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Vor 20 Jahren gestartet

Schon kurz nach ihrem Start war Swiss schon fast wieder pleite

Heute ist die Schweizer Fluggesellschaft trotz Corona das Vorzeigeunternehmen im Lufthansa-Konzern. Der Start vor 20 Jahren war jedoch alles andere als souverän.

Es war ein tiefer Schock für eine Nation, die kollektiv glaubte, ihre Nationalairline sei eine der besten der Welt und ein unerschütterlicher Spieler im liberalisierten und globalisierten Luftverkehr. Am 2. Oktober 2001 musste Swissair den Flugbetrieb einstellen: Grounding. Ihr war das Geld ausgegangen.

Danach konnte sie zwar noch einmal starten und ein paar Monate weiterfliegen – aber nur mit einer staatlichen Geldspritze von mehreren Hundert Millionen. Am 1. April 2002 war es dann endgültig vorbei. Der allerletzte Swissair-Flug landete in Zürich.

Markenauftritt vom Stardesigner

Schon in den Monaten zuvor hatten jedoch die Schweizer Politik und Wirtschaft die Gründung einer neuen Nationalairline auf der Basis der Regionalairline Crossair vorangetrieben. Swiss International Air Lines wurde sie getauft, um die Herkunft klar zu demonstrieren, sich aber rechtlich von der insolventen Vorgängerin genug zu distanzieren. Ausgestattet wurde sie mit 600 Millionen Franken oder damals 415 Millionen Euro aus der Staatskasse sowie weiteren Hunderten von Millionen von Kantonen und von Großkonzernen.


Das Logo der Swiss nach der Gründung. Bild: aeroTELEGRAPH.

Am 31. Januar 2002 wurde der Öffentlichkeit präsentiert, wie die neue Fluggesellschaft auftreten wird. Der kanadische Lifestyle-Papst und Designer Tyler Brulé hatte für sie ein modernes, frisches und schlichtes Markenkonzept inklusive Lackierung entwickelt. Es setzte voll auf das Schweizerische oder auf die Swissness, wie es auf Neudeutsch heißt.

Modernes, schlichtes, schweizerisches Design

Unter anderem wurden neben dem Namen der Airline auf dem Rumpf der Landesname in allen vier Landessprachen angeschrieben: Schweiz, Suisse, Svizzera, Svizra. Legendär wurde das rote Quadrat als Stilelement, das etwa auch auf den Triebwerken zu finden war. 80 Millionen Franken kostet das damals – oder mehr als ein Zehntel des Betrages, den die Regierung zum Start eingeschossen hatte.

Am 31. März startet Swiss dann mit einer Avro RJ85 und 65 Fluggästen zu ihrem Erstflug. Er führte von Basel, wo sich der rechtliche Hauptsitz der neuen Fluggesellschaft befand, zum Drehkreuz Zürich. Sie traf jedoch auf einen äußerst brutalen Markt. Denn neu aufgekommenen Billigairlines wie Easyjet und Ryanair hatten in Europa einen brutalen Preiskampf entfacht.

Kaum gestartet, schon Sparmaßnahmen

Inzwischen ist die Schweizer Fluggesellschaft das Vorzeigeunternehmen im Lufthansa-Konzern. Der Start vor 20 Jahren verlief jedoch alles andere als glatt. Bereits nach acht Monaten musste  Swiss erstmals Sparmaßnahmen ergreifen und 300 Stellen streichen, die Flotte verkleinern und das Streckennetz  zusammenstreichen. Es nützte nichts. Im Februar 2003 folgte schon die nächste Kostensenkung, der weitere 500 Stellen zum Opfer fielen. 980 Millionen Franken oder nach damaligem Kurs rund 676 Millionen Euro verbrannte die Fluggesellschaft in ihrem ersten Betriebsjahr.

Die kleinen Budgetkorrekturen reichten nicht. Und so war eine radikale Restrukturierung im Juni 2003 und nach nur 15 Monaten unumgänglich. Um 1,6 Milliarden Franken jährlich sollten die Kosten sinken. Dazu strich Swiss nochmals 3000 von 9500 Stellen und verkleinerte Flotte und Angebot weiter. Langsam reifte beim Management auch die Erkenntnis, dass ein Alleingang unweigerlich in die Insolvenz führen würde.

Anlehnung an British Airways und Oneworld-Beitritt

Swiss suchte deshalb Hilfe bei British Airways. Die Schweizer vereinbarten im September 2003 eine weitreichende Zusammenarbeit mit den Briten und traten der Oneworld-Allianz bei. In einem Hangar des Flughafens Zürich wurde das Ereignis mit Alphornklängen und Kuhglockengeläut gefeiert, ein Flugzeug wurde mit dem Schriftzug des Bündnisses versehen.

Das Jahr schloss die Fluggesellschaft mit einem weiteren Verlust ab. Dieses Mal waren es 687 Millionen Franken – weniger als im ersten Jahr, aber immer noch viel zu viel. Angesichts der desolaten Lage beschloss die Schweizer Regierung damals, der Fluggesellschaft nicht nochmals finanziell zu unterstützen. Das wäre bei der Bevölkerung nicht gut angekommen.

Vertragsunterzeichnung und Vesprechen

Die Regierung in Bern begann gleichzeitig, langfristige Lösungen für Swiss zu suchen.  Am 5. April 2004 trifft sich der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz in der deutschen Botschaft in Bern mit Wolfgang Mayrhuber. Mit dem Vorstandsvorsitzenden von Lufthansa bespricht er, wie Swiss in den deutschen Konzern integriert werden könnte. Inzwischen wurden die Integrationsarbeiten in Oneworld und zur Kooperation mit British Airways gestoppt.


Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Schweizer Ministerin Doris Leuthard und dem damaligen Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber, der die Swiss-Übernahme 2004 besiegelt hatte (hier im Bild 2010). Bild: Axel Belger

An der Spitze von Swiss stand in jenem Zeitpunkt bereits ein ehemaliger Lufthansa-Manager: Christoph Franz. Die Gespräche zwischen Schweizer Regierung, Swiss und Lufthansa wurden auch deshalb immer ungezwungener und konkreter. Am 22. März 2005 münden sie in einem Kaufvertrag.

Vertragsunterzeichnung und Vesprechen

Lufthansa gibt ein Versprechen ab, die Marke Swiss und das Drehkreuz Zürich zu erhalten. «Wir sind eine Airline des Vertrauens, wir können es uns nicht leisten, unser Image zu verlieren», sagte damals Mayrhuber. Dennoch wurde der deutschen Mutter vielerorts nicht getraut. 330 Millionen Franken zahlte Lufthansa für die Swiss. Das sei ein Butterbrot, hieß es vielfach, die Schweizer Regierung habe die Nationalairline verscherbelt.

Kritik gab es immer wieder. So zum Beispiel 2015, als die Nationalairline sich aus Basel zurückzog. Und damit vom Flughafen der Stadt, wo sie ihren rechtlichen Haupsitz hat. Heute ist er fest in der Hand von Easyjet, genauso wie Genf. Dort allerdings hat sich Swiss nach jahrelangen Verlusten wieder zurückkgekämpft und ist heute hinter der britischen Billigairline die Nummer zwei.

Mit Corona in die Krise

Mit dem Wechsel in die Gruppe und dem Beitritt zur Star Alliance begann jedoch der Aufstieg von Swiss vom Sorgen- zum Vorzeigekind. Der Personalbestand wurde laufend ausgebaut, das Streckennetz und die Flotte erweitert. Unter anderem wurde Swiss zur Erstbetreiberin der Bombardier C-Series, die inzwischen Airbus A220 heißt. Oder sie beschaffte sich ab 2016 zwölf Boeing 777-300 ER für die Langstrecke, und baute so die Kapazität massiv aus.

2018 erreichte sie einen Betriebsgewinn von 636 Millionen Franken. Sie war damit für einen Viertel des Gewinns aller Netzwerk-Airlines verantwortlich. Die Corona-Krise hat freilich auch die Schweizer Lufthansa-Tochter zurückgeworfen. Sie musste Staatshilfe annehmen, 1700 Stellen streichen und die Langstreckenflotte um fünf Airbus-Jets und auf der Kurz- und Mittelstrecke um zehn Flugzeuge verkleinern.