Just Culture und mehr: Schweiz plant Anpassung des Luftfahrtgesetzes
Der Bundesrat – die Regierung der Schweiz – hat an seiner Sitzung vom 28. August beschlossen, die Konsultation zum revidierten Luftfahrtgesetz zu eröffnen. Dabei geht es um die strafrechtliche Zuständigkeit bei Flugunfällen, Alter von Pilotinnen und Piloten, Flughäfen und Beschaffungswesen. Das schweizerische Parlament hat in den letzten Jahren mehrere Vorstöße mit zivilaviatischem Inhalt angenommenen, für deren Umsetzung nun Anpassungen im Gesetz notwendig werden. Die Konsultation dauert bis am 28. November 2024.
Die Revision des Luftfahrtgesetzes umfasst insgesamt 22 Themen:
Ausnahmen vom Öffentlichkeitsgesetz: In Zugangsgesuchen nach BGÖ wird beim Bundesamt für Zivilluftfahrt Bazl unter anderem Einsicht in Audit- und Inspektionsberichte sowie Meldungen von Pilotinnen und Piloten zu sicherheitsrelevanten Ereignissen (Just Culture) verlangt. Neu soll gesetzlich verankert sein, dass diese Informationen geschützt sind und nicht an die Öffentlichkeit gelangen dürfen. Ist dies nicht der Fall, besteht die Gefahr, dass die Meldungen zu Ereignissen unvollständig sind. Das schadet der Sicherheit. Eine vergleichbare Situation besteht bei der Sicherheitsuntersuchungsstelle Sust. Mit einer neuen Bestimmung im Luftfahrtgesetz soll – analog zum Eisenbahngesetz – das Gesetz für die Einsicht in die Inspektions-, Audit- und Untersuchungsberichte als nicht anwendbar erklärt werden.
Redlichkeitskultur/Just Cultur»: Die Schweiz hat mittels dem Luftverkehrsabkommen Schweiz-EU die Verordnung über die Meldung, Analyse und Weiterverfolgung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt übernommen. Das BAZL verwendet die gemeldeten Informationen zur Verbesserung der Sicherheit. Das Prinzip der «Just Culture» basiert darauf, dass Personen, die sicherheitsrelevante Ereignisse melden, deswegen keine Nachteile erfahren. Im LFG sollen die Grundsätze der Just Culture verankert werden.
Bestandesschutz für Landesflughäfen: Gemäß geltendem Luftfahrtgesetz sind die Landesflughäfen Zürich und Genf als Gesamtanlagen in ihrem Bestand geschützt. Damit die beiden Flughäfen auch in ihrem betrieblichen Umfang einer Besitzstandsgarantie unterliegen, soll dies im Gesetz neu explizit erwähnt werden. Mit dieser Ergänzung soll sichergestellt werden, dass die Eckwerte des Flughafenbetriebs, so beispielsweise die Betriebszeiten, auch in umweltrechtlichen Sanierungsverfahren grundsätzlich nicht eingeschränkt werden können. Bisher durfte Skyguide nur beschränkt Flugsicherungsdienstleistungen an ausländische Anbieter auslagern. Mit der Digitalisierung und der europaweit angestrebten Liberalisierung von Flugsicherungsdiensten (Single European Sky) gewinnen länderübergreifende Projekte an Bedeutung. Die Möglichkeit, Flugsicherungsdienstleistungen zu übertragen, soll neu im Luftfahrtgesetz erweitert werden. Um Personen-Zuverlässigkeitsüberprüfungen (Background Checks) etwa bei Sicherheitsbeauftragten von Flughäfen, Fracht- und Postunternehmen oder Skyguide-Mitarbeitenden durchführen zu können, braucht es eine Ergänzung im Luftfahrtgesetz. Zudem soll der Austausch von Informationen zwischen den betroffenen Behörden und der Industrie genauer geregelt werden.
Flugplatzleiterinnen und -leiter sollen neu bei Anzeichen von Angetrunkenheit oder Drogenkonsum Kontrollen des Personals durch die Polizei anordnen können.
Messer, Scheren, Regenschirme: Neu soll es gesetzlich erlaubt sein, Fundsachen und konfiszierten Gegenständen an Flughäfen zu verwerten.
Um Abläufe zu vereinfachen, sollen Flughäfen und Fluggesellschaften neu biometrische Passagierdaten (Gesichtserkennung) verwenden dürfen.