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Selber fliegen

Der Traum von der eigenen Pilotenlizenz

Das Klischee, die private Fliegerei sei ein exklusiver Club für Reiche, ist Unsinn. Mehr und mehr Enthusiasten finden ihren Weg ins Cockpit. Wie sieht der Weg dorthin aus?

Sei es das Geräusch des startenden Flugzeuges, der Kerosin Geruch am Flughafen oder schlicht die Aufregung, wenn man einmal im Jahr mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegt. Für viele scheint die Luftfahrt eine faszinierende aber doch unerreichbare Sache zu sein. Zu Unrecht. Der Weg ins Cockpit ist einfach.

Es ist nicht selten die Faszination, welche das Fliegen so erstrebenswert macht. Doch nicht jeder Mensch ist für die Fliegerei geeignet und hat einen entsprechend soliden Magen. Um herauszufinden, um man sich für private Luftfahrt eignet, bietet sich der sogenannte Schnupperflug an. Bei ihm sitzt man nicht nur vorne hinter dem Steuer, sondern fliegt zugleich mit einem Fluglehrer (Flight Instructor), der einen zum ersten Mal das Steuer übernehmen lässt. Die Kosten für einen Schnupperflug variieren nach Größe des Flugzeuges und Flugdauer. Der Klassiker, eine Stunde in einer Cessna 172, kostet rund 200 Euro und bietet einen super Einblick in das Leben als Privatpilot.

Gesundheitliche Prüfung

Ist der Schnupperflug mit Bravour absolviert, folgt gleich die nächste gesundheitliche Prüfung. Das sogenannte Medical muss her, um mit dem Fliegen beginnen zu können. Bei ihm handelt sich es um ein medizinisches Flugtauglichkeitszeugnis, das von einem speziellen Fliegerarzt ausgestellt wird. Hier gibt es zwei Klassen, die Klasse 1 für Berufspiloten und die Klasse 2 für Privatpiloten. Es lohnt sich sicherlich, auf ein Klasse 1 Zertifikat hinzuarbeiten, auch, wenn noch unklar ist, ob man im Anschluss seine Leidenschaft zum Beruf machen möchte.

Schnupperflug absolviert, medizinisches Flugtauglichkeitszeugnis erhalten: jetzt kann es doch losgehen, oder nicht? Eine Sache fehlt noch. Welche Lizenz soll es denn werden? Wie auch im Straßenverkehr gibt es nicht nur den PKW-Führerschein, sondern unterschiedliche Lizenzarten, und zwar wie folgt: Segelfluglizenz, Sportpilotenlizenz, Light Aircraft Pilot License,  Private Pilot License, Commercial Pilot License und die Airline Transport Pilot License. Die letzten beiden erklären sich sehr leicht: jene braucht man, um gewerblich für die Airline oder das Lufttaxi fliegen zu dürfen.

Praktisch weltweit fliegen

Nun wird es auch schon interessanter. Mit der Segelfluglizenz lassen sich, wie der Name sagt, lediglich die leichten Segelflieger fliegen. Man kann das ganze auf Motorsegler ausweiten und muss mit knapp 1.000 € Jahresbudget rechnen. Bei der Sportpilotenlizenz geht es schon eher richtig Motorflieger, man darf sogenannte Ultraleicht-Flugzeuge mit einem Gewicht von weniger als 600 kg fliegen. Das kann ein Zweisitzer oder aber auch ein Gyrokopter sein. Richtig spannend wird es aber mit der Light Aircraft Pilot License und Privat Pilot License. Jene geben die Berechtigung, eine Cessna 172 zu fliegen.

Der Unterschied beider Lizenzen sind der Anteil an Pflichtstunden in Theorie und Flug und dementsprechend die Kosten. Bei der Light Aircraft Pilot License lassen sich allerdings lediglich Flugzeuge mit maximal 2 Tonnen Abfluggewicht starten. Die volle Privatpilotenlizenz hingegen setzt keine Grenzen. Hiermit lässt sich praktisch weltweit (mit etwas bürokratischen Aufwand) und jedes Flugzeug fliegen.

Kosten der Extras nicht vergessen

In der Luftfahrt benötigt man pro Flugzeug-Typ eine sogenannte Musterberechtigung. Diese kann man als Privatpilot für jeden Flieger erwerben. Kostenmäßig liegen die Ausbildungskosten der leichteren Version bei durchschnittlich 8.000 Euro und 11.000 Euro für die volle Lizenz. Auch sollte man die Kosten für das Lehrmaterial, Pilotenausstattung (Kopfhörer zum Funken, und vieles mehr) nicht vergessen.

Nun sind wir auch fast am Ziel: Schnupperflug, Medical, Lizenztyp – check. Jetzt kommt die finale Frage: Vereinsleben oder Flugschule? Es gibt zwei bekannte Arten, die Lizenz zu erwerben. Entweder tritt man einem Luftsportverein (auch Aero- oder Fliegerclub) bei und integriert sich ins Vereinsleben – oder man geht zur kommerziellen Flugschule, welche sich auf die Ausbildung fokussiert. Man kann grundsätzlich davon ausgehen, dass die Privatpilotenlizenz in einer Flugschule teurer ist als bei Erwerb in einem Verein.

Verein oder Schule?

Der Vorteil einer gewerblichen Flugschule ist jedoch die stärkere Konzentration auf die Ausbildung ihrer Kunden. So stehen meistens deutlich mehr Fluglehrer und Flugzeuge zur Verfügung. Der Theorieunterricht ist meist flexibler gestaltet und ermöglicht es alles in allem seine Lizenz schneller zu erwerben. Im Gegensatz zur gewerblichen Flugschule sind Vereine nicht auf einen Gewinn ausgelegt wodurch die Ausbildungskosten deutlich geringer ausfallen. Wer bereits Mitglied in einem Verein war (egal ob Fußballverein oder Golfclub) weiß, dass das Vereinsleben einfach etwas anderes ist.

Wer das Vereinsleben mag, kann hier sehr schnell tolle Kontakte knüpfen und neue, begeisterte Luftfahrt Enthusiasten kennenlernen. Und das bei deutlich günstigeren Ausbildungskosten. Viele Vereine verlangen von Mitgliedern sogenannte Baustunden. In diesen Stunden erbringt das Vereinsmitglied Leistungen für den Verein wie z.B. Rasenmähen, Flugzeug-Reinigung, Reparaturen, und so weiter. Diese Baustunden können finanziell ausgeglichen werden – das erhöht jedoch die Gesamtkosten. Zusammengefasst bieten jeweils Flugschulen aber auch Luftsportvereine für jeden etwas. Am Ende des Tages kann man über beide Wege sein Ziel erreichen und spannende, neue Kontakte knüpfen.

Welcher Flugplatz bringts?

Pauschal kann man also keine Aussage treffen. Ob ein Luftsportverein oder eine Flugschule für einen selbst besser geeignet ist, hängt von vielen persönlichen Faktoren ab. Möchte man eine schnelle und flexible Ausbildung bieten sich meistens eher die die Flugschulen an – jedoch zu höheren Kosten. Wer es nicht eilig hat und dann noch gerne mit anderen Flugbegeisterten am Vereinsleben mitwirken möchte ist in einem Luftsportverein super aufgehoben.

Man sollte sich grundsätzlich im Vorfeld genau informieren. In Deutschland gibt es mehr als 500 Flugplätze, aber nicht unbedingt immer einen direkt vor der Haustüre. Manchmal lohnt es sich aber trotz Flugplatz direkt vor der Nase auch die Vereine oder Flugschulen von entfernteren Flugplätzen anzuschauen. Die Menschen am Flugplatz sind aufgeschlossen und freuen sich immer, ihre Leidenschaft mit anderen zu teilen. Oft wird man auch dann direkt auf einen Flug mitgenommen. Bereit, für die Privatpilotenlizenz? Auf gehts!

Lars Klein ist freier Kolumnist von aeroTELEGRAPH. Er ist Mitgründer der Mitflugzentrale Wingly. Privatpiloten werden mit Gästen vernetzt, um Leidenschaft aber auch die Kosten des Fliegens zu teilen. Heute fliegt Klein regelmäßig in der Cessna (mit) durch Europa. Vorher war er weltweit als selbstständiger Web-Dienstleister tätig. Die Meinung der freien Kolumnisten muss nicht mit der der Redaktion übereinstimmen.