Letzte Aktualisierung: um 20:07 Uhr

Flugbereitschaft

Wieso es keine Raketenabwehr für Regierungs-A350 gibt

Das deutsche Verteidigungsministerium prüft, auf Verteidigungssysteme für seine Airbus A350 zu verzichten. Grund sind Herausforderungen, die der Rumpf mit sich bringt.

Im November 2022 wurde der zweite Airbus A350-900 der Flugbereitschaft des deutschen Verteidigungsministeriums auf den Namen Konrad Adenauer getauft. Lufthansa Technik übergab das Flugzeug mit dem militärischen Kennzeichen 10+01 bei einer feierlichen Veranstaltung an die Bundeswehr. Wozu sich niemand offiziell äußerte: Warum hat der Regierungsjet noch kein Raketenabwehrsystem und wie sind die Pläne in dieser Hinsicht?

Auf Fragen von aeroTELEGRAPH im Nachgang der Veranstaltung sagte ein Sprecher der Luftwaffe, es handele sich um «schutzbedürftige Informationen» und man könne «aus Gründen der militärischen Sicherheit keine Aussagen treffen». Ähnliche äußerte sich das Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr.

Vorschlag, auf Raketenabwehr zu verzichten

Nun hat das Thema allerdings eine politische Dimension erhalten. Wie die Zeitung Bild am Sonntag berichtet, wollte der CDU-Politiker Ingo Gädechens – Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Verteidigungsausschuss sowie Mitglied im Haushaltsausschuss – wissen, warum die für die Raketenabwehrsystem eingeplanten Gelder noch nicht abgerufen sind.

Das Verteidigungsministerium erklärte: «Der Vorschlag des Inspekteurs der Luftwaffe, auf die Umrüstung von Selbstschutzsystemen zugunsten einer höheren Flottenverfügbarkeit zu verzichten, wurde seitens des Ministeriums aufgegriffen und wird aktuell unter Abwägung von Kosten, Nutzen und Risiken einer Bewertung unterzogen.» Sprich: Ein Verzicht auf ein
Raketenabwehrsystem für die drei Airbus A350-900 steht zumindest zur Debatte.

«Selbstschutzsystem momentan nicht marktverfügbar»

Am Montagmorgen äußert sich das Ministerium nun in einer öffentlichen Mitteilung: «Ein Selbstschutzsystem für den A350 ist momentan nicht marktverfügbar und müsste mit hohem Kosten- und Zeitaufwand entwickelt werden. Derzeit zeichne sich zwar ab, «dass eine ‘Integration Selbstschutz’ in A350 Flugzeuge technisch grundsätzlich umsetzbar ist». Dies würde allerdings Haushaltsmittel in dreistelliger Millionenhöhe binden sowie mehrere Monate pro Jet in Anspruch nehmen und die Verfügbarkeit somit stark einschränken.

Daher befrage man derzeit die Hauptnutzenden, also Bundespräsident, Bundeskanzler und Außenministerin – «mit dem Vorschlag, auf die weitere Einrüstung von Selbstschutzssystemen für die ‘Weiße Flotte’ zu verzichten und bei Flügen in Einsatz- und Risikogebiete weiterhin die sehr gut geschützte A400 M zu nutzen», so das Ministerium. Diese Abfrage sei noch nicht abgeschlossen. Denkbar wäre auch «ein abgestuftes Konzept».

Neue Herausforderungen durch Verbundwerkstoffe

Was das Ministerium nicht erklärt: Wieso sind solche Systeme nicht «marktverfügbar»? Und warum würde eine Entwicklung einen hohen Kosten- und Zeitaufwand bedeuten?

Die Antwort liegt in der Konstruktion des A350. Der Rumpf des Fliegers besteht nämlich – wie auch bei der Boeing 787 – zu großen Teilen aus Verbundwerkstoffen. Für ältere Modelle mit Aluminium-Rumpf wie etwa Boeing 747 oder Airbus A340 gibt es Verteidigungssysteme und viel Erfahrung mit dem Einbau. Eine Nachrüstung bei einem Rumpf aus Verbundwerkstoffen ist technisch eine neue und andere Herausforderung.

Künftige Air Force One sind Boeing 747-8

So werden etwa die neuen Air-Force-One-Regierungsflieger der USA Boeing 747-8 sein. Im Vergleich dazu hat Deutschland mit den A350-900 die moderneren und effizienteren Flugzeuge – ist in Sachen Verteidigungssysteme aber zumindest aktuell noch im Nachteil.

Der Airbus A350 und die Verbundwerkstoffe. Bild: Airbus

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