Letzte Aktualisierung: um 15:04 Uhr

Konsolidierung

Wer könnte die Airlines von Thomas Cook kaufen?

Die Fluglinien von Thomas Cook stehen zum Verkauf. Wer könnte sich dafür interessieren? Und wer hätte überhaupt Chancen, zum Zug zu kommen?

Zumindest für Luftfahrtinteressierte ist derzeit kaum ein Krimi spannender als das, was sich in der Branche in Europa tut. Pleiten, Zusammenschlüsse, Verkaufsgerüchte, Konkurrenzkampf – alles ist dabei in dieser Geschichte. Zuletzt sorgte der Reisekonzern Thomas Cook für Schlagzeilen. Anfang Februar erklärte er, dass man «alle Optionen für die Thomas Cook Group Airlines» prüfe.

Eine dieser Optionen ist ein Verkauf oder Teilverkauf. Der Evaluationsprozess wird sich allerdings noch eine ganze Weile hinziehen, die Rede ist von mehreren Monaten. Für die Fluggesellschaften des Reisekonzerns wäre eine solche Lösung vor allem dann interessant, wenn sie so zu einem auf Luftfahrt spezialisierten Konzern stoßen würden. So wären sie nicht mehr nur ein Teilbereich des Konglomerats, sondern könnten von einer vorhandenen Infrastruktur profitieren.

Doch für wen wäre ein Kauf von Teilen oder des ganzen Geschäfts – neben der deutschen Condor besitzt Thomas Cook die unter der Marke Thomas Cook aktive Fluglinien im Vereinigten Königreich, Skandinavien und auf den Balearen sowie die Wet-Lease-Anbieterin Thomas Cook Aviation in Deutschland – überhaupt interessant?

Easyjet

Die britische Billigairline ist in Deutschland stark gewachsen. Nach dem Ende von Air Berlin ist Easyjet in Tegel zur Nummer eins geworden, ebenso hat sie an den ehemaligen Air-Berlin-Basen Düsseldorf und Schönefeld ausgebaut. Die Airlines von Thomas Cook mit 103 Fliegern würden das Wachstum an anderen Standorten fördern und die Flotte mit einem Schlag um ein Drittel vergrößern.

Laut den Analysten der Credit Suisse wäre für Easyjet ein Kauf vor allem deshalb attraktiv, weil dadurch das Wachstum an den für die Billigairline wichtigen Standorten Gatwick und Manchester gefördert würde. Zudem könnte laut den Experten auch eine Vereinbarung mit der Thomas-Cook-Gruppe interessant sein über Kapazitäten in Jets, die Ferienziele anfliegen.

Ein Kontra-Argument ist, dass die deutsche Tochter Condor in Berlin nicht relevant ist – und dort setzt Easyjet derzeit viel Energie ein. Zudem muss der Betrieb in Deutschland nach dem Chaos-Sommer 2018 erst einmal wieder stabilisiert werden.

Ryanair

Die irische Billigairline könne durch die Akquisition um bis zu ein Viertel wachsen. Zudem hat Ryanair Appetit auf Zukäufe – und das auch immer wieder betont. Seit dem Zukauf von Laudamotion im vergangenen Jahr ist auch eine Mischung von Airbus- und Boeing-Fliegern nicht mehr undenkbar. In Gatwick könnte Ryanair zusätzlich zu den Basen Luton, Southend und Stansted eine Größe werden, so die Analysten der Credit Suisse. So wie für Easyjet könnten auch für Ryanair Kontingente des Reisekonzerns auf Flügen zu Ferienorten interessant sein.

Gegen einen Kauf durch Ryanair spricht vor allem die instabile Lage bei den Iren, was die Beziehung zu den Arbeitnehmern betrifft. Im vergangenen Jahr war die Airline immer wieder durch Streiks in Cockpit und Kabine beeinträchtigt. Solange diese Beziehungen nicht vollständig geregelt sind, dürfte es sehr schwierig sein, neue Arbeitnehmer nach einem Zukauf ins Unternehmen zu integrieren.

Lufthansa

Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister hat bereits öffentlich gesagt, dass die Lufthansa-Gruppe Interesse an mindestens Teilen der Airlines von Thomas Cook hat – er meint damit die deutsche Condor, die früher einst zu ihr gehörte. Natürlich wäre ein Zukauf für Lufthansa attraktiv. Vor allem mit Eurowings wären Condor, aber auch die anderen Airlines von Thomas Cook kompatibel. Doch ist das wirklich realistisch?

Wettbewerbstechnisch dürfte es für Lufthansa vor allem in Deutschland schwierig werden, zuzukaufen. Abhängig ist das von der Überlappung der jeweiligen Märkte, doch inzwischen ist die Gruppe auch auf Ferienstrecken so stark, dass die Wettbewerbshüter sehr genau hinschauen dürften – vor allem auch nach der Kritik, die es nach dem Okay zum Air-Berlin-Deal gegeben hatte. Auch die Analysten der Credit Suisse nennen die kartellrechtlichen Hürden «so gut wie unüberbrückbar».

Tui

Der deutsche Reiseriese hat angekündigt, sich die Airlines von Thomas Cook genau anzuschauen. Allerdings steht er im Veranstaltergeschäft in harter Konkurrenz zu Thomas Cook. Die Briten werden deshalb wohl wenig Interesse an einem Verkauf an Tui haben. Allenfalls wäre jedoch eine Kooperation denkbar. Zudem gäbe es kartellrechtliche Hürden.

IAG

Die International Consolidated Airlines Group IAG besitzt inzwischen British Airways, Iberia, Aer Lingus, Vueling und die neue Billigairline Level. Und sie will aktiv an der Konsolidierung in Europa teilhaben. So hatte sie etwa versucht, die Air-Berlin-Tochter Niki zu kaufen – und das auch geschafft, bevor Niki Lauda dann doch noch zum Zug kam. Auch an Norwegian Air Shuttle war IAG interessiert, zog sich aber inzwischen wieder zurück.

Für IAG sind ebenfalls die Slots in London-Gatwick attraktiv. Dort kaufte die Gruppe erst kürzlich nach der Pleite der britischen Airline Monarch hinzu. Doch der Rückzug bei Norwegian zeigt auch: IAG ist nicht einmal annähernd bereit, auch nur einen Cent zu viel für einen Zukauf zu zahlen. Und ob Thomas Cook wirklich zur Gruppe passt, bleibt fraglich. Laut den Experten der Credit Suisse ist vor allem unklar, wie wichtig der deutsche Markt – also Condor – für IAG ist. An einem Teilverkauf – etwa von Slots – könnte die Gruppe aber durchaus interessiert sein, sollte es dazu kommen.

Oder doch Alleingang?

Auch ein Nicht-Verkauf bleibt eine Option für Thomas Cook. Doch der dürfte mit einem massiven Sparprogramm einhergehen. Für das Airline-Geschäft der Gruppe wäre der Kauf durch einen finanzstarken Konzern mit guter Infrastruktur sicher einem Alleingang vorzuziehen.