Letzte Aktualisierung: um 20:53 Uhr

Zu viele Herausforderungen

Warum es keinen zweistrahligen Airbus A380 geben wird

Flugzeuge mit vier Triebwerken gelten als nicht mehr wirtschaftlich genug. Könnte Airbus den A380 zum Zweistrahler umbauen und die Produktion wieder anlaufen lassen? Wo die Herausforderungen liegen.

«Die Tür ist zu, verschlossen ist sie nicht», sagte kürzlich Christian Scherer. Es ging bei der Aussage des Chefs von Airbus’ Zivilflugzeugsparte um die Chancen für eine Wiederaufnahme der A380-Produktion. Der Markt konzentriere sich auf Zweistrahler, so Scherer. «Insofern sehe ich die Wahrscheinlichkeit eines Comebacks des vierstrahligen A380 als sehr, sehr gering an.»

Tatsächlich ist auch die Boeing 777X, der kommende Nachfolger des Airbus A380 als größtes Passagierflugzeug der Welt, ein Zweistrahler. Und so stellt sich mancher Luftfahrtfan die Frage: Könnte nicht auch der A380 zum Zweistrahler umgebaut werden?

Die Rechnung für den Schub

«Zuerst einmal müsste man den Schub der vier A380-Triebwerke zusammenrechnen und auf zwei Triebwerke aufteilen», erklärt Dieter Scholz, Professor für Flugzeugentwurf, Flugmechanik und Flugzeugsysteme an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Das sei der erste Schritt beim Nachdenken über einen A380-Zweistrahler.

Airbus A380: Begehrtes Fotoobjekt. Bild: Airbus

Gesagt, getan: Die Rolls-Royce-Trent-900-Triebwerke des A380 haben in der schwächsten Version jeweils 70.000 lbf (Pound-force/Kraftpfund). Zusammen macht das 280.000 lbf. Aufgeteilt auf zwei Triebwerke wären es jeweils 140.000. Zum Vergleich: Die neuen GE9X-Riesentriebwerke der 777X bringen es auf je 134.300 lbf, zusammen also 268.600.

Dieses Triebwerk gibt es nicht

Hinzu kommt: Ein Flugzeug muss auch mit maximalem Startgewicht sicher abheben können, wenn ein Triebwerk ausfällt. Einem Vierstrahler fehlen – vereinfacht gesagt – beim Ausfall eines Triebwerkes nur 25 Prozent Startleistung, einem Zweistrahler 50 Prozent. Dementsprechend muss die Leistung pro Triebwerk beim Zweistrahler noch höher sein.

So viel zur Theorie. In der Praxis gibt es solch ein Triebwerk für den A380 bisher nicht, das im Vergleich zur jetzigen Generation auch einen klar niedrigeren Verbrauch haben müsste. «Und es würde auch gar nicht unter den Flügel passen», vermutet Scholz. Denn je mehr Schub ein Triebwerk hat, desto größer ist es. Dafür könnte es durchaus Lösungen geben.

Kombination aus klein und groß?

«Theoretisch könnte man die größeren Triebwerke nach vorn Richtung Flügelkante verschieben – aber das würde die Aerodynamik stark beeinflussen, wie bei der Boeing 737 Max, die daher das MCAS braucht», so Scholz. «Und das Flugzeug strukturell zu verändern, etwa am Fahrwerk, wäre sehr kompliziert und aufwändig.» Denn der A380 ist eben als vierstrahliger Jet konstruiert. Bei der 777X ist auch die Vorgängerin 777 ein Zweistrahler.

Und was, wenn man den Airbus A380 mit zwei möglichst großen Triebwerken innen und zwei kleinen Triebwerken außen ausstatten würde? Sie müssten zusammen auch den nötigen Schub erbringen, gerade beim Start. Aber womöglich wäre es denkbar, die kleinen Motoren im Reiseflug auszuschalten – und zumindest dann zweistrahlig zu fliegen. Oder?

Am Ende geht es um Wirtschaftlichkeit

«Die ausgeschalteten kleinen Triebwerke würden dann für sehr viel Luftwiderstand sorgen», gibt Scholz zu bedenken. «Noch mehr dadurch, dass die Fans durchdrehen, sogenanntes Windmilling.» Das könne man zwar auch lösen durch Schaufeln mit Blattverstellung. Aber: «Bei so etwas ergeben sich immer weitere Fragen, die weitere Lösungen erfordern.»

Unter dem Strich gelte: «Ein bestehendes Flugzeug im großen Stil umzubauen und wieder zertifizieren zu lassen, ist viel zu aufwändig, wenn man nicht sehr sicher ist, dass man sehr viele Exemplare verkaufen wird», sagt der Professor für Flugzeugentwurf, der früher selber Ingenieur bei Airbus war. Ein zweistrahliger A380 sei eine spannende Überlegung. «Aber am Ende geht es um die Wirtschaftlichkeit und daher ist klar, dass das nichts werden kann.»