Ewige Insolvenz
Tickt die Uhr bei Alitalia zugunsten von Lufthansa?
Lufthansa und Italiens Regierung haben grundverschiedene Ideen über die Zukunft von Alitalia. Dennoch könnte ein Einstieg die letzte Lösung vor einer Liquidierung sein.
Airbus A330 von Alitalia: Mit diesem Jet fliegt der Papst.
Airbus A330 von Alitalia: Mit diesem Jet fliegt der Papst.
Seit zwei Jahren halten staatliche Kredite Alitalia am Leben. Im Mai 2017 hatte die italienische Fluglinie Insolvenz angemeldet. Doch bis heute ist keine Rettung in Sicht. Die Frist für Kaufangebote musste Industrieminister Luigi Di Maio im April erneut verlängern. Neuer Termin ist der 15. Juni. Doch ewig kann das Spiel so nicht weiterlaufen. Wird nicht bald ein Käufer oder eine Investorengruppe gefunden, droht der Fluglinie die Liquidation.
Die Regierung würde gerne sehen, dass eine Gruppe um den staatlichen Bahnkonzern Ferrovie dello Stato Alitalia übernimmt. Laut dem Plan würden 30 Prozent an das Bahnunternehmen gehen, 15 Prozent an den Staat, 15 Prozent an Delta Air Lines. Doch für die übrigen 40 Prozent konnte sich bisher niemand begeistern. Zuletzt waren die Familie Benetton und der Bauunternehmer Riccardo Toto im Gespräch. Di Maio sprach zudem davon, dass man nur noch 15 Prozent loswerden müsste. Ein Erfolg ist dennoch unsicher.
Übernimmt Lufthansa in zwei Schritten?
Und je länger die Uhr tickt, desto mehr wird ein möglicher Einstieg von Lufthansa wieder ein Thema. So will die italienische Wirtschaftszeitung MF Milano Finanza erfahren haben, dass die Deutschen bereit seien, Alitalia in zwei Etappen zu übernehmen: erst den Mehrheitsanteil und später dann die fehlenden Anteile zum 100-Prozent-Besitz. Die Partner für die erste Etappe sollten aber aus der Branche stammen und am besten Unternehmen sein, mit denen Lufthansa schon jetzt zusammenarbeite, so das Blatt.
MF Milano Finanza hat ausgerechnet, dass schon jetzt alle acht Minuten ein Flugzeug von Lufthansa oder ihren Ablegern in Italien starte oder lande. Nur in Deutschland sei die Präsenz noch stärker. Die Zeitung sieht den wahren Schatz von Alitalia dabei in den Slots am Flughafen Mailand-Linate und glaubt, dass Lufthansa bei einer Übernahme zuerst eine Route Linate – München eröffnen würde. Doch wie wahrscheinlich ist das alles?
Lufthansa will harte Restrukturierung
Schon als Lufthansa 2017 ein Konzept für Alitalia einreichte, machte sie klar, dass ihr Weg eine harte Restrukturierung wäre. Die Rede war von einer neuen Alitalia, die mit «einem fokussierten Geschäftsmodell eine nachhaltige wirtschaftliche Perspektive entwickeln könnte». Das würde wohl etliche Entlassung bedeuten. Bei der Lufthansa-Hauptversammlung diese Woche erklärte Konzern-Chef Carsten Spohr, man werde von seiner Position «keinen Meter abrücken». «Es muss eine restrukturierte Alitalia sein, ohne Staatsbeteiligung», so Spohr. Das ist für die italienische Regierung schwer zu schlucken.
Dazu kommt: Auch in Deutschland gehen die Meinungen über einen potenziellen Einstieg von Lufthansa bei Alitalia auseinander. «Der Konsolidierungsdruck in Europa ist sehr hoch und wird steigen», sagte etwa Ingo Speich, Analyst bei Deka Investment, dem ZDF kürzlich. «Aber die angeschlagenen Airlines wie Alitalia werden vom Staat gestützt. Das macht es Lufthansa schwer durch Zukäufe zu wachsen.» Auf der Langstrecke bleibe das Geschäft aber schwierig, weil dort Airlines aus den Golfstaaten ebenfalls subventioniert agieren würden.
«Weitere Zukäufe müssen tabu sein»
Michael Gierse, Fondsmanager von Union Investment, mahnte dagegen laut der Zeitung Die Welt auf der Hauptversammlung: «Die Lufthansa muss endlich damit aufhören, Empire-Building zu betreiben. Weitere Zukäufe, etwa von Alitalia, Condor, Norwegian, Lot oder SAS, müssen tabu sein.» Man wolle kein Sammelsurium von unprofitablen Fluglinien und Marken. «Die Lufthansa darf nicht an ihrer eigenen Komplexität zugrunde gehen.»