Letzte Aktualisierung: um 14:19 Uhr

Mit Emirates nach Bogota

Übersteht man einen fast 22-stündigen Flug in der Economy Class?

Emirates hat mit Dubai - Bogota ihre bisher längste Verbindung eingeführt. Wie ist es, als Passagier in der Economy Class mitzufliegen? Wir haben es getestet.

Über eine Distanz von rund 5200 Kilometer führen die Flüge von Emirates im Durchschnitt. Die Verbindung, welche die Golfairline im Juni neu aufgenommen hat, ist fast drei Mal so lang. 15.050 Kilometer sind es von Dubai nach Bogota. Sie ist damit die bisher längste Strecke der Fluglinie.

Emirates verspricht sich von ihr einiges. Wir schaffen so «eine historische erste Verbindung zwischen dem Nahen Osten und dem nördlichen Teil Südamerikas», erklärt ein Sprecher. Bisher fliegt die Fluglinie auf dem Kontinent São Paulo, Rio de Janeiro und Buenos Aires an. Zudem sei die Strecke Dubai – Bogota auch für die Fracht wichtig.

Eine Route mit viel Potenzial …

Flug EK213 braucht von den Vereinigten Arabischen Emiraten bis nach Kolumbien eindrückliche 21:40 Minuten. Das ist allerdings nicht reine Flugzeit. Denn die Boeing 777-300 ER stoppt zwischendurch für zwei Stunden in Miami. «Da Bogota auf einer Höhe von 2600 Metern über dem Meeresspiegel liegt, ist es nicht möglich, einen Nonstopflug ab Dubai anzubieten», so der Sprecher. In solchen Höhen verringert sich die Leistung eines Flugzeugs.

Die Wahl des Zwischenstopps fiel auf Miami, weil es zwischen den beiden Städten «gute Tourismus- und Handelsverbindungen» gibt. Nicht zuletzt sei man aber auf der Teilstrecke zwischen Miami und Bogota auch «die erste Fluggesellschaft, die Premium-Services an allen Berührungspunkten anbietet», führt der Sprecher weiter aus.

… doch ist sie überhaupt erträglich?

Doch was bedeutet eine derart lange Strecke für die Reisenden? aeroTELEGRAPH wollte es wissen und hat Mitte August den Flug in der Economy Class absolviert.

Erste Stunde: Die lange Reise beginnt um 15 Minuten nach Mitternacht Ortszeit in Terminal 3 des Dubai International Airport. Es ist zwei Stunden vor Abflug und ich schreite zum Check-in. Nach fünf Minuten ist mein Koffer bereits aufgegeben und ich bin eingecheckt. Der Gang durch die elektronische Passkontrolle dauert keine zwei Minuten, die Sicherheitskontrolle weitere fünf Minuten. Jetzt heißt es also nur noch warten. Ich entscheide mich, eine 30-minütige Rückenmassage zu genießen, immerhin werde ich danach fast einen ganzen Tag in einem 43 Zentimeter breiten Sitz verbringen, der zum nächsten einen Abstand von 85 Zentimetern hat.

Zweite Stunde: Pünktlich um 1:30 Uhr heißt es dann einsteigen, zuvor aber gibt es – wegen des Zwischenstopps in den USA – nochmals eine zusätzliche Sicherheitskontrolle und ich werde per Zufallsgenerator zu einer besonders vertieften Untersuchung ausgewählt. Das ist kein Problem, da ich in Zone F und damit in der letzten Gruppe eingeteilt bin, die einsteigen kann.


Es geht los, auch die letzte Gruppe – meine – kann einsteigen. Bild: aeroTELEGRAPH

Dritte Stunde: Als ich auf Sitz 19 K der Economy Class Platz nehme, geht mir kurz der Gedanke durch den Kopf, vielleicht doch leichtsinnig gewesen zu sein, als ich mich freiwillig für diesen Test gemeldet hatte. Denn der Flug ist bis auf den letzten Platz besetzt. Neben mir sitzen eine Mutter und ihr rund zwölfjähriger Sohn. Mehr Platz dank fehlendem Nachbar bekomme ich also definitiv nicht. Und dann dauert es auch noch eine ganze Weile, bis es wirklich losgeht. Mit rund 45 Minuten Verspätung rollt die Boeing 777-300 ER mit dem Kennzeichen A6-EQA schließlich los und steigt wenig später in den Nachthimmel von Dubai.

Vierte Stunde: Jetzt ist die einfache Phase, das bin ich mir bewusst. Die Freude über die Reise überwiegt. Es ist noch etwas heiß in der Kabine – immerhin beträgt die Außentemperatur in Dubai auch nachts deutlich über 30 Grad. Zudem habe ich zuvor einen Fehler gemacht. Als die Crew noch am Boden nach dem Verteilen des Amenity Kits auch Wasser verteilte, war ich abgelenkt und schaute zum Fenster hinaus. So verpasste ich das. Jetzt habe ich Durst. Extra klingeln will ich dafür nicht. Und so harre ich aus. Ich beginne den Film «One Life» mit Anthony Hopkins über einen Mann zu schauen, der im Zweiten Weltkrieg Hunderte von Kindern vor den Nazis gerettet hat. Inzwischen wird es in der Kabine auch deutlich kühler.

Fünfte Stunde: Es ist so weit. Die engagierte und freundliche Crew beginnt mit dem Service. Weil es nach Dubai-Zeit schon früher Morgen ist, gibt es zuerst Frühstück. Es gibt Fruchtsalat, einen Joghurt mit Mangopüree, ein Croissant und ein Käseomelett. Und Orangensaft und Wasser. Wir fliegen derweil über den Iran und das Kaspische Meer Richtung Moskau.


Das üppige Frühstück – serviert bei Moodlight. Bild: aeroTELEGRAPH

Sechste Stunde: Es geht weiter über Russland, Finnland, Schweden und Norwegen Richtung Norden. Langsam wird es wieder hell, da wir ja in der Zeit zurückfliegen. Ich bin aber inzwischen schon sehr müde, da die Reise ja in Dubai um Mitternacht startete. Ich versuche zu schlafen – was mir entsprechend schnell gelingt.

Siebte, achte und neunte Stunde: Ich schlafe ziemlich fest und werde nur zwischendurch von Geräuschen von Mitreisenden kurz geweckt. Ich nicke aber umgehend wieder ein. Den Schlaf hatte ich offensichtlich nötig.

Zehnte Stunde: Ich bin jetzt hellwach. Durch die Jalousien dringt Licht. Auf der Karte sehe ich, dass wir gerade nördlich von Island vorbeifliegen. Ich schiebe die Jalousie kurz hoch, um etwas von der Landschaft zu erspähen. Doch da gibts nur eine dicke Wolkendecke. Das Unterhaltungssystem von Emirates ist mit seinen 6500 Filmen, TV-Sendungen, Dokumentationen, Podcast und Playlists bekannt für seine riesige Auswahl. Und das kommt mir auf diesem Flug wirklich zugute. Ich beginne einen zweiten Film zu schauen: «Ballywalter» handelt von der ungewöhnlichen Freundschaft einer jungen Frau, die die Uni abbricht und deshalb in Belfast als Taxifahrerin arbeitet, mit einem getrennt lebenden Mann, der keinen Führerschein mehr besitzt.

Szene des Films Ballywalter. Bild: aeroTELEGRAPH

Elfte Stunde: Die Hälfte geschafft! Endlich liegen vor uns weniger Kilometer als hinter uns. Während der Film langsam zu Ende geht, fliegen wir über Grönland. Wieder mache ich die Jalousie hoch, obwohl rundherum alle noch schlafen. Doch statt dem erhofften Blick auf die Schneelandschaften der Insel sehe ich wieder nur Wolken. Ich bin enttäuscht. Meine Sitznachbarn bewegen sich. Ich nutze die Chance und frage, ob ich kurz aufstehen dürfe, um zum Klo zu gehen. Das tue ich auch, schreite zusätzlich danach als Thrombose-Prophylaxe zwei Mal den Gang bis zur hinteren Bordküche durch. Dort fragt mich die engagierte Crew, ob ich was trinken wolle und ich nehme dankend an.


Statt atemberaubenden Landschaften nur Wollen über Grönland. Bild: aeroTELEGRAPH

Zwölfte Stunde: Zurück am Platz. Ich schaue den Film zu Ende. Er endet übrigens ohne Happy End. Ich spiele jetzt auf meinem Handy Words of Wonders. Irgendwann komme ich beim aktuellen Level nicht mehr weiter. Und so entschließe ich mich, nochmals ein Nickerchen zu machen. Ich merke, dass ich doch zu wenig geschlafen habe. Ich schaffe es aber nur, etwas zu dösen.

Dreizehnte Stunde: Aufatmen! Die Angaben zu den verbleibenden Stunden und Kilometer nehmen merklich ab. Und von Kanada kommend überqueren wir die Grenze zu den USA. Die Flugbegleiterin schreitet durch die Gänge und verteilt Wasser. Dieses Mal mache ich den Fehler nicht und greife zu.

Vierzehnte Stunde: Dennoch dauert es ja noch mehrere Stunden bis Miami. Und nachdem ich bei Word of Wonders immer noch nicht weiterkomme, beginne ich mit dem dritten Film. Da mein Ziel Bogota ist, wähle ich «La Suprema» aus. Der Film erzählt über ein bitterarmes und von der Regierung vernachlässigtes kolumbianisches Dorf, dessen Bewohner unbedingt einen Boxkampf schauen wollen und dafür erst Strom und einen Fernseher besorgen müssen.

Fünfzehnte Stunde: Die Emirates-Crew fährt mit dem Wagen vor und fragt, welches Mittagessen ich wünsche. Ich wähle das Hähnchen mit Pilaw-Reis und Tomaten. Dazu ein Becher Rotwein.


Das Mittagessen. Bild: aeroTELEGRAPH

Sechzehnte Stunde:  Der Film ist zu Ende. Mit Happy End. Langsam ist nun mein Sitzleder durch, ich werde ungeduldig. Ich spiele noch etwas Mini Metro auf dem Mobiltelefon, um den Rest der Zeit durchzubringen.

Siebzehnte Stunde: Langsam wechselt die Stimmung auf beschwingt. Ich freue mich darauf, bald endlich wieder etwas die Füße vertreten zu können. Die Crew bereitet die Kabine – obwohl sie auch schon lange am Arbeiten ist – immer noch voll konzentriert für die Landung vor. Und da ist es auch schon, das Etappenziel. Ich erspähe draußen Miami.

Achtzehnte Stunde: Ein paar Minuten später setzt die Boeing 777-300 ER am Miami International Airport auf. 15:03 Stunden betrug die Flugzeit – kürzer als geplant. Nun kann ich endlich aussteigen. Entspannen kann ich jedoch nicht. Denn ein Transfer in den USA ist nicht das einfachste Unterfangen. Bereits im Flugzeug wurde ich informiert, dass ich meinen Koffer abholen und wieder Einchecken und davor die Einreiseformalitäten erledigen muss. Für den Flug ist daher die Einreiseerlaubnis Esta Pflicht. Am Boden wird man nochmals informiert, wie das Prozedere abläuft und an den wichtigen Orten stehen Mitarbeitende von Emirates. Die Einreise ist dann aber superschnell erledigt. Es gibt kaum eine Schlange vor den Schaltern und mein Beamter winkt mich innerhalb von zwei Minuten durch.


Endlich: Blick auf Miami. Bild: aeroTELEGRAPH

Neunzehnte Stunde: Weiter gehts zur Gepäckausgabe. Gleich daneben hat Emirates zudem einen Infostand hingestellt. Schnell erscheint mein Koffer auf dem Förderband, die Mitarbeiterin von Emirates erklärt mir ruhig und freundlich, wo ich ihn wieder einchecken muss. Ich schreite zum Ausgang, kurz vor dem ein Schalter zum Wieder-Einchecken erscheint. Auch das braucht kaum Zeit. Dennoch mahnt mich die Angestellte, keine Zeit zu vertrödeln, sondern gleich wieder Richtung Gate zu gehen. Ein guter Rat. Denn bei der Sicherheitskontrolle haben sich Schlangen gebildet. Lang sind die zwar nicht. Aber sie bewegen sich langsam. Und so kommt doch noch etwas Nervosität bei mir auf. Laut meiner Bordkarte schließt das Gate in 40 Minuten. Ich schaffe es am Ende.

Zwanzigste Stunde: Der Weiterflug verzögert sich etwas. Dann heißt es: Boarding. Es gehen nicht mehr ganz so viele Menschen an Bord wie in Dubai, der Weiterflug ist aber ebenfalls gut gefüllt – auf jeden Fall besser gefüllt, als ich das erwartet hatte. Für mich fühlt es sich etwas merkwürdig an. Gerade erst bin ich angekommen und in die USA eingereist, schon nehme ich wieder in derselben Boeing 777 und auf demselben Sitz Platz und fliege in ein ganz anderes Land weiter. Die Kabine wurde in der Zwischenzeit gründlich gereinigt, eine neue Decke und ein neuer Kopfhörer liegen auf 19 K bereit.


Das Boarding in Miami. Bild: aeroTELEGRAPH

Einundzwanzigste und zweiundzwanzigste Stunde: Eine neue Crew fliegt mich nach Bogota. Auch die meisten Gesichter der Mitreisenden sind neu. Umsteigende wie mich gab es wohl nur wenige. Geplante Flugzeit: 3:04 Stunden. Ein Pappenstiel. Und so bin ich auch ganz entspannt. Dieses Mal bleibt ein Sitz neben mir frei, was dabei natürlich auch hilft. Ich schaue aus dem Fenster und jetzt trüben keine Wolken meine Sicht. Ich sehe unten die Bahamas. Es geht weiter über Kuba und das Karibische Meer Richtung Kolumbien. Ich vertreibe mir die Zeit mit der vierten Staffel der Serie True Detective mit Jodie Foster.

Dreiundzwanzigste Stunde: Während ich die Ermittlungen im Kriminalfall in Alaska verfolge, schaue ich immer wieder aus dem Fenster. Die Boeing 777 von Emirates fliegt jetzt über das kolumbianische Tiefland, später kommen die Anden ins Blickfeld. Jetzt ist alles einfach nur noch locker, weil dieser Flug so kurz ist im Vergleich von dem zuvor.

Vierundzwanzigste Stunde: Wir landen nach einer Weile am Aeropuerto Internacional El Dorado von Bogota. Zum Glück sitze ich weit vorn im Flieger und kann deshalb bald nach den First- und Business-Class-Gästen aussteigen. Ich komme in wenigen Minuten durch die Grenzkontrolle und sehe auf dem Gepäckband schon meinen Koffer, als ich dort ankomme. Die Zollkontrolle braucht ebenfalls nur eine Minute. Ich schreite auf die Tür mit der Aufschrift SALIDA zu. Die automatische Schiebetür öffnet sich und die Reise ist zu Ende. Ich bin endgültig in Kolumbien angekommen – meinem Ziel.


Das Gepäck war bereits da. Bild: aeroTELEGRAPH

Verging die Zeit wie im Flug? Das definitiv nicht. Ein derart langer Flug ist immer auch etwas eine Strapaze. Aber ich war am Ende trotz fast 24 Stunden Reisezeit und aufwändigem Prozedere in Miami nicht völlig erschöpft. Das liegt wohl auch daran, dass die Besatzungen beider Teilstrecken sehr freundlich und aufmerksam und das Unterhaltungsangebot üppig waren. Und dass ich mich aufs Ziel freute. Im Hotel in Bogota angekommen, falle ich daher nicht gleich ins Bett, sondern genehmige mir noch ein Abendessen und ein Glas Wein.

Der Testflug verursachte 2600 Kilogramm CO2. Wie bei allen Dienstreisen reduzierte aeroTELEGRAPH diese Emissionen über den Partner Myclimate durch Maßnahmen zum Vermeiden, Verringern oder Beseitigen von Treibhausgasemissionen außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette (Beyond Value Chain Mitigation)

Das Flugticket für den Test wurde von der Fluggesellschaft zur Verfügung gestellt. aeroTELEGRAPH hatte beim Urteil trotzdem freie Hand. Die Fluggesellschaft nahm weder Einfluss auf den Inhalt des Artikels noch stellte sie irgendwelche Bedingungen. Das würde dem Verhaltenskodex von aeroTELEGRAPH widersprechen.