Profitabilität
Überflügelt Air France KLM als Lieblingskind im Konzern?
Seit Jahren scheinen Air France und KLM eher Rivalen als Partner. Das liegt auch daran, dass die Niederländer profitabler sind. Das könnte sich ändern.
Flieger von Air France und KLM: Nicht die beste Beziehung.
Flieger von Air France und KLM: Nicht die beste Beziehung.
Egal wie toll die Beziehung zwischen Geschwistern ist – in den meisten Fällen schwingt immer auch ein bisschen Rivalität mit. Bei den Schwestern der Air-France-KLM-Gruppe geht es allerdings deutlich mehr als «ein bisschen» Rivalität. Es ist manchmal schon fast ein wenig Hass im Spiel.
So richtig los ging es 2019, als der damals neue Chef Ben Smith ankündigte, die beiden Konzerntöchter enger zu führen und zu verzahnen. Das gefiel KLM-Chef Pieter Elbers gar nicht. Denn vor der Pandemie war seine Airline profitabel und erfolgreich, bei der Schwester Air France sah es anders aus.
Noch ist KLM in Sachen Kosten besser aufgestellt
Der Konflikt eskalierte immer weiter – er führte sogar dazu, dass die beiden Staaten Frankreich und Niederlande ihre Beteiligungen an der Gruppe im Wettstreit aufstockten. Die Stimmung bleibt seither bestenfalls zurückhaltend, die Einstellung der beiden Airlines gegenüber einander aber dieselbe.
Doch: An einem der Gründe für den Konflikt könnte sich schon bald etwas ändern. Denn eine neue Studie des Analysehauses Airinsight kommt zum Schluss, dass Air France in Sachen Profitabilität bald aufholen könnte. Der Grund ist die Flottenerneuerung.
Embraer E195-2 von KLM: Die Jets fliegen bereits für KLM. Bild: Embraer
Bei Modernisierung weiter
Aktuell ist KLM in Sachen Kosten besser aufgestellt. Die Betriebskosten pro Stunde seien bei KLM um etwa 18 Prozent niedriger als bei Air France, heißt es in der Analyse. Und das liegt an der Zusammenstellung der Flotte. Beide Airlines sind auf Zubringerflüge mit Kurz- und Mittelstreckenfliegern angewiesen. Und in der Flotte von Air France befinden sich zurzeit noch einige ziemlich alte, spritfressende Exemplare. Sogar mit Airbus A318 ist Air France aktuell noch unterwegs – als eine von zwei Airlines europaweit.
KLM hat mit der Erneuerung der Regionalflotte bei der Tochter KLM Cityhopper bereits begonnen Sie hat sich für die E2-Familie von Embraer entschieden. Mindestens 25 der Jets stoßen nach und nach zur Flotte.
Airbus A220-300 von Air France: Kommt bald die Stretch-Version?
Bei Modernisierung weiter
Aber: Air France hat bereits einen Ersatz für die Airbus A318 und A319 gefunden. 60 Airbus A220 hat die Fluggesellschaft bestellt. Nach und nach stoßen sie nun zur Flotte, während die älteren Jets sie verlassen.
Und: Air-France-KLM-Gruppenchef Ben Smith macht schon länger Druck auf Airbus, den A220 zu verlängern und eine Stretch-Variante anzubieten. Ein A220-500 könnte bei Air France die größeren Mittelstreckenjets ersetzen. Airbus zeigte sich erst kürzlich wieder sehr offen. Laut Verkaufschef Christian Scherer sei es eher eine Frage des «wann», als des «ob».
A220 könnte für Vorsprung sorgen
Mit den Airbus A220 in der Flotte, so Airinsight, könnte Air France in Sachen Kosten zu KLM nicht nur aufschließen, sondern die Schwester auch überholen – je nachdem, wie die nächste anstehende Flottenentscheidung für KLM ausfällt.
Auch für die Niederländer steht eine Entscheidung zur weiteren Flottenerneuerung an. Es geht um den Ersatz der 50 Boeing 737 NG. Airbus und Boeing liefern sich dabei laut KLM derzeit ein sehr enges Rennen. Sollte die Boeing 737 Max siegen – zumindest mit Blick auf die Trainingskosten für Crews bei einem komplett neuen Flugzeugtyp würde das Sinn ergeben – dann hätte Air France aufgrund der tieferen Kosten beim Airbus A220 schließlich die Oberhand.
Bald wieder friedlichere Stimmung?
Zumindest aber dürfte die Beziehung zwischen den Airlines ausgeglichener werden. Nicht eingeschlossen sind dabei natürlich kulturelle Differenzen, die es wohl zwischen allen Nationalairlines gibt. Aber wenn die Bilanzen ausgeglichener sind, gibt es weniger Grund zu Kritik. Doch ein bisschen Streit gehört auch in den besten Familien dazu.