Letzte Aktualisierung: um 18:03 Uhr

Türöffnung bei Druckabfall

Verschwiegene Funktion der Boeing 737 Max gerät ins Visier

Nachdem die Boeing 737 Max 9 von Alaska Airlines ein Paneel verloren hatte, öffnete sich die Cockpittür. Pilotinnen und Piloten wussten nicht, dass das standardmäßig geschieht. Wie es dazu kam, soll nun die Luftfahrtbehörde untersuchen.

Die Piloten von Alaska-Airlines-Flug AS1282 standen ohnehin schon unter Druck. Kurz nach dem Start ihrer Boeing 737 Max 9 hatte sich ein Paneel am Rumpf der Maschine gelöst. Es kam zum Druckabfall in der Kabine, sie mussten schnellstens eine Notlandung einleiten.

Doch ausgerechnet dann geschah auch noch etwas, auf das die Piloten nicht vorbereitet waren. Ohne, dass sie etwas getan hatten, öffnete sich die Cockpittür des Flugzeugs. Das ist bei den neuen Boeing-Mittelstreckenjets Standard im Fall eines rapiden Druckabfalls. Doch Airline-Crews wurden darüber offenbar nicht informiert.

Brief an die Luftfahrtbehörde FAA

Zumindest bemängelt das Senatorin Tammy Duckworth. Die Demokratin aus Illinois ist Vorsitzende des Unterausschusses für Flugsicherheit, Flugbetrieb und Innovation des Senats. Sie fordert die Federal Aviation Administration FAA auf, zu untersuchen, warum die Piloten von Alaska Airlines nicht wussten, dass die Cockpittür der Boeing 737 Max so konstruiert ist, dass sie sich bei einem raschen Druckabfall automatisch öffnet.

«Das Versäumnis von Boeing, diese Funktion offenzulegen, ist angesichts der Tatsache, dass das Unternehmen in der Vergangenheit Informationen über die 737 Max vor Pilotinnen und Piloten verheimlicht hat, erschreckend», schreibt Duckworth in einem Brief an den Chef der Luftfahrtbehörde.

Über wichtiges System wurde nicht informiert

Was sie damit meint: Auch im Zusammenhang mit den zwei tödlichen Unfällen von Boeing 737 Max, welche 2019 ein Grounding zur Folge hatten, kam eine Funktion auf, über welche die Pilotinnen und Piloten nicht informiert worden waren. Es ging damals um das sogenannte Maneuvering Characteristics Augmentation System oder kurz MCAS.

Es handelt sich um ein System, das Boeing in die 737 Max eingebaut hat und über das die Vorgänger nicht verfügen. Denn die größeren Triebwerksgondeln der Max bergen das Risiko, dass die Längsstabilität verändert und die Nase nach oben gedrückt wird. Um einen Strömungsabriss zu verhindern, drückt das MCAS unter bestimmten Umständen die Nase des Fliegers automatisch nach unten, indem es das Höhenruder entsprechend trimmt.

Checkliste wurde aus dem Cockpit gesaugt

Im Falle der Abstürze von Lion Air und Ethiopian Airlines hatte ein kaputter Anstellwinkel-Sensor das MCAS durch falsche Daten aktiviert. Pilotinnen und Piloten, gerade in den USA, warfen Boeing in der Folge vor, sie gar nicht oder unzureichend über das MCAS informiert zu haben.

Das scheint jetzt wieder ein Thema zu sein. «Diese unbekannte, nicht angekündigte Funktion führte dazu, dass die Flugbesatzung überrascht wurde, als die Tür des Cockpits durch den raschen Druckabfall aufschlug, wodurch eine Notfall-Checkliste aus dem Cockpit gesaugt und einer der Kopfhörer der Piloten abgezogen wurde», schreibt Duckworth. «Als Pilotin kann ich nicht genug betonen, wie wichtig es für die Flugbesatzung ist, über alle Funktionen im Cockpit informiert zu sein.»

Boeing verpflichtet sich «weiter zu Transparenz»

«Die FAA muss mit dem NTSB zusammenarbeiten und genau untersuchen, wie und warum die Funktion der Cockpittür aus dem Handbuch gestrichen wurde und denPilotinnen und  Piloten bis zu einem Notfall während des Fluges unbekannt war. Sie muss jede Erklärung von Boeing genau prüfen und herausfinden, ob und welche Rolle die Delegation an Boeing gespielt hat», so Duckworth weiter. Gegenüber dem Nachrichtensender CBS heißt es von Boeing, man verpflichte sich «weiter zu Transparenz und zum Informationsaustausch mit unserer Regulierungsbehörde und den Betreibern.»