Problemfall Peru
So kompliziert ist die Rückholung deutscher Urlauber
Immer noch sitzen deutsche Reisende im Ausland fest. Der Fall Peru zeigt im Detail, wie schwierig sich die Rückholung gestalten kann.
Lima: Blick aus dem Apartment einer Deutschen, die in Peru festsitzt.
Lima: Blick aus dem Apartment einer Deutschen, die in Peru festsitzt.
Beim Blick auf die Landkarte merkt man direkt, wie groß manche Länder sind: Russland, die USA, Brasilien. Bei anderen Ländern läuft man Gefahr, ihre Ausdehnung zu unterschätzen, Peru zum Beispiel. Dabei hat der Andenstaat rund dreieinhalb mal so viel Fläche wie Deutschland. Von der Stadt Tacna im Süden bis Tumbes im Norden sind es rund 2500 Straßenkilometer. Zum Vergleich: Von Lörrach bis Flensburg sind es knapp 1000 Kilometer.
Diese Größe und die Unzugänglichkeit mancher Orte gehören zu den Herausforderungen bei der Rückholung deutscher Touristen, die aufgrund der Corona-Pandemie derzeit in Peru festsitzen. Eine andere Herausforderung liegt auf diplomatischer Ebene. Zuerst hatte es Probleme mit Landegenehmigungen in der Hauptstadt Lima gegeben. Dann konnten vergangenen Donnerstag und Freitag doch zwei Lufthansa-Maschinen im Auftrag des Auswärtigen Amtes landen. Sie brachten mehr als 600 Menschen nach Deutschland.
Knüppel zwischen die Beine
Doch wer glaubt, dass die Schwierigkeiten nun beseitigt wären, irrt. «Leider werden uns in der gegenwärtigen Situation des Häufigeren Knüppel zwischen die Beine geworfen», schrieb die deutsche Botschaft in Lima am Wochenende. Bereits die ersten beiden Flüge durchzuführen, sei ein riesiger Kraftakt mit Rückschlägen gewesen. «Landegenehmigungen wurden versprochen, dann doch nicht erteilt; dann wurden absurde Zeitfenster angeboten, die mit internationalen luftfahrrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen waren.» Erst Gespräche auf höherer politischer Ebene hätten Abhilfe geschaffen.
Im Auswärtigen Amt in Berlin sollen laut Informationen des Journalisten Bert Losse aktuell zwölf Mitarbeiter nur mit Peru beschäftigt sein. Losse sitzt selber mit einer Reisegruppe in der peruanischen Stadt Cusco fest und schreibt darüber für das Magazin Wirtschaftswoche. Im deutschen Ministerium gilt Peru demnach als besonders sperrig in der Angelegenheit.
«Medikamente werden knapp»
Losse kritisiert allerdings auch Deutschland und die Europäische Union. Sie würden sich «von der peruanischen Regierung am Nasenring durch die diplomatische Arena ziehen» lassen. Andere Länder wie Israel oder Mexiko hätten ihre Bürger längst ausgeflogen.
Zwar sitzt der Journalist in einem netten Hotel fest, allerdings zahlt der Reiseveranstalter die Rechnung nicht mehr. Zudem schreibt er: «Nach 14 Tagen Eingesperrt-Sein geht es mit unserer Gruppe auch körperlich und psychisch bergab. Bei älteren Mitreisenden werden die Medikamente knapp.» Auch nach Cusco hatten die peruanischen Behörden laut Botschaftsangaben Landegenehemigungen erst zugesichert, dann aber doch nicht erteilt.
Erster Flug nicht voll
Allerdings stellen nicht nur die peruanischen Behörden die deutschen Diplomaten vor Herausforderungen, sondern auch einige der eigenen Landsleute. So schrieb Botschafter Stefan Herzberg nach dem ersten Rückflug verärgert, etliche Personen hätte sich zwar erst registriert, seien dann aber doch nicht an einer sofortigen Rückkehr interessiert gewesen. «Im Ergebnis haben wir bis in den frühen Morgen Nachrückerlisten abgearbeitet und konnten trotzdem nicht alle Plätze füllen», so Herzberg. «Mit Verlaub gesagt: Das Rückholprogramm der Bundesregierung ist kein Wunschkonzert.»
In den kommenden Tagen soll nun mehr Bewegung in die Sache kommen. Bei den beiden bisherigen Flügen wurden nur Reisende aus der Hauptstadt ausgeflogen. Nun kümmert man sich auch um die anderen Orte in dem großen Land. Allerdings hält die Botschaft es «für nicht praktikabel und durchführbar», alle Reisenden erst nach Lima zu bringen.
Mit Latam über Santiago
«Die Gefahr, dass man uns nicht ausreichend Landegenehmigungen für Rückkehrflüge von Lima aus erteilt und Sie in Lima stranden, ist zu groß», so die Botschaft. Nur noch der militärische Teil des Hauptstadtflughafens ist geöffnet. Ob die Flüge aus der Provinz nach Lima genehmigt würden, sei ebenfalls ein zu großer Unsicherheitsfaktor. Auch der Landweg scheine keine bessere Alternative. Daher will man die Deutschen in anderen Städten nun über Santiago de Chile auszufliegen. «Wir stehen hierzu im engen Kontakt mit der chilenischen Fluggesellschaft Latam, die uns dies ermöglichen will.»
Alleine in der Region Cusco halten sich so viele Reisende auf, dass man damit rechnet, nicht mit vier Flügen nach Santiago auszukommen. Allerdings äußert sich die Botschaft auch nicht dazu, welcher Flugzeugtyp eingesetzt werden soll.
Rettung aus dem Regenwald
Nur aus Iquitos im tropischen Regenwald soll es einen Zubringerflug nach Lima geben, in Zusammenarbeit mit Österreich. Danach ist ein zweiter Flug auf dieser Strecke geplant, den ein anderes europäisches Land organisieren wird. Zudem sollen alle diejenigen in die Hauptstadt kommen, die sich in nahe gelegenen Städten wie Nasca oder Paracas aufhalten.
Eine Lösung für alle Reisenden gibt es allerdings noch nicht. «Es gibt Orte, die nicht per Flugzeug erreichbar sind, oder Gegenden, in denen sie sehr verstreut sind», hält die Botschaft fest. Man denke dabei besonders an die Andenregionen und Orte wie zum Beispiel Oxapampa, Huanuco oder Pucallpa. «Wir überlegen weiterhin, was die besten Optionen für Ihre Rückreise nach Deutschland sind.»
«Lassen Sie Ihr Handy angeschaltet»
Für alle anderen gilt ab nun: Sie sollten sich für eine potenziell schnelle Abreise bereithalten und erreichbar sein. «Laden Sie Ihr Handy auf und lassen dieses angeschaltet. Prüfen Sie mehrmals täglich Ihren E-Mail-Eingang», so die Botschaft. Zugleich gibt sie sich vorsichtig: «Sollten wir zur Anpassung der Pläne aufgrund fehlender Kooperation der peruanischen Behörden gezwungen sein, werden wir Sie umgehend informieren.»