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Wirbel um Zustand von Tunisair

Die tunesische Airline stehe kurz vor der Pleite, hieß es in den letzten Wochen. Unsinn, sagt der neue Firmenchef.

Tunisair stehe finanziell am Abgrund, haushalte verschwenderisch und halte der Flugbetrieb trotz bedeutenden Sicherheitsproblemen aufrecht. So lauten von der tunesischen Preße in den letzten Wochen immer wieder kolportierten Hauptvorwürfe. Sie stammen aus Gewerkschaftskreisen, von Seiten der Gläubiger und aus politischen Kreisen, die hinter den Kulissen der Staatsairline Nepotismus und Mauschelei vermuten. In einem Interview dem Nachrichtenportal African Manager gibt der in Tunesiens Elite gut vernetzte, neue Airlinechef Rabah Jerad über weite Strecken Entwarnung. Dabei beschönigt er die Lage der Airline aber nicht. «Ja», sagt Jerad, im Gespräch, das am 12. März und damit zwei Wochen nach seiner Einsetzung geführt wurde, das Defizit sei beträchtlich, man schätze es für das laufende Jahr auf umgerechnet 100 Millionen Euro (122 Millionen Franken) – ein Wert, der aber noch vom Geschäftsprüfer bestätigt werden müsse.

«Ja», sagt Jerad auch, die Liquidität sei ungenügend, die Lage sei angespannt. Die laufenden Verbindlichkeiten belaufen sich auf umgerechnet 40 Millionen Euro (49 Millionen Franken) und einige Lieferanten warteten vergeblich auf die Begleichung ihrer Rechnungen, darunter der Flughafenbetreiber OACA und die Pensionskasse der Angestellten CNSS. Umschuldungsverhandlungen seinen am Laufen. Schliesslich sagt Jerad gegenüber African Manager auch Ja, zu den Vorwürfen von Schlendrian. Es gebe Indizien für Verschwendung von Ressourcen und Missbrauch von Firmengeldern.

Effizienzsteigernde Maßnahmen

Nein, sagt der Chef von Tunisair aber zur Schwarzmalerei. Um die Airline stehe es nicht so schlecht wie kolportiert. Nicht umsonst habe man das Netz der Agenturen vergrößert, selbst auf die Gefahr hin, die Kosten zu erhöhen, aber mit Hoffnung auf Mehrertrag. Zwar liege das Chartergeschäft nach wie vor am Boden, aber der Bereich Linienflüge hat sich erholt. «Die Zahlen für Januar und Februar 2012 sind ermutigend, wir registrieren ein Plus von 10 Prozent gegenüber Vorjahr», so Jerad ohne zu präzisieren, um welche Zahlen es sich handelt. Nach Ende der politischen Wirren – die Revolution brach im Januar 2011 aus – verspreche das anziehende Tourismusgeschäft für dieses Jahr deutlich höhere Erträge. Jerad stellt Risiken im Flugbetrieb in Abrede: «Wir sind kompromisslos in Sachen Flugsicherheit». Tunisair habe nie solche Probleme gehabt. Es hapere hingegen an Pünktlichkeit und Servicequalität. «Wir tun unser Möglichstes, damit sich die Zahl der Verspätungen reduziert.»

Jerad macht klar, dass er keinen Missbrauch von Firmenressourcen toleriere. «Korruptionsvorwürfe und Schlendrian werden vom internen Inspektorat laufend untersucht», so der Airline-Chef. Es laufe zudem eine Prüfung im Auftrag des tunesischen Ministerpräsidenten, die Bereicherungsvorwürfe von Angestellten im Ausland klären soll. So wurde der Stationschef von Amsterdam disziplinarisch geahndet und nach Tunesien strafversetzt. Der Londoner Leiter muss sich demnächst vor einer Disziplinarkommission verantworten. Jerad stellte ein straffes Sparprogramm und effizienzsteigernde Maßnahmen in Aussicht, die dieses Jahr eingeleitet werden und die Airline bis Ende 2013 in die schwarzen Zahlen führen sollten. Der Verkauf diverser Präsidialmaschinen, die der Ex-Diktator Zine Ben Ali angeschafft hatte, ist in Auftrag gegeben worden. Eine erste Maschine wurde bereits verkauft. «Die Erträge daraus werden unseren Finanzen gut tun.»