.»
Wenn Sie auf das vergangene Jahr zurückschauen, wie zufrieden sind Sie mit der Verkehrsentwicklung der Flughäfen Podgorica und Tivat?
Vladan Drašković*: Die Zahlen des Flughafens Podgorica sprechen eine deutliche Sprache. Von Januar bis Mitte Dezember 2022 fertigten die Flughäfen von Montenegro rund 1,9 Millionen Passagiere ab, was einen Anstieg von 72 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2019 bedeutet. Das Passagieraufkommen am Flughafen Podgorica lag sogar bei 98 Prozent des Niveaus, das im Rekordjahr 2019 erreicht wurde.
Und am Flughafen Tivat?
Was Tivat betrifft, so war die Lage im letzten Jahr weniger gut. Aufgrund der bekannten geopolitischen Lage verzeichnete der Flughafen etwa 50 Prozent des Passagieraufkommens von vor drei Jahren. Wie wir wissen, haben wir den russischen und ukrainischen Markt verloren, aber wir sind auch hier vorsichtig optimistisch, was die Zukunft angeht. Tivat ist natürlich in unserem Fokus und wir wollen bald wieder an die Verkehrszahlen von 2019 anknüpfen können. Wir sind in Gesprächen und werden bald einige Neuigkeiten verkünden, die den Markt überraschen werden.
Werden Sie den Ausfall der russischen Gäste, 2019 waren das 380.000 Personen, in Montenegro in absehbarer Zeit kompensieren können?
Nicht sofort, es wird Jahre dauern, ob drei, fünf oder sieben Jahre, können wir noch nicht sagen. Außerdem wird es wichtig sein zu wissen, wie sich die Zukunft der Airports of Montenegro entwickeln wird, ob eine Konzession vergeben wird, wie sich der Markt entwickeln wird und viele andere ungewisse Faktoren. Die Flughäfen von Montenegro haben es aber geschafft, diesen Verlust bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren. Natürlich wird es eine beträchtliche Zeit dauern, bis der Wegfall der Touristen aus den Ländern, die bis vor kurzem noch unsere traditionellen Märkte waren und auch von der Größe her zu den wichtigsten Märkten gehörten, vollständig kompensiert ist. Während wir aktiv nach Alternativen suchen, hoffen wir, dass sich die Lage in der Ukraine, in Russland und auf internationaler Ebene bald beruhigen wird.
Wir sind zuversichtlich, dass Air Montenegro seine Kapazitäten weiter ausbauen wird.
In Podgorica sind Sie fast wieder auf dem Niveau von vor der Corona, aber die Auswahl an Flugverbindungen ist immer noch begrenzt. Wo sehen Sie hier noch Potenzial?
Ich denke, dass wir heute am Flughafen Podgorica bereits eine sehr gute Mischung aus Lowcost-Anbietern und Netzwerkfluggesellschaften in unserem Portfolio haben. Sie sprechen von einem begrenzten Angebot, aber ich sehe das ein wenig anders. Einige externe Branchenanalysen zeigen, dass Montenegro in Bezug auf die Gesamtkonnektivität in der Region einen hohen dritten Platz einnimmt, gleich nach Serbien und Kroatien. Was das Marktpotenzial angeht, so gehen wir Schritt für Schritt vor und stehen mit allen Fluggesellschaften in Kontakt. Aber es gibt sicherlich noch Potenzial in Westeuropa, im Nahen Osten, in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und in Zukunft natürlich auch wieder in der Ukraine und in Russland. Ich denke, wenn diese Katastrophe vorbei ist, wird es eine Erholung dieser Märkte geben. In der laufenden Saison meldet Podgorica mehr als zwanzig aktive Strecken und erreicht damit einen historischen Höchststand. Die frühere Fluggesellschaft Montenegro Airlines bediente in ihrer Blütezeit sieben ganzjährig bediente Strecken, während die heutige Fluggesellschaft Air Montenegro derzeit drei ganzjährig bediente Strecken unterhält. Wir sind zuversichtlich, dass Air Montenegro seine Kapazitäten weiter ausbauen wird, und wir haben Grund zum Optimismus, was die Verbesserung der Konnektivität angeht.
Und wie sieht es mit der Anwerbung neuer Fluglinien aus, ist der montenegrinische Markt zu klein für große Airlines?
Montenegro mag zwar nur eine überschaubare Einwohnerzahl haben, aber dafür bietet das Land ein großes touristisches Potenzial, und das wird meiner Meinung nach auch in Zukunft der Hauptantrieb für Fluggesellschaften sein, nach Montenegro zu kommen. Wenn man sich die Liste der Fluggesellschaften ansieht, die Montenegro anfliegen, würde ich nicht sagen, dass der montenegrinische Markt zu klein ist, um große Fluggesellschaften anzuziehen. Natürlich gibt es immer Raum für Verbesserungen, und wir sind weiterhin bestrebt, neue Fluggesellschaften zu gewinnen. Da wir derzeit nicht in der Lage sind, Überseeflüge abzuwickeln, sind wir in erster Linie auf Europa ausgerichtet.
Terminal des Flughafens Podgorica. Bild: aeroTELEGRAPH/Martin Dichler
Wie steht es um Fluglinien aus dem arabischen Raum aus, Flynas hat sich im vergangenen Jahr erstmals in Podgorica versucht?
Wir hoffen, dass in Zukunft mehr Fluggesellschaften aus dem arabischen Raum kommen werden. Die Flüge von Flynas sind für dieses Jahr noch nicht bestätigt, da es noch Fragen bei der Befreiung von der Visumpflicht gibt. Sobald diese Frage geklärt ist, wird dies wahrscheinlich auch zu einem Anstieg der Nachfrage führen. Wir können hier aber nicht tun, was wir wollen, denn wir müssen im Rahmen unseres Antrags auf EU-Mitgliedschaft die EU-Standards einhalten, und hier gibt es bestimmte Visabestimmungen. Wir sehen in der arabischen Region aber ein riesiges Potenzial für die Tourismusindustrie.
Air Montenegro hat mit finanziellen Problemen zu kämpfen, wie wichtig wäre eine starke Heimatfluglinie für ihren Unternehmen?
Eine starke Heimatfluggesellschaft ist natürlich immer sehr nützlich für uns. Der frühere Betreiber Montenegro Airlines hatte acht Flugzeuge in seiner Flotte, heute betreibt Air Montenegro zwei Embraer-Jets. Im Jahr 2022 fertigten unsere Flughäfen 360.000 Passagiere von Air Montenegro ab. Wir pflegen eine ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dieser Partnerfluggesellschaft, die eine solide Zahlungsdisziplin an den Tag gelegt hat. Air Montenegro ist unser wertvoller Partner und wir unterstützen ihr weiteres Wachstum und ihre Entwicklung. Wir haben keinen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung, diese hat nur der Eigentümer in Form des montenegrinischen Staates. Es liegt jedoch im größten Interesse der montenegrinischen Flughäfen, dass es eine starke nationale Fluggesellschaft im Lande gibt.
Sie haben vor kurzem gesagt, dass durch die mehrjährigen Verspätungen in der Entscheidungsfindungen ihres Eigentümers, die beiden Flughäfen Tivat und Podgorica aufgrund fehlender Investitionen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Was sind die dringendsten Investitionen?
Zunächst einmal müssen Sie wissen, dass wir der Flughafenbetreiber und gleichzeitig der einzige Abfertigungsbetreiber in Montenegro sind, weshalb wir unter anderem in neue Geräte für die Passagierabfertigung investieren müssen. Außerdem steht die Reparatur der Terminaldächer in Podgorica und Tivat auf der Tagesordnung. Auch wenn die Gesamtkapazität in der Spitzenstunde an ihre Grenzen stößt, bedeutet dies nicht, dass die Flughafeninfrastruktur die wichtigsten Anforderungen der Verkehrsnachfrage nicht mehr erfüllen kann. Und auch wenn dabei das Serviceniveau nicht immer zufriedenstellend ist, hat die verfügbare Kapazität zu keinem Zeitpunkt die Sicherheit der Passagier- und Flugzeugabfertigung beeinträchtigt. Eine Entscheidung über den weiteren Ausbau der bestehenden Infrastruktur muss jedoch hier vom Eigentümer getroffen werden.
Wir sollten strategische Entscheidungen treffen, damit Langstreckenflüge in Zukunft möglich sind.
Sie haben auch davon gesprochen, dass Ihre Flughäfen langfristige Investitionen in Höhe von 100 bis 150 Millionen Euro benötigen. Wäre der Einstieg eines finanzstarken Konzessionärs nicht die Lösung für Ihre Probleme?
Die Konzession ist ein legitimes Verwaltungsmodell, das zwar Vorteile mit sich bringt, aber auch große Risiken birgt, die sich am besten mit dem Verlust der Souveränität bei der Verwaltung zusammenfassen lassen. Die Motive und Prioritäten, die dem staatlichen und dem konzessionierten Verwaltungsmodell zugrunde liegen, scheinen oft unterschiedlich und manchmal sogar gegensätzlich zu sein, so dass eventuelle Fehler bei der Erfüllung der Verpflichtungen durch den Konzessionär den Staat in eine wenig beneidenswerte Lage bringen können. Alles in allem kann die Konzession zu kontraproduktiven Zielen führen, wenn man weiß, dass die Erhöhung der Flughafengebühren die Fluggesellschaften verdrängen und die Entwicklung neuer Strecken, insbesondere im Hinblick auf den Lowcost-Betrieb, beeinträchtigen könnte. Ich neige nicht zu der Ansicht, dass die Ersetzung des öffentlichen durch ein privates Monopol die beste Lösung für unsere unbestreitbaren Schwächen darstellen würde. Wir sollten aber der erste Ort sein, an dem nach einer Lösung gesucht wird, und ich glaube, dass das wirksamste Heilmittel für unseren Zustand in unserem eigenen Hinterhof zu finden ist.
Ihr Premierminister Dritan Abazovic hat während eines Besuches im Januar von dem Ziel gesprochen, einen dritten Zivilflughafen in Montenegro zu eröffnen. Gibt es den solche Pläne und wohin soll dieser gebaut werden?
Uns liegen keine weiteren Informationen zu dieser Aussage vor. In der Vergangenheit wurde in den montenegrinischen Medien oft darüber spekuliert, dass ein neuer Flughafen in Berane, im Nordosten des Landes, gebaut werden könnte. Andererseits beträgt die Ausdehnung des Landes von Norden nach Süden nur 200 Kilometer, so dass ein zentraler Flughafen ausreichen sollte. Sollte die Regierung jedoch aktiv die Eröffnung eines dritten Flughafens anstreben und uns als Quelle der notwendigen Unterstützung ausmachen, sind wir bereit, einen Beitrag zu leisten. Hier ist es wichtig, die Grenzen der zugewiesenen Verantwortung zu verstehen. Mit anderen Worten, die Hauptaufgabe, mit der Airports of Montenegro betraut ist, ist der Betrieb der Flughäfen Podgorica und Tivat, während jegliche Pläne und Standortanalysen für einen eventuellen dritten Flughafen außerhalb unseres Verantwortungsbereichs liegen.
Viel größere Flughäfen Ex-Jugoslawiens träumen von Langstreckenverbindungen, von was träumen Sie?
Eigentlich träumen wir auch davon, es ist wohl nur eine Frage der Zeit und wir sollten strategische Entscheidungen in unserer Infrastruktur treffen, damit Langstreckenflüge in Zukunft möglich sind. Wie wir in der Region, in Belgrad, Zagreb und Dubrovnik, gesehen haben, waren diese Flüge bisher eine Erfolgsgeschichte, also sollten wir auch zumindest darüber nachdenken, wie wir diese Flüge in der Hauptstadt von Montenegro abwickeln können, nicht sofort, aber in Zukunft.
* Vladan Drašković (46) ist ausgebildeter technischer Ingenieur. Er war zwischen dem Jahr 2003 und 2013 bei verschiedenen Unternehmen in Montenegro und Serbien im Bereich Wasserwirtschaft und Pharmazie als leitender Mitarbeiter tätig. 2013 wechselte er zu LSG, wo er zunächst in Riga als Projektmanager und später in Krasnoyarsk und Lagos als General Manager tätig war. Im Jahr
2021 wechselte er zunächst als Assistent Director Commercial and Marketing zum montenegrinischen Flughafenbetreiber Airports of Montenegro, wo er im vergangenen Jahr zum neuen Chef ernannt wurde.
Flughafen Tivat. Bild: Airports of Montenegro