Letzte Aktualisierung: um 19:34 Uhr

Gefahr am Flughafen

Warum bei Gewitter am Boden alles stillstehen muss

Der Klimawandel lässt die Blitzhäufigkeit weiter steigen. Doch was ist zu tun, wenn ein Gewitter über einen Flughafen zieht?

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Vor allem Südeuropa ächzt im Sommer 2023 unter einer massiven Hitzewelle. In Griechenland und auf Sizilien werden Temperaturen von bis zu 46 Grad gemessen. Neben besonders hohen Temperaturen bringt die Erderwärmung weitere Probleme mit sich, so werden auch in gemäßigten Klimazonen verstärkt Gewitter auftreten, zeigt unter Anderem eine Studie von Forschenden der Universität Innsbruck.

Einer der gefährlichsten Aspekte bei Gewittern sind Blitze. Dabei handelt es sich vereinfacht gesagt um gigantische Kurzschlüsse. Warme Luft steigt auf und Wassertröpfchen in einer Wolke werden weit nach oben gewirbelt. Die Tropfen reiben aneinander und laden sich dadurch elektrisch auf.

Flugzeuge werden oft vom Blitz getroffen

Im oberen, kalten Teil der Wolke entsteht dadurch eine positive Ladung, während nahe dem Erdboden die negative Ladung überwiegt. In der Mitte bildet sich ein elektrisches Feld, das schließlich bis zur kritischen Schwelle von ungefähr 170.000 Volt pro Meter ansteigt und sich dann als Blitz entlädt. Blitze können innerhalb von Wolken auftreten oder sich am Boden entladen und dabei bis 30 bis 40 Kilometer durch die Luft reichen.

Blitze haben auch Auswirkungen auf die Luftfahrt. Jedes kommerzielle Flugzeug wird im Schnitt mindestens einmal pro Jahr von einem Blitz getroffen. Gefährlich ist das nicht, denn Flugzeuge sind ein faradayscher Käfig. Wer sich im Innenraum befindet, ist durch den Blitz nicht gefährdet. Die Elektrizität trifft auf das Flugzeug, wird am Rumpf entlang geleitet und verlässt den Flieger wieder. Nach innen dringt nichts. Dennoch werden Gewitterwolken weiträumig umflogen, auch weil es zu starken Turbulenzen und Hagelschlägen kommen kann.

Bodenmitarbeitende besonders gefährdet

Die größte Gefahr besteht aber am Boden. Denn sowohl das Vorfeld als auch die Start- und Landebahn sind hindernisfrei, es gibt keine hohen Masten, die den Blitz abfangen könnten. Daher sind besonders Bodenmitarbeitende, die in der Flugzeugabfertigung arbeiten, gefährdet. 1989 starb ein Airlinemitarbeiter in den USA. Ein Blitz traf ein Flugzeug – der Mitarbeiter war mit diesem per verkabeltem Headset verbunden.

Tritt ein Gewitter über einem Flughafen auf, muss dieser die Flugzeugabfertigung stoppen und die Beschäftigten müssen schützende Innenräume aufsuchen. Flugzeuge können theoretisch weiter landen und zur Parkposition rollen – allerdings werden sie dann nicht abgefertigt. Der Airline-Dachverband Iata hat dazu klare Regeln erlassen: Ist das Gewitter in einem Radius von acht Kilometer entfernt, müssen Blitzwarnungen ausgegeben werden. In einer Entfernung von fünf Kilometer Entfernung muss der Betrieb gestoppt werden.

Offiziell entscheiden nicht die Flughafenbetreiber über Abfertigungsstopp

In Deutschland ist die Bereitstellung der Wetterdaten gesetzlich geregelt, teilt der Flughafenverband ADV auf Anfrage von aeroTELEGRAPH mit. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) informiert im hoheitlichen Auftrag die Verkehrsflughäfen. Zahlreiche Flughäfen und Drittdienstleister ergänzen dieses Angebot um Services, so eine Sprecherin des Verbands weiter.

Über die Einstellung des Abfertigungsbetriebes entscheidet jedoch nicht der Flughafen, sondern die Fluggesellschaften, in deren Auftrag Bodenabfertigungsunternehmen tätig sind. Allerdings sind es die Flughafenbetreiber, die zumeist zentral für einen Standort die Wetterbeobachtung vornehmen und Empfehlungen zur Einstellung der Abfertigung aussprechen, heißt es von der ADV.

Mitarbeitende werden per Telefon oder App informiert

Operativ läuft das so ab: Die Verkehrsleitung löst Unwetteralarm aus. Alle Beschäftigten werden dann telefonisch oder per App gewarnt. Einzelne Flughäfen warnen zudem mit optischen oder akustischen Systemen über die aktuelle Gefahrenlage, zum Beispiel München und Stuttgart.

In Stuttgart gibt es weiße LED-Lampen auf Beleuchtungsmasten, die ausschließlich für die Gewitterwarnung installiert sind. Zudem wurden Warnlichter an den Beleuchtungsmasten und Fluggastbrücken so umgebaut, dass sie bei einem Gewitter mit einer festgelegten Frequenz blinken können: eine Sekunde lang hell, eine Sekunde lang dunkel.

Schwieriger Grat

Erst nach Abziehen der Gewitterfront und wenn von den Wettersystemen eine erkennbare Auflösung der Blitzneigung angezeigt wird, kann der Betrieb wieder aufgenommen werden. Die Verkehrsleitung gibt Entwarnung und Reisende dürfen wieder ein- und aussteigen, die Mitarbeitenden können wieder risikolos mit der Abfertigung beginnen. Dabei sei es immer schwierig zu entscheiden, wann der Betrieb sicher gestoppt und wieder aufgenommen werden soll, schreibt der Flughafen Stuttgart dazu in seinem Magazin. Der Grat zwischen Betriebssicherheit und Betriebseffizienz sei schmal.