Letzte Aktualisierung: um 18:54 Uhr

Flugtest

Das bietet Southwest Airlines den Fluggästen

Die größte Billigairline der Welt ändert sich nun: Sie teilt künftig Gästen Sitze zu und fliegt auch über Nacht. Doch was erwartet Fluggäste bei Southwest Airlines? aeroTELEGRAPH hat es getestet.

Southwest Airlines ist nicht nur die Pionierin der Billigairlines. Sie ist auch die größte Vertreterin der Kategorie weltweit. Mehr als 800 Boeing 737 zählt die Flotte. Kürzlich hat sie weitreichende Änderungen in ihrem Geschäftsmodell bekannt gegeben. So wird sie künftig den Gästen Sitze zuweisen, nachdem sie bisher während 50 Jahren auf das System gesetzt hatte, dass jeder einfach dort absitzt, wo was frei ist. Zudem führt sie ab kommendem Februar erstmals Flüge über Nacht ein.

Ob sich die Wahl für Southwest Airlines als Passgier lohnt, hat aeroTELEGRAPH kürzlich – noch ohne zugeteilten Sitz – auf einem innerkalifornischen Flug von San Diego nach San Francisco getestet.

Buchung/Reservierung: ★★★★★. Im Gegensatz zu den meisten anderen Airlines kann man die Flugpreise der Billigairline nicht über externe Buchungsplattformen wie beispielsweise Google Flights einsehen. Ein schneller, direkter Preisvergleich ist so nicht möglich. Ich buche den Flug direkt auf der Seite von Southwest Airlines, der Prozess ist simpel gestaltet. Da Southwest nur über eine Economy-Klasse verfügt, gibt es für alle Flüge nur vier verschiedene Tarife. Die unterscheiden sich lediglich bei Zusatzoptionen und Punkteverdienst, sogar der billigste Tarif enthält zwei kostenlose Aufgabegepäckstücke. Auch kann mit allen Tickets der Flug am Abflugtag bis zehn Minuten vor Abflug kostenlos umgebucht werden. Zugewiesene Sitzplätze gab es bei diesem Flug noch keine, nicht einmal am Notausgang oder in der ersten Reihe.


Das Buchen eines Fluges ist auf der Website äusserst einfach. Bild: Screenshot Southwest.com

Check-in/Einsteigen: ★★★★★. Das wohl oberste Gebot beim Fliegen mit Southwest Airlines ist ein zeitnahes Einchecken exakt 24 Stunden vor Abflug. Als zusätzliche Option kann auch das Earlybird-Check-in zu einem Fixpreis von 15 Dollar gekauft werden, welches ein automatisches Check-in schon 36 Stunden vor Abflug beinhaltet. Ich verzichte darauf und checke also exakt 24 Stunden vor Abflug online ein, auch wenn dies bedeutet, mit dem Mietwagen kurz am Straßenrand anhalten zu müssen. Ich lande mit dem schnellen Online-Check-in in der Boardingposition A32. Dies wird im späteren Verlauf wichtig sein.

Am Flughafen angekommen, scanne ich an einem der zahlreichen Selbstbedienungsautomaten die mobile Bordkarte ein. Da ich beim online Check-in zwei Gepäckstücke anmeldete, druckte der Automat gleich beide Etiketten aufs Mal aus. Ich brachte sie an den Koffern an und konnte sie danach gleich abgeben. Weiter begebe ich mich durch die Sicherheitskontrolle zum Gatebereich. Das Boarding beginnt mehr oder weniger pünktlich 30 Minuten vor geplanter Abflugzeit, nachdem die letzten Passagiere vom ankommenden Flug ausgestiegen sind.

Da keine Sitzplatzreservation möglich ist, wird bei Southwest nach Sequenznummer eingestiegen. Die Sequenznummer ist bei allen Airlines durch die Check-in Zeit definiert. Sie beginnt bei 1 bei der ersten Person, die für einen Flug eingecheckt ist, und zählt wie ein Zähler bis zum letzten Passagier hoch. Normalerweise ist diese Zahl jedoch nur für das Bodenpersonal wichtig, da man so einen Passagier eindeutig identifizieren kann.

Um die Sequenznummern möglichst tief zu halten, teilt Southwest Airlines diese in drei Gruppen ein, nämlich A, B und C. Jede dieser Gruppen enthält maximal sechzig Passagiere, und somit ergeben sich Sequenznummern A01-A60, B01-B60 und C01-C60. Dies funktioniert unter anderem auch, weil Southwest auf ihren Flugzeugen maximal 175 Stühle verbaut hat. Im Voraus kann eine tiefe Sequenznummer zwischen A1 und A15 ab 30 Dollar erkauft werden, welche einen Platz unter den ersten 15 Passagieren garantiert.

Am Gate sind dementsprechend sechs Säulen verbaut, auf welchen Zahlen von 1 bis 60 abzulesen sind. Diese stehen für die Sequenznummer. Das Boarding beginnt dann mit Passagieren der Gruppe A. Da der Prozess exakt definiert, und ebenfalls den meisten schon bekannt ist, entsteht am Gate kein Chaos. Die Mitarbeitenden des Bodenpersonals beantworten äußerst freundlich Fragen oder Anliegen der Reisenden. Sobald rund zwanzig Passagiere schon auf dem Weg zum Flugzeug sind, darf ich mit Position A32 einsteigen.

Eine zwanzigjährige Boeing 737-700 begrüsst mich am anderen Ende der Fluggastbrücke. Die meisten Passagiere vor mir haben sich für einen Gangplatz entschieden, deshalb schnappe ich mir kurzerhand Sitz 1A am Fenster der ersten Reihe.

Crew: ★★★★★. An diesem Nachmittag waren drei Flugbegleiterinnen für die 67 Passagiere zuständig. Leider mussten wir nach dem Boarding weitere 40 Minuten am Boden auf eine Startfreigabe warten, da der Anflugsektor rund um San Francisco durch die Schließung von Landebahn 28L schon seine Kapazitätsgrenze erreichte. Der Kapitän informierte die Passagiere über den Umstand, und das Kabinenpersonal bot einigen Passagieren Wasser an.

Kabinenausstattung: ★★★★☆. Die Kabine von Southwest ist schlicht gestaltet. Unsere Boeing 737-700 verfügte nicht über das moderne Boeing Sky Interior, somit sind Ablageflächen für Handgepäck limitiert, was aber auf diesem gering ausgelasteten Flug kein Problem war. In der vordersten Reihe (Bulkhead) hängt an der Kabinenwand selbstverständlich das berühmte Southwest-Herz, welches in allen Flugzeugen verbaut ist.

Sitz: ★★★★☆. Die Sitzbezüge sind aus blauem Leder gefertigt, entsprechend dem Look von Southwest. In den Rückenlehnen sind keine Bildschirme verbaut. Da ich im Bulkhead Platz genommen habe, befindet sich nur eine einzige Sitztasche vor mir. Somit müssen Laptop, Kamera etc. für den Start oder die Landung im Handgepäck im Gepäckfach oben verstaut werden. Mir fällt auf, dass die Armlehnen verstellbar sind, was bedeutet, dass kein Tisch für mich vorhanden ist. Für Passagiere, welche ihr mitgebrachtes Essen konsumieren wollen, ist die erste Reihe daher vielleicht nicht die beste Option.

Sauberkeit: ★★★★★. Der Sitz ist sauber. Beim Benützen der Toilette fällt mir nichts Negatives auf.

Service/Mahlzeiten ★★★☆☆. Bei Southwest sind in allen Tickets alkoholfreie Getränke im Preis inbegriffen. Dafür sammeln die Flugbegleiterinnen zuerst alle Getränkebestellungen einzeln ein, ehe sie dann zusammen serviert werden. Somit entfällt ein üblicher Trolley-Service, jedoch erhält man so nur einen Becher und nicht die ganze Dose. Die Auswahl an Getränken ist immerhin relativ groß. Das Team ist eingespielt, und in nur wenigen Minuten waren alle Passagiere bedient. Für Essenswünsche ist man bei Southwest Airlines fehl am Platz: Jeder Passagier erhält nur eine kleine Tüte der berühmten Bretzel-Snacks.


Die Getränkeauswahl bei Southwest. Bild: aeroTELEGRAPH

WiFi/Strom ★★★☆☆. Bei den allermeisten Flügen von Southwest wird Wifi angeboten. Mit dem kostenlosen Basispaket können Nachrichten empfangen und gesendet, der Flug verfolgt oder die Bordunterhaltung konsumiert werden. Gegen einen kleinen Aufpreis kann man einen uneingeschränkten Internetzugang kaufen. Auf meinem Flug funktionierte das Wifi nur langsam. Stattdessen genoss ich lieber den Ausblick auf die Pazifikküste Kaliforniens. Die Boeing 737-700 verfügte über keine Steckdosen, auf neueren Modellen sind sie aber verbaut.

Gesamtnote: 4,25 – Gut
(Skala: Sehr gut = über 4,5, Gut = 3,7 bis 4,4, Befriedigend = 2,7 bis 3,6, Schlecht = 2,0 bis 2,6, Sehr schlecht = unter 2,0)

Fazit: Southwest Airlines zeichnet sich trotz  Gründung vor über fünfzig Jahren als freundlich, hip und etwas anders aus. Passagiere bemerken dies ebenfalls. Sowohl am Boden als auch an Bord waren das Personal und die Besatzungen stets sehr freundlich und hilfsbereit. Die enorme Flexibilität, welche mit einem Southwest-Ticket einhergeht, kann für den einen oder anderen Reisenden ebenfalls hilfreich sein. Bei Kundinnen und Kunden am besten ankommen dürfte aber die kostenlose Mitnahme von zwei Aufgabegepäckstücken, welche heutzutage in der Economy Class in dieser Form fast einmalig ist. All dies, während die Ticketpreise im gleichen Rahmen wie bei der Konkurrenz lagen. Mit einem Kauf geht man aber auch einige Kompromisse ein: Keine Mahlzeiten an Bord oder keine Allianzmitgliedschaft mit Meilengutschriften. Dies dürfte den meisten Passagieren jedoch im Vorfeld bekannt und grösstenteils auch egal sein. Allein für das Erlebnis lohnt es sich bereits, ein Ticket bei Southwest Airlines zu kaufen.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie weitere Bilder vom Flug mit der Boeing 737 von Southwest Airlines. Ein Klick aufs Foto öffnet die Galerie im Großformat.

Der Testflug verursachte 198 Kilogramm CO2. Wie bei allen Dienstreisen reduzierte aeroTELEGRAPH diese Emissionen über den Partner Myclimate durch Maßnahmen zum Vermeiden, Verringern oder Beseitigen von Treibhausgasemissionen außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette (Beyond Value Chain Mitigation)