Embraer-Tochter Eve
Was können Evtols, was Taxis und Hubschrauber nicht können?
Man nennt sie Flugtaxis. Aber Evtols sollen eher klassische Linienflüge ergänzen als Hubschraubern und Uber Konkurrenz machen. Was Embraer mit der Tochter Eve plant.
Evtol von Eve: Soll klassische Linienflüge ergänzen.
Evtol von Eve: Soll klassische Linienflüge ergänzen.
Sie sind weder Hubschrauber noch Flugzeug, sondern etwas dazwischen. Im Jargon nennt man sie Evtols. Die Abkürzung steht für electric vertical take-off and landing. Gemeint sind damit elektrisch betriebene Fluggeräte, die senkrecht starten und landen können, sich auf Reiseflughöhe dann aber horizontal fortbewegen.
Um sie ist in den vergangenen Jahren eine riesige neue Industrie entstanden. Fast 500 Unternehmen arbeiten daran, solche Fluggeräte schon in wenigen Jahren in die Luft zu bringen. Ganz vorne mit dabei ist Embraer. Die Tochter Eve entwickelt ein Evtol, das schon 2026 fliegen soll.
Eve muss nicht überall bei null beginnen
Acht Rotoren sollen dereinst das Evtol von Eve beim Start auf eine Höhe von rund 300 Meter hieven. Dann wird das Fluggerät mit Platz für vier Gäste, Hand-und Aufgabegepäck von zwei Propellern angetrieben und fliegt in fixen Korridoren zum Ziel. Alle Motoren sind elektrisch, dadurch wird es nicht nur viel leiser als Hubschrauber, sondern auch emissionsfrei. Zudem ist es im Betrieb rund sechs Mal billiger – da es viel einfacher konstruiert ist.
«Die Konkurrenz ist groß», gibt André Stein zu. «Doch wir haben dank der Partnerschaft mit Embraer einen riesigen Vorteil. Wir müssen nicht überall bei null beginnen, sondern können auf viel Know-how zurückgreifen», so der Chef der börsennotierten Embraer-Tochter in São José dos Campos vor Journalistinnen und Journalisten.
Meiste Strecken 30 Kilometer lang
Die Evtols von Eve werden keine Flugtaxis sein, die man per App bestellt, und sie sollen nicht Hubschraubern oder Drohnen Konkurrenz machen. «Sie werden auf festen Routen nach einem Flugplan fliegen», so Stein. Sie sind also Ergänzungen zum klassischen Flugverkehr. Ein Beispiel dafür ist eine Verbindung vom Stadtzentrum zum Flughafen. «Im Taxi dauert die manchmal fast so lang wie der Flug selbst, hier können wir helfen», sagt der Manager.
Mit einer Spitzengeschwindigkeit von rund 200 Kilometern pro Stunde soll das Evtol von Eve rund 100 Kilometer weit fliegen. «Die meisten Routen werden aber eher 30 Kilometer lang sein», so Stein. Denkbar sei auch, dass man am Tag Menschen und nachts Fracht transportiere. Alleine für Deutschland rechnet er bis 2035 mit einem Bedarf an 450 Evtols, die jährlich fast acht Millionen Gäste befördern.
Fluggesellschaften als mögliche Betreiber
Eve wird allerdings kein Betreiber sein, sondern nur die Fluggeräte und die dazugehörende Technologie liefern. Dabei werden die Fluggeräte in einer zentralen Fabrik gefertigt, dann aber demontiert und in einem Endmontagezentrum nahe beim Kunden wieder zusammengebaut. Betreiber werden unter anderem Hubschrauberunternehmen oder Fluggesellschaften wie United sein, die bereits eine Absichtserklärung für 400 Eve Evtols unterzeichnet hat.
Eve hat schon fast 2800 Absichtserklärungen erhalten, neben United auch von Japan Airlines, Kenya Airways, Wideroe, Skywest oder Republic Airways. Embraer erwartet vom Unternehmen 2030 einen Umsatz von 4,5 Milliarden Dollar – fast so viel wie das gesamte Stammhaus aktuell erwirtschaftet.
Es gibt noch viel zu tun
Stein ist sich aber bewusst, dass Eve bis zur Umsetzung der Absichten erst liefern muss. Die Geräte müssen zugelassen werden. Zudem braucht es eine Infrastruktur – unter anderem eine neue Reglung im unteren Luftraum. Und es braucht die Akzeptanz der Bevölkerung.