Letzte Aktualisierung: um 12:03 Uhr

Selber fliegen

Was bedeutet es eigentlich, blind zu fliegen?

Sicht- und Instrumentenflug: Was bedeuten eigentlich die beiden Begriffe für Privatpiloten?

Wie im Straßenverkehr gibt es auch in der Luftfahrt sogenannte Flugregeln, die eingehalten werden müssen. Es gibt zwei Arten zu fliegen: klassische Rundflüge bei bestem Wetter finden in der Regel unter Sichtflugregeln statt. Dann gibt es aber auch noch jene, die von A nach B kommen möchten, und das gerne «über den Wolken», wo es (noch) weniger Verkehr gibt. Hier sprechen wir von Instrumentenflugregeln.

Fangen wir vorne an: was sind Flugregeln? Jene Regeln definieren schlicht, was ein Pilot darf und nicht darf und unter welchen Gegebenheiten ein Flug stattfinden darf. Wie eingehend erwähnt unterscheidet man hier zwischen Sichtflugregeln (oder Visual Flight Rules, VFR) und Instrumentenflugregeln (Instrument Flight Rules, IFR). Die Unterschiede sind klar: bei ersterem Sichtflug muss unter allen Umständen eine Sicht gegeben sein. Instrumentenflug hingegen erlaubt es dem Piloten «blind» und (fast) nur unter Verwendung der Instrumente im Cockpit zu fliegen. Bei einem Flug durch die Wolken oder dichten Nebel bedarf es der sehr anspruchsvollen Weiterbildung für den Instrumentenflug. Jeder Airline-Pilot besitzt diese logischerweise. Bei Privatpiloten sieht es anders aus. Hier besitzen etwa in Deutschland nur knapp 5 Prozent ene Instrumentenflugberechtigung.

Die Sichtflugregeln – VFR

Sprechen wir von der allgemeinen Luftfahrt, also nicht dem Airline-Geschäft, so finden die meisten Flüge unter den Visual Flight Rules (VFR) statt. Schon in der Pilotenausbildung (siehe Kolumne «Der Traum von der Pilotenlizenz») wird eigentlich nur nach Sichtflugregeln geflogen. Man möchte erst einmal ein Gefühl für das Fliegen bekommen, bevor es einen Schritt kniffliger wird. Natürlich werden (je nach Lizenzart) auch Notfallsituationen simuliert, wo man «ohne Sicht» fliegt. Vom Grundsatz her ähnelt der Sichtflug dem Autofahren. Ohne Sicht kann man nicht fahren respektive fliegen. Es gibt noch einige weitere Regeln die je nach Luftraum variieren: Vorgaben wie Mindestflughöhe, Abstände zu Wolken und vieles mehr. Auch ein klassisches «rechts vor links» existiert.

Die Instrumentenflugregeln – IFR

Blind fliegen. Das Klischee, welches zum Teil berechtigt ist. Die Instrumentenflugberechtigung, also die Lizenz, die es erlaubt unter IFR zu fliegen, benötigt eine noch anspruchsvollere Ausbildung und ist mit hohen Kosten verbunden. Teils kostet das ganze noch einmal deutlich mehr als die eigene Privatpilotenlizenz. Die Vorteile liegen jedoch auf der Hand: im Gegensatz zum Sichtflug ist man hier fast vollkommen wetterunabhängig. Tiefe Wolken oder Nebel halten einen nicht vom Fliegen ab, da man berechtigt ist, durch diese zu fliegen.

Doch wie kann man sich den Instrumentenflug vorstellen? Man stellt sich vor, in seinem Kraftfahrzeug zu sitzen und hat die komplette Windschutzscheibe von außen abgeklebt. Nichts ist sichtbar. Nun gibt es ein Funkgerät, durch das einem erklärt wird, wie man fahren muss. Ähnlich ist es beim Fliegen. Ohne sichtbare Bezugspunkte in der Außenwelt ist der Pilot auf seine Instrumente für die Navigation angewiesen. Des Weiteren wird man vollständig von einem sogenannten Fluglotsen geleitet und überwacht. Dafür muss der Pilot vor dem Flugantritt die exakte Route planen und durch die Flugsicherung genehmigen lassen. Nur wenn die Route genehmigt ist, darf der Pilot diese abfliegen. Selbst die kleinste Abweichung der Strecke muss explizit genehmigt werden. Durch diese komplexen Maßnahmen ist die zuverlässige Ausführung eines Fluges dennoch deutlich höher. Das lohnt sich entsprechend für Streckenflüge.

Der Vergleich

Fliegt man beim Instrumentenflug nach einer streng kontrollierten Route, so ist man beim Sichtflug größtenteils frei in seiner Streckenplanung. Vergleichen wir das ganze wieder auf den Straßenverkehr, so kann man den Sichtflug mit einer schönen Cabriofahrt bei sonnigem Wetter vergleichen. Es geht durch die Alpen und der Weg ist das Ziel. Anders beim Instrumentenflug, hier fliegt man strikt nach Navi und muss für jede Abweichung das Go einholen. Nichtsdestotrotz kann man natürlich auch nach Sichtflugregeln von A nach B fliegen. Man muss sich schlicht auf das gute Wetter verlassen können. Für einen Tagesausflug kein Problem. Also, ab ans Meer!

Lars Klein ist freier Kolumnist von aeroTELEGRAPH. Er ist Mitgründer der Mitflugzentrale Wingly. Privatpiloten werden mit Gästen vernetzt, um Leidenschaft aber auch die Kosten des Fliegens zu teilen. Heute fliegt Klein regelmäßig in der Cessna (mit) durch Europa. Vorher war er weltweit als selbstständiger Web-Dienstleister tätig. Die Meinung der freien Kolumnisten muss nicht mit der der Redaktion übereinstimmen.