Schweizer Piloten könnten Züge steuern
Überbestand bei Linienpiloten und Unterbestand bei Lokführern: Der Personalverband der Swiss- und Edelweisspiloten (Aeropers) sowie der Verband Schweizer Lokführer und Anwärter (VSLF) loten gemeinsame Interessen aus und stehen einer möglichen Kooperation positiv gegenüber.
Mit der Corona-Krise und den damit verbundenen Reise- und Einreisebeschränkungen kollabierte die Nachfrage nach Flugreisen schlagartig. Airlines sehen sich mit einem möglichen Personalüberhang konfrontiert, der über Jahre anhalten könnte, auch in der Schweiz.
Ganz anders zeigt sich die Situation bei vielen Schweizer Bahnen. Unter anderen haben vor allem die SBB mit einem Personalunterbestand von rund 200 Lokführerinnen und Lokführern zu kämpfen. So hat sich bei der Belegschaft über die letzten Jahre ein beachtlicher Überstundensaldo angehäuft. Weiter kommt hinzu, dass in den kommenden Jahren viele Lokführer in die Pension verabschiedet werden.
Diese gegensätzlichen Ausgangslagen haben Aeropers dazu bewogen, mit dem VSLF in Kontakt zu treten. «Der Beruf des Lokführers und des Piloten spielen sich beide in einem hoch komplexen Arbeitsumfeld ab. Methodisches und genaues Arbeiten sind in beiden Berufen ebenso gefragt wie eine schnelle Auffassungsgabe und mentale Beweglichkeit und Belastbarkeit», sagt der Aeropers-Sprecher Roman Kälin. «Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine und die über allem stehende Sicherheit des Transportes der Kunden von A nach B sind Beispiele für die Gemeinsamkeiten dieser beiden anspruchsvollen Berufe.»
Beide Berufsverbände stehen einem möglichen Einsatz von Pilotinnen und Piloten im Führerstand sehr positiv gegenüber. Hubert Giger, Präsident des VSLF sagt: «Wir sehen keine grundsätzlichen Probleme, sondern im Gegenteil viele Chancen.» Beide Verbände haben bei den Arbeitgebern ihre Zustimmung zu entsprechenden gemeinsamen Bestrebungen bekundet und ihre Unterstützung zugesichert.
Wie ein möglicher Wechsel vom Cockpit in den Führerstand einer Lokomotive aussehen könnte, ist noch offen. Denkbar ist ein temporärer Einsatz für mehrere Jahre oder aber – nach einer genügend langen Einarbeitungszeit – eine Teilzeitbeschäftigung in beiden Berufen. Hier stünden nun die Airlines und Bahnbetriebe in der Pflicht, entsprechende Modelle auszuarbeiten und anzubieten, so die beiden Verbände. Swiss, die Bahnen und auch die Politik seien gefragt, effizient und unbürokratisch neue Wege zu gehen.