Mr. Businessjet
Steve Varsano: Businessjet-Verkäufer und Social-Media-Star
Steve Varsano erreicht auf Social Media ein Millionenpublikum. Sein Geld verdient er aber mit dem Verkauf von Geschäftsreiseflugzeugen. aeroTELEGRAPH hat mit Mr. Businessjet gesprochen.
Steve Varsano ist Mr. Businessjet: Er verkauft seit 44 Jahren Flugzeuge.
Steve Varsano ist Mr. Businessjet: Er verkauft seit 44 Jahren Flugzeuge.
Er ist Mr. Businessjet. Steve Varsano verkauft seit Jahrzehnten Geschäftsreiseflugzeuge an die Schönen und vor allem Reichen dieser Welt. Niemand ist so bekannt wie der 67-jährige Amerikaner, auch dank Social Media. Sein Tiktok-Kanal TheJetBusiness hat 1,1 Millionen Follower. Clips, wie er einem 22-Jährigen einen Businessjet im Wert von 70 Millionen Dollar verkauft, werden 28 Millionen Mal geklickt.
Varsano versteht es, den Deal in den sozialen Medien so erscheinen zu lassen, als würde es um den Kauf eines neuen Smartphones gehen. Mr. Businessjet stellt seinen Kunden ein paar einfache Fragen: mit wie vielen Leuten bist du unterwegs, welche Distanzen legst du zurück und die Gretchen-Frage, wie hoch ist dein Budget? Nebenbei trägt er auf einer raumfüllenden Videowand die Antworten ein und noch bevor sie ihren Satz beendet haben, präsentiert er das passende Flugzeug.
Showroom als Kompressionskammer
«Der Londoner Showroom in Verbindung mit der App war meine Idee. Einfach, weil niemand sonst in der Branche so etwas hat. Das unterscheidet uns und wenn ich es schaffe, Kunden nur für eine Stunde hierher zu bekommen, kann es monatelanges Hin und Her Schreiben abkürzen», erklärt Varsano im Gespräch mit aeroTELEGRAPH. Entwickelt hat er den Showroom nach seinem Wiedereinstieg in die Branche. Varsano war 17 Jahre in der Private-Equity-Branche tätig – aber sein Herz hängt am Verkauf von Flugzeugen.
Mit dem Job verbindet er zwei Leidenschaften: Fliegen und Verkaufen. Varsano sagt, dass er es beim Verkaufen genießt, mit smarten Menschen zu verhandeln. Es sei ein immerwährender Lernprozess. Das macht für ihn den Reiz aus, nicht das Geld. Wobei er auch nicht wahnsinnig altruistisch verlangt ist, wie er selbst betont. Er verkauft Businessjets, seit er 23 Jahre alt ist.
Von der Phenom 100 bis zur Boeing 737 BBJ
Mit seiner Firma repräsentiert er sowohl Käufer als auch Verkäufer. «Wir haben das exklusive Mandat, Flugzeuge zu kaufen oder zu verkaufen», sagt Varsano. Mehrheitlich verkauft er Flugzeuge, meist gebrauchte. Im Schnitt sind es rund 15 Flugzeuge, die er exklusiv im Angebot hat.
Die Preisspanne reicht von ein paar Hunderttausend Dollar bis mehreren Millionen. Er hat auch schon BBJs oder ACJs – also Maschinen von Airbus und Boeing – in der Businessjet-Variante verkauft. «Die Flugzeuge sind derart speziell, dass man dann noch einen Kunden finden muss, dem das Layout des Vorbesitzers gefällt.» Das habe auch schon mal sehr lange gedauert.
Vom Nachtclub zum Jet-Verkäufer
Die Faszination für die Fliegerei begann als Kind. Im Alter von 14 hat er gelernt, zu fliegen. Linienpilot wollte er allerdings nie werden. Stattdessen machte er an der Embry–Riddle University in Daytona Beach in Florida einen Abschluss in Aeronautical Studies. Mit 22 wurde er Lobbyist in Washington D.C.. Weil der Verdienst schlecht war, musste er sich in einem Nachtclub etwas dazuverdienen.
«In den Nachtclub kam regelmäßig ein Typ an dessen Anzug, immer ein kleiner Jet angepinnt war. Ich habe ihn eines Nachts angesprochen und gefragt, was er beruflich mache. Er sagte, er verkaufe Businessjets. Das wollte ich auch», erzählt Varsano. Er traf den Chef des Verkäufers und konnte ihn schließlich überzeugen, ihm eine Chance zu geben. Er bot an, unentgeltlich für die Firma zu arbeiten, bis er seinen ersten Jet verkaufte. «Es hat dann noch acht lange Monate gedauert».
Andere Anforderungen
Sein erstes verkauftes Flugzeug war eine Westwind 2 des israelischen Herstellers Israel Aircraft Industries für drei Millionen Dollar. Mit 23 Jahren hatte er sein Ziel erreicht. Er war ein Businessjet-Verkäufer. Es war allerdings eine völlig andere Zeit: ohne Internet und Smartphone. Stattdessen gab es Telex und analoge Fotografie. «Wir mussten Fotos von dem Flugzeug machen, diese entwickeln lassen, die Besten aussuchen und per Post an den Kunden schicken. Es war viel aufwändiger.»
Heute steckt allerdings viel mehr Arbeit dahinter, als die Social-Media-Clips vermuten lassen. «Was man in den Clips nicht sieht, sind die zwei Monate vorher, in denen ich ständig mit den potenziellen Käufern telefoniere. Ich beantworte jede Frage und sei sie noch so klein. Es geht immer hin und her, bis man zu dem Punkt in den Clips kommt.» Im Schnitt kann der Verkauf eines Jets in sechs Wochen abgeschlossen sein.
Pfand als erster Test
Der Ablauf sieht im Prinzip wie folgt aus. Varsano ist intensiv mit potenziellen Käufern in Kontakt, um ein Gefühl für den Kunden zu entwickeln. Dafür fliegt er auch gerne um die halbe Welt, denn er zieht den persönlichen Kontakt immer vor, wie er betont. Gemeinsam entscheiden sie sich für ein bestimmtes Flugzeug. Gleichzeitig beginnt sein Team, Informationen über den Interessenten einzuholen. Potenzielle Käufer dürfen beispielsweise auf keiner Sanktionsliste stehen.
Es folgt die Unterzeichnung einer Absichtserklärung, mit der auch eine Summe als Pfand hinterlegt werden muss. Die Höhe liegt meist bei rund fünf Prozent des Verkaufspreises. «Das ist der wahre Test, selbst wenn die Summe erstattungsfähig ist», erklärt der 67-jährige. Wird nicht gezahlt, gibt es keinen Deal.
Wer ist der Millionär?
Heute könne man nicht am Aussehen der Leute ablesen, wer der Käufer ist und wer nicht. «Früher war klar, dass der Mann im Anzug und Krawatte der Käufer ist. Heute ist es der Typ in abgerockten Jeans und T-Shirt, der Millionär und der Typ in Anzug und Krawatte ist der Angestellte», sagt Mr. Businessjet.
Steve Varsano in seinem Londoner Showroom. Bild: The Jet Business
In einem weiteren Schritt erfolgt die Sichtkontrolle der Maschine durch den Kunden oder ein Vertreter des Kunden. Dann wird der Kaufvertrag verhandelt und unterschrieben. Der Kaufvertrag ist detailreicher als die Absichtserklärung. Das Flugzeug wird einer sogenannten Vorkauf-Kontrolle unterzogen, meist in einer zertifizierten Einrichtung des Herstellers.
Varsano denkt nicht ans Aufhören
Dazu wird das Flugzeug auseinandergenommen, was zwei bis drei Wochen dauern kann. Im Anschluss folgt die neue Registrierung und Umschreibung auf den neuen Halter. Erst dann fließt das Geld und wird übergeben. «Was wir verdienen, kommt auf die Höhe der Transaktion an. Wir verhandeln die Gebühr aber mit jedem Kunden individuell», so Varsano.
Über seine Kunden möchte Varsano nicht sprechen. Er verrät nur so viel, dass es sich um das Who’s who der Welt handelt. Ans Aufhören denkt er nicht. «Ich habe 23 angefangen und bin jetzt 67. Ich bin gesund, ich fühle mich gut. Warum sollte ich aufhören? Ich werde das so lange machen, wie ich kann».